[Juliette 2/2018] – Bildungspolitik im überparteilichen Fokus

Bildung ist eines der Lieblingswörter der Politik. Es geht schließlich um nichts Geringeres als die Zukunft der Gesellschaft. So ändert gerne jede Landesregierung mal schnell ein paar Elemente, wenn sie neu im Amt ist – von der Grundschule bis zum Abitur. Mit Bildungspolitik kann man sich profilieren. Aber die wenigsten beginnen sich scheinbar darüber Gedanken zu machen, welche Folgen die einzelnen Veränderungen sowie die Veränderungswut an sich mit sich bringen und wer die Leidtragenden sind. Eines der besten Beispiele der aktuellen Bildungspolitik ist die Abschaffung des graphischen Taschenrechners im Fach Mathematik. Die aktuelle Bildungsministerin hat einen Konflikt gescheut und stattdessen den Bildungsplan um Jahre zurückversetzt. Und dazu kommt der teilweise noch desolate Zustand einer Schule, deren Technik zwischen den 60ern und dem Anfang der 2000er von Raum zu Raum pendelt. Zwar bekommt meine Schule, die ich hier zuvor beschrieben habe, für das nächste Schuljahr einiges an neuer Ausstattung, aber das musste von der Stadt Friedrichshafen initiiert werden und ist somit offensichtlich von Schule zu Schule, von Kommune zu Kommune anders. Das spricht nicht gerade für Bildungsgleichheit und schreit nach einer Veränderung der Organisationsstruktur in der Bildungspolitik. Bildung muss eine Bundessache werden, mit einem klaren Bundesbudget für die einzelnen Schulen, das anhand von Parametern wie Gebäudegröße, Schüleranzahl und Ähnlichem bemessen wird. So darf die Ausstattung der Schulen nicht weiter mit der Finanzkraft der jeweiligen Kommune zusammenhängen. Auch scheint mir die Argumentation der Gegner eines Zentralabiturs traurig, wenn sie sagen, so würde sich alles dem schlechtesten Niveau anpassen. Nun, das passiert nicht, wenn man definiert, was das eigentliche Ziel unserer Bildungspolitik sein soll und worauf Schüler in den unterschiedlichen Schularten vorbereitet werden sollen. Daraus ergibt sich das definierte Niveau eines gesamtdeutschen Abschlusses.

Aber die Fächer- und Stoffwahl sollte zeitgemäß sein, denn Wirtschaft, Technik, Informatik und der Umgang mit Medien müssen stärker im Stundenplan der Schüler vertreten sein. Doch wie genau ein Bildungsplan aussehen und mit welchen Methoden gearbeitet werden soll/muss, benötigt wissenschaftliche Grundlagen und keine Parteipolitik. Denn eben die dauernden Veränderungen sind das wohl Schlimmste für Schüler, Lehrer und Eltern. Bildungspolitik sollte von einem Parlamentarischen Rat gemacht werden, in welchem alle Parteien zusammensitzen und sich dort direkt mit Spezialisten austauschen können. Nur so erreichen wir eine nachhaltige und unabhängige Bildungspolitik.


Niklas Kornel ist Kreisvorsitzender der JuLis Ravensburg/Bodensee.


Zukunft. Wenn man von Bildung spricht, spricht man von Zukunft. Der zukünftigen Generation, der Zukunft Deutschlands, einer Zukunftsinvestition, die weder vernachlässigt werden kann, noch vernachlässigt werden darf. Daher ist es wichtig, in die Zukunft zu blicken, zu betrachten wohin sich die Gesellschaft entwickelt, zu betrachten wohin sich das Land entwickelt. Es bedeutet für den Bund und die Länder, dort zu investieren, wo Lücken sind. Wo man feststellt, dass es an Ressourcen fehlt, um die Kinder und Jugend von heute auf das Leben von morgen vorzubereiten, indem man Kindern und Jugendlichen das beibringt, was relevant sein wird, nicht, was relevant war. Und das im Idealfall bereits im Kindergarten, in der Grundschule und spätestens auf der weiterführenden Schule. Die stetig schneller voranschreitende Veränderung der Gesellschaft stellt dabei insofern eine Herausforderung für Politiker und Pädagogen dar, als dass es für sie immer schwerer wird vorauszusagen, wie die Gesellschaft von morgen sich entwickelt, was es schwerer macht, die Schüler auf die Zukunft vorzubereiten.

In den letzten Jahren ist Deutschland diverser geworden. Es sind mehr Menschen aus mehr fremden Ländern nach Deutschland gekommen. Familien mit Kindern. Und das bedeutet auch, dass es mehr Kinder in Deutschland gibt, deren Muttersprache nicht Deutsch ist und deren Eltern nicht Deutsch sprechen. Und dann wird es zur Aufgabe der Schulen und der Lehrer, mit dieser Heterogenität, der Integration und deren Auftrag den Kindern Sprache und Wissen im Allgemeinen zu vermitteln. Obwohl es die Kultusministerien und Politiker sind, die verantwortlich sind für die Bildungspolitik, versäumt haben die Lehrer und Lehrerinnen, auf diese absehbare Entwicklung hin zu einer diverseren Gesellschaft vorzubereiten.

Eine weitere Aufgabe der Länder und des Bundes sollte sein, sich dafür einzusetzen, dass es eine faire Bildungschance für alle gibt, unabhängig ihrer Herkunft. Was derzeit nicht der Fall ist! Das bedeutet, dass das Individuum unabhängig von der Situation in der Familie und unabhängig von seiner oder ihrer Herkunft die Möglichkeit erhält, sich optimal zu entfalten und seine oder ihre Talente kennen zu lernen und zu nutzen. Würde man dies mit einer Erziehung hin zur Kreativität und Eigenverantwortung kombinieren, würde man Kinder und Jugendliche schon von Anfang an dazu erziehen, kritisch zu hinterfragen, um die Ecke zu denken und innovative Ideen zu bevorzugen, anstatt den Status quo einfach so hinzunehmen.


Shayan Kharazi ist Sprecher der Grünen Jugend Ravensburg/Friedrichshafen.