[Juliette 1/2018] – Politik wird konkret! Wie die Kommunalpolitik mich als Fußballfan tangiert

Für die einen ist es eine Herzensangelegenheit, für die anderen ist es ein weiteres Millionengrab. Der Neubau des Stadions des Fußballdrittligisten Karlsruher SC polarisiert die Stadt wie kaum ein anderes Thema. Es geht um den Abriss eines Großteils des überwiegend sehr alten Stadions mit anschließendem Bau neuer Tribünen an gleicher Stelle sowie weitere Infrastrukturmaßnahmen rund um das Stadionareal, wie Trainings- oder Parkplätze. Im Gemeinderat der Stadt wurde das Thema schon mehrere Male über viele Jahre diskutiert und bis jetzt hat sich wenig getan. Immerhin: Im Laufe des letzten Jahres kam es zum Beschluss, das Stadion nach jetzigem Plan neu zu bauen. Der größte Kritikpunkt bei dem Bauvorhaben sind wohl die Kosten für das Großprojekt, die auf etwa 113 Millionen Euro angelegt sind, bezahlt vom Land, der Stadt und dem Verein. Für viele Bürger ist es nicht nachvollziehbar, dass für einen in ihren Augen schlechten Fußballverein so viel Geld ausgegeben wird. Doch viele Karlsruher sehen die dringende Notwendigkeit, das alte Stadion endlich zu erneuern. Ich denke, es geht, wie so oft in der Kommunalpolitik, bei diesem Thema mehr als nur um die Kostenfrage. Auch wenn die Stadt mit dem Bau einer U-Bahn bereits belastet ist, ist es dennoch durch eine langjährige Investition wichtig, der Sportkultur der Region einen Raum zu geben und damit Karlsruhe und Umgebung attraktiver zu machen. Wie schnell sich die fußballerische Entwicklung ändern kann, sieht man an dem Fakt, dass der KSC 2015 nur knapp den Aufstieg in die erste Liga verpasst hat. Es geht vielmehr um ein Gefühl der Heimat, der Verbundenheit zum Badischen und zum Fußball, das die Stadt und ihre Mitbewohner zusammenhält und auch wenn die meisten Karlsruher (leider) keine KSC-Fans sind, so ist ihnen der mitgliederstarke Verein und seine weitere Existenz wichtig. Es geht um die Karlsruher, die sich immerfort jede zweite Woche zu Tausenden im Stadion treffen, um mit Freunden den Verein zu sehen, mit dem sie aufgewachsen sind. Wieso dann nicht die Bürger abstimmen lassen? Prinzipiell halte ich Bürgerbegehren auf Kommunal-
ebene für ein sinnvolles Mittel, um eine umstrittene Entscheidung demokratisch zu legitimieren. Im Falle des Stadionneubaus ist die Situation aber weitaus komplexer als eine „Ja/Nein-Frage“, denn etliche Instanzen sind involviert, es geht um ein weitreichendes und verflochtenes Bauvorhaben, bis vor kurzem stand das ganze Projekt noch vor dem Scheitern und konkrete Fakten waren noch nicht geschaffen. Das Stadion in seiner jetzigen Verfassung stellt von Saison zu Saison ein immer größeres Sicherheitsrisiko dar (z.B. die sehr alten Tribünen beim Fanblock) und sollte der Umfang des Projekts reduziert werden, würde der Karlsruher SC bei einem Aufstieg in die 2. Bundesliga womöglich keine Lizenz erhalten. Alle Akteure des Vereins – vom Vorstand bis zu den Ultras – stehen hinter dem Projekt. Zudem sieht man beispielsweise an Vereinen wie RB Leipzig, dass sich Investitionen in die Nachwuchsarbeit lohnen und dass das Projekt „neues Wildparkstadion“ eine langfristige und notwendige Maßnahme ist.

Von Felix Feist