[Juliette 4/2017] – Die Jamaika-Verhandlungen abgebrochen. Und jetzt?

Hallo liebe JuLis!
Geht es euch wie mir? So langwierig sich die Jamaika-Verhandlungen gezogen haben und so zurückhaltend die Wasserstandsmeldungen aus den Sondierungsgruppen auch waren, so abrupt erschien dann doch der Abbruch der Verhandlungen durch die FDP.
Was folgte, war klar: gestern noch als Umfallerpartei bezeichnet, waren die Liberalen tags darauf unverantwortlich und egoistisch dem Land gegenüber. So weit so vorhersehbar.
Es wurde viel debattiert – ist die Kompromissfähigkeit nicht ein grundlegender Bestandteil einer parlamentarischen Demokratie? Ist es verantwortlich, ein Land wie Deutschland monatelange ohne Regierung zu belassen?
Eine andere Frage kam in der Debatte leider etwas kurz: Ist es nicht fahrlässig, in eine Regierung einzutreten, deren Gelingen man noch vor Unterzeichnung eines Koalitionsvertrages anzweifelt?
Schauen wir uns die vergangenen Regierungen an, wird schnell klar, dass die Themen, die die jeweiligenLegislaturperioden prägten, zur Zeit der Sondierungen in ihrer Tragweite noch kaum abzuschätzen waren. Die globale Finanzkrise für die GroKo 2005-2009. Die daraus resultierende Staatsschuldenkrise in der Eurozone für die schwarz-gelbe Regierung. Die Flüchtlingskrise in der abgelaufenen Wahlperiode.
Eine Kernzutat für erfolgreiche Regierungen ist es eben auch, aufeinander vertrauen zu können und ein übergeordnetes vereinendes Projekt zu haben – andernfalls wäre eine Entscheidungsfähigkeit in Krisensituationen kaum zu gewährleisten.
So sehr ich persönlich auch von der Grundidee Jamaikas überzeugt bin – den Grünen nachhaltiges Haushalten beizubringen und gemeinsam mit ihnen die Unionsparteien gesellschaftlich zu bewegen – so richtig finde ich daher auch das Beenden der Gespräche durch die FDP. Von inhaltlichen Streitfragen wie dem Kooperationsverbot, Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder der Erklärung einer Digitalisierungsstrategie zur Chefsache einmal abgesehen: Kam bei euch irgendwann der Eindruck auf, dass die Gesprächspartner dieses Grundvertrauen zueinander aufbauen konnten? Dass Jamaika mit einer gemeinsamen Stimme gesprochen hätte?
Wir alle wünschen uns eine stabile Regierung für unser Land, die Stürmen trotzen kann und nicht beim ersten exogenen Schock bereits ins Wanken gerät. Wir Liberale wollen aber auch eine Regierung, die unser Land modernisieren will. Die Dogmen infrage stellt und progressive Impulse setzt. Das Letzte, was wir befürworten könnten, wäre ein klassisches „Weiter-so“ und ein Regieren, des Regierens Willen. Genau das lag jedoch zur Unterschrift bereit.
Wir JuLis werden die Entwicklungen in der Regierungsfrage konstruktiv und kritisch begleiten – außerhalb der liberalen Familie, aber auch in ihr. Denn eines muss uns klar sein: gekränkter Stolz, persönliche Attacken oder Radikalopposition bringen weder Deutschland noch unsere gemeinsame Idee voran. Wir werden uns an unserem Leitbild orientieren und damit in die kommenden vier Jahre gehen: mutig, optimistisch und weltoffen!

Von Valentin Abel.