[Juliette 4/2017] – Pro: Die Kohlekraft ist auf absehbare Zeit nicht verzichtbar!

Face-off

Kohle ist schmutzig. Das weiß eigentlich jedes Kind. Spätestens, wenn man sie mal in der Hand hatte. Eigentlich kann man sie gar nicht anfassen, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Dieser schwarze Staub – also ich möchte das nicht in der Wohnung haben. Doch früher war so ein Kohleofen etwas ganz Alltägliches. Heute dagegen hat die Mehrheit der Deutschen angeblich schon ein Problem damit, wenn der Strom aus der Steckdose durch Kohle erzeugt wird.
Wie gesagt, schmutziges Zeug diese Kohle…
Doch ist die Lösung wirklich so einfach, wie es sich viele Deutsche wünschen? Ein Verbot von Kohleverstromung und alles ist gut. Wirklich?
Offensichtlich ist es ein deutlich komplexeres Thema, als viele wahrhaben wollen. Es gibt schier endlose ungeklärte Fragen. Und nein, ich werde hier nicht anfangen, Klimatheorien zu hinterfragen. Die nehmen wir jetzt einfach als gegeben hin. Auch wenn Donald Trump das nicht gefällt.
Wir fangen mit einer eher einfachen Frage an. Sind wir bereit, die Energieversorger für das Abschalten zu entschädigen? Klar, Energieversorger sind böse. Das wissen wir von den Grünen. Komisch, dass die grüne Landesregierung selbst so einen Laden besitzt und Kohle verheizt…
Eins ist dennoch klar, ein Verbot kann bei neueren Kraftwerken mit noch langer Restlaufzeit zu Verlusten bei den Betreibern führen. Die sollten beglichen werden. Denn wir verbieten ohne Vorwarnung ein Geschäftsmodell. Das ist, wie wenn man McDonalds die Hamburger verbietet, weil sie dick machen. Darüber sollte man zumindest einmal nachgedacht haben, bevor wir hier nach Verboten rufen.
Wichtiger ist natürlich, dass wir auch in Zukunft Versorgungssicherheit in Deutschland haben. Es hilft nun wirklich keinem, wenn wir nachher den Atom- und Kohlestrom aus deutlich unsichereren und dreckigeren Kraftwerken im Ausland importieren. Dazu müssen wir nicht nur heute eine ausreichende Versorgung im Inland bereitstellen, sondern auch auf zukünftige Entwicklungen reagieren können. Ich denke da vor allem an die Elektromobilität und die immer weiter voranschreitende Digitalisierung unseres Lebens. Beides funktioniert nur mit ausreichend Saft aus der Steckdose.
Der dritte und aus meiner Sicht wichtigste Punkt bei der ganzen Sache ist allerdings die grundlegende Lösung des Problems. Ein Verbot ist eben keine nachhaltige und gerechte Lösung des Problems. Dies kann nur durch für alle geltende Grenzwerte und die Internalisierung externer Kosten passieren. Dies bedeutet, wir müssen den Nutzungsgrad der Energie messen. So ist die Wärme, die ein Kraftwerk in ein Fernwärmenetz gibt, in Sachen Energieeffizienz genau so zu berücksichtigen. Damit kann ein Kohlekraftwerk am Schluss effizienter sein als ein Gaskraftwerk, wenn man die dadurch dezentral eingesparten Emissionen einberechnet.
Auf der anderen Seite könnte ein Kraftwerksbetreiber durch Investionen in Emissionsvermeidung oder Aufforstung in anderen Regionen der Welt seine relativen Emissionswerte verringern. Das kann auf kurze und lange Sicht deutlich effektiver sein als ein banales Verbot.
Eine fallende Emissionsgrenze würde zudem Innovationen vorantreiben und gleichzeitig Planungssicherheit für die Wettbewerbsteilnehmer sicherstellen.
Was sollten wir nun daraus mitnehmen? Kohle mag aktuell die schmutzigste Energieform sein, das muss allerdings nicht dauerhaft so bleiben. Wir sollten einen für alle gültigen Grenzwert festlegen und den Markt entscheiden lassen, welche Energieform diesen am besten einhält. Ein einfaches Verbot ist weder die eleganteste noch die beste Lösung des Problems.

Von Steffen Seitter.