[Juliette 4/2017] – Artenschutz. Wir müssen reden.

Der Leser mag sich zu Beginn einmal fragen, welche Tiere ihm einfallen, wenn er an Artensterben denkt. Den meisten werden wohl Elefanten, Tiger, Giraffen, Pandabären oder Nashörner einfallen. Es sind auch die Tiere, die regelmäßig von Tierschutzorganisationen in den Vordergrund gestellt werden und für deren Überleben ein größerer Aufwand betrieben wird. China geht so weit, dass auf das Töten eines Pandabären die Todesstrafe steht.
So schlimm es auch ist, dass diese Tiere vom Aussterben bedroht sind; wir müssen unseren Fokus ändern. Das Problem ist größer, komplexer und weitreichender.
Schätzungen gehen davon aus, dass jährlich bis zu 58.000 Arten von der Erde verschwinden. Diese Entwicklung ist unumkehrbar. Denn im Gegensatz zur globalen Erwärmung stellt das Artensterben ein biologisches statt ein physikalisches Phänomen dar.
Anders gesagt: Das CO2 in der Atmosphäre können wir womöglich irgendwann reduzieren und zum Ursprungszustand zurückkehren. Eine ausgestorbene Art können wir dagegen nicht oder zumindest nur mit erheblichem Aufwand wiederbeleben. Für die meisten ausgestorbenen Arten gibt es diese Chance allerdings nicht. Das scheitert nicht nur an der schieren Anzahl der Arten, die fortlaufend verloren gehen, sondern auch deshalb, weil uns die allermeisten Arten schlicht nicht bekannt sind.
Die Folgen dieses Artensterbens sind nicht abzusehen. Insekten beispielsweise bestäuben Pflanzen. Genauso dienen sie als Futter für größere Tiere. Deren Bestände sind aber in manchen Gebieten in den letzten 30 Jahren um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.
Fallen derartige Grundbausteine des Ökosystems in sich zusammen, hat das Auswirkungen auf das Ökosystem als Ganzes. Selbiges ist aber von grundlegender Bedeutung für uns Menschen. Nicht nur aus wissenschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Sicht, sondern insbesondere auch aus existenzieller.
In diesem Zusammenhang erscheint besonders problematisch, dass wir die Auswirkungen eines weitreichenden Artensterbens erst dann tatsächlich zu spüren bekommen, wenn es zu spät ist.
Wir haben also gute Gründe, schon jetzt etwas dagegen zu unternehmen.
Neben der Bekämpfung des ökologisch problematischen Klimawandels ist die wichtigste Maßnahme der Schutz von Lebensräumen. Zukünftige Umweltpolitik muss daher weiter gehen als bisher. Die Ausweisung von weiteren Naturschutzgebieten oder Biotopen ohne menschliche Nutzung sollte hier eine entscheidende Rolle spielen. Genauso wird man sich generell Gedanken über die Landnutzung machen müssen. Eine Herausforderung, gerade in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland. Die JuLis Tübingen werden auf dem nächsten Landeskongress einen Antrag einbringen, der sich mit dem Thema beschäftigt. Wir stellen uns vor, dass jede Gemeinde in Deutschland ihr eigenes Biotop schaffen soll. Anregungen, Ideen und konstruktive Kritik sind gerne gesehen. Denn eins ist klar: Grüne Sorgen brauchen offenbar mal wieder liberale Lösungen. Auch das Umweltbundesamt wurde 1973 von der FDP geschaffen. Dieser verantwortungsethisch ökologischen Tradition sollten wir treu bleiben.
Im Zusammenhang mit dem Artensterben gibt es viele Herausforderungen für Politik und Gesellschaft. Aber wie sagte es schon ein weiser Liberaler: Probleme sind nur dornige Chancen. Packen wirʼs an!

Von Sebastian Storz.