12.11.1995

Innovationspolitik

Die Bedeutung von erstmaligen unternehmerischen Nutzungen von Erfindungen (Innovationen) für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland ist bereits seit geraumer Zeit erkannt: Sie garantieren fortdauernden Wohlstand und die Stabilität der Demokratie. Welche Verantwortung dabei dem Einzelnen und welche der Gesellschaft zukommt, ist politisch umstritten.

Die Jungen Liberalen sind mit der bisherigen Innovationspolitik nicht zufrieden. Die Herausforderungen an die Gesellschaft, ökonomisch und ökologisch, zeigen wie notwendig weitere wirtschaftspolitische Anstrengungen sind. Dabei sollten die folgenden Aspekte Berücksichtigung finden:

  1. Innovationen lassen sich nicht erzwingen. Jedoch können Hemmnisse beseitigt und Anreize gegeben werden. Grundsätzlich fallen Forschung und Entwicklung privaten Unternehmen zu. Der Staat hat aber die Verantwortung, die notwendigen Rahmenbedingungen (z.B. rechtlicher Rahmen, Infrastruktur) zu garantieren und gegebenenfalls steuernd einzugreifen. Daraus erwächst auch den heute Verantwortlichen ein großes Aufgabenspektrum, denn die Position unserer Volkswirtschaft muß gegenüber der wachsenden globalen Konkurrenz behauptet werden. Ein Ausruhen auf dem bisher Erreichten wäre für die gesamte Gesellschaft fatal.
  2. Politisch wünschenswert wäre ein Kontinuum von neuen Produkten und Produktionsprozessen, die ständig für die Erneuerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Alte, technologisch inferiore Güter und Dienstleistungen werden zunehmend importiert, während neue, hochwertige Erzeugnisse exportiert werden. Für beide Produktgruppen muß die ökologische Verträglichkeit als staatliche Vorgabe gelten.
  3. Da sich Innovationen nicht planen lassen, bleibt das politisch Gewünschte dem wirtschaftlichen Potential und zu einem guten Teil auch dem Zufall überlassen. Die marktwirtschaftliche Ordnung darf zudem nicht kurzfristig lockenden Forschungs- und Technologieerfolgen geopfert werden. Staatlicher Dirigismus in konjunkturellen Tiefen ist nach wie vor abzulehnen. Angesichts leerer Staatskassen sind zusätzliche finanzielle Anstrengungen in den Politikfeldern Bildung, Forschung, staatl. Investitionen, etc. weitgehend ausgeschlossen.
  4. Doch schon längst ist der Staat Akteur im Innovationsprozeß. Der Etat des zuständigen Ministeriums betrug 1994 knapp DM 10 Mrd. Wer aber wird gefördert? Welche Schwerpunkte setzt das Bundesministerium für Forschung und Technologie?
    Insbesondere ist zu fragen, ob „Schlüsseltechnologien“ in Deutschland ausreichend gefördert werden. Folgende Technologien und Industrien sind zu nennen: Informations- und Kommunikationstechnologie, Bio- und Gentechnik, neue Werkstoffe, Energietechnik, Umwelttechnik.
  5. Die Produkte und Prozesse der Zukunft sind in erster Linie abhängig vom Einsatz des Faktors Humankapital. Dies sollte der vorrangige Ansatzpunkt für eine zukünftige Innovationspolitik sein. Gewarnt werden muß vor zuviel Selbstzufriedenheit. Der Hinweis, Deutschland sei heute schon ein Land mit hervorragenden Bildungs- und Forschungseinrichtungen, genügt nicht. Es kann durchaus noch mehr geschehen.
    1. Mehr Investitionen in Bildung
      Wir verweisen hier auf die einschlägigen Beschlüsse der Jungen Liberalen. Zu beachten ist aber, daß sich die Bildungspolitik verstärkt mit der Weiterbildung befassen sollte. „Lebenslanges Lernen“ erfordert staatliche Koordination, die über die traditionelle Ausbildung hinausreicht. Insbesondere für weniger begabte Menschen müssen Angebote zur Weiterqualifikation bestehen, die zum Erreichen einer vom Arbeitsmarkt nachgefragten Berufsausbildung führen.
    2. Mehr unternehmerische Freiheit
      Alle Versprechen zur Deregulierung und Senkung der Sozialabgaben von Unternehmen sind nichts wert, wenn sie nicht entschlossen umgesetzt werden. Ebenso dürfen sie nicht auf konjunkturelle Krisen beschränkt sein. Gerade wenn die Wirtschaft wächst muß die Chance zur Verschlankung genutzt werden.
    3. Die direkte Besteuerung von Einkommen ist zu hoch. Der Faktor Arbeit muß billiger werden, daß gilt auch für hochqualifizierte Arbeitsplätze. Für den Einstieg in eine umfassende Steuerreform wäre die Erhebung von weiteren Verbrauchssteuern („Ökosteuern“) und eine Anhebung der Umsatzsteuer denkbar.
    4. Die Förderung von privaten Einzelerfindern könnte verbessert werden. Insbesondere ist über eine Reform des Patentwesens unter folgenden Überlegungen nachzudenken:
      Ermäßigungen bei der Patentanmeldung für Erfinder unter 25 Jahren
      kostenlose Beratung für dieselben durch einen Patentanwalt
      Offenlegung der Patentanmeldung nach max. 10 Monaten (bisher 18 Monate)
    5. Der Aufbau von wissenschaftlich – technischen Netzwerken zur besseren Koordination von Unternehmen und staatliche Forschungseinrichtungen, wäre ein wichtiger Beitrag zum effizienteren Technologietransfer. Hier sind
      Institutionen wünschenswert, die für die Grundlagenforscher Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dadurch interessierte Unternehmer informieren und anziehen. Ebenso könnten solche Stellen eine systematische technologische Vorschau betreiben, um den Wirtschaftssubjekten frühzeitig Zukunftschancen aufzuzeigen.
    6. Die Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen in marktreife Produkte sollte durch eine echte Entbürokratisierung beschleunigt werden. In Ausnahmefällen (Großprojekte) können staatliche Hilfen einen Wettbewerbsvorteil sichern. Eine solche Unterstützung muß aber auf wenige, aussichtsreiche Projekte beschränkt bleiben.
    7. Zur Beschleunigung und Vernetzung zukünftiger Forschungsarbeiten ist der Ausbau „forschungsunterstützender“ Infrastruktur notwendig. Frühzeitiges politisches Handeln kann zum günstigen Standortfaktor werden, z.B. durch Aufbau eines Glasfasernetzes oder durch Zugang zu Hochleistungscomputern.
    8. Schließlich können von staatlicher Seite aus Pilotprojekte zum Test neuer Produkte organisiert werden. Allerdings nur, wenn die Belastungen für einzelne Unternehmen nicht zu tragen sind. Daher sollte die Anregung und die Koordination, nicht aber die Finanzierung, im Vordergrund stehen. In diesem Zusammenhang begrüßen die Jungen Liberalen die bisherigen Projekte, fordern aber einen Ausbau der Aktivitäten, v. a. von den Bundesländern.
    9. Vor allem aber muß die ökologische Dimension verstärkten Eingang in die Ökonomie finden. Die von den Jungen Liberalen vorgestellte „Ökologische Marktwirtschaft“, bietet auch für die internationale Wettbewerbsfähigkeit große Potentiale. Ziel muß es sein, den Heimatmarkt deutscher Hersteller von Produkten der Umwelttechnik weiter zu vergrößern. Die Substitution von Nachfrage nach umweltschädlichen durch die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten, kann Arbeitsplätze schaffen und durch den Vorsprung gegenüber Konkurrenten Exportmärkte erschließen. Zusätzlich Gesetze, Verbote und Gebote sind dazu jedoch der falsche Weg. Das Steuersystem ist ein vorzüglich geeignetes Instrument, um Anreize für umweltfreundliches Verhalten zu schaffen.

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