[Juliette 2/2018] – Ein Blick auf die Bildungspolitik in Baden-Württemberg

Bildung befähigt den Menschen, auch in einer komplexen Umwelt möglichst selbstbestimmt seinen Weg zu gehen. Bildung ist die grundlegende Chance zur individuellen Emanzipation und zum sozialen Aufstieg. Deshalb ist Bildung für mich die entscheidende soziale Frage: Mit ihren unverwechselbaren Talenten und Interessen stelle ich die Menschen in den Mittelpunkt politischer Arbeit.

Weil ein positives Menschenbild Grundlage meiner Überlegungen ist, bleibt weltbeste Bildung für mich als Freier Demokrat das entscheidende Ziel, um die Bundesrepublik für das digitale Zeitalter fit zu machen. Dabei gibt es keine Bildungsbiographien erster und zweiter Klasse. Von der Kita bis zur Volkshochschule, von der Universität über die Beruflichen Schulen: Freien Demokraten geht es um ein vielfältiges Bildungsangebot — so vielfältig wie die Interessen, Begabungen und Motivationen der Bürgerinnen und Bürger.

Die Fraktionen der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag und im Landtag von Baden-Württemberg dokumentieren im Gegensatz zu den politischen Wettbewerbern mit bildungspolitischen Initiativen einen grundsätzlichen Fortschrittsoptimismus.

Für die Kraftanstrengung „weltbeste Bildung“ braucht es die fiskalischen Möglichkeiten des Bundes. Über einen Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern will die FDP ausreichend Ressourcen sicherstellen.

Damit jedes Kind sein Ziel erreichen kann, braucht es statt ideologischer Vereinheitlichung ein vielfältiges, leistungsorientiertes Bildungsangebot. Ich will die „passende Schule für jedes Kind“ und eben nicht die „eine Schule für alle“. Deshalb ist ein Schulfrieden, der über Legislaturperioden hinausreicht und dadurch Verlässlichkeit schafft, dringend notwendig. Es muss Schluss sein, dass nach jeder Landtagswahl bildungspolitische Säue durch das Dorf getrieben werden und die Menschen vor Ort nicht wissen, welche Schulformen Zukunft haben und welche möglicherweise vor der Existenzfrage stehen, wie das aktuell beispielsweise vielen Werkrealschulen in Baden-Württemberg ergeht. Nach meinen Vorstellungen soll vor Ort in eigener Verantwortung über das jeweilige Bildungsangebot entschieden werden. Das Land stellt hierfür in ausreichendem Maße die Ressourcen zur Verfügung. Dabei kann allerdings die Lösung der aktuellen massiven Qualitätsprobleme nicht in faulen, grün-schwarzen Komplementär-Kompromissen liegen, die die bildungspolitischen Konflikte innerhalb der Landesregierung nicht auflösen, sondern nur in den nächsten Wahlkampf vertagen. CDU und Grüne betreiben in Baden-Württemberg aktuell eine Bildungspolitik des kleinsten gemeinsamen Nenners und erlauben sich beispielsweise bei der lang angekündigten digitalen Bildungsplattform „ella“ zu viele Pannen.

Guter Unterricht kann natürlich nur der sein, der überhaupt stattfindet. Aktuell sind Unterrichtsausfall und Lehrermangel an der Tagesordnung, genaue Zahlen darüber sind dabei Mangelware. Um die Schulen personell besser auszustatten, ist in einem ersten Schritt eine fundierte Erhebung des Bedarfs an tatsächlichen Lehrerstellen nötig. Durch die Erfassung des tatsächlichen Unterrichtsausfalls, wie etwa in Hessen praktiziert, soll die Unterrichtsversorgung transparenter organisiert und die Geld- und Personalmittel zielgerichteter zugeteilt werden. Jede Schule soll mit einem auskömmlichen Budget an Lehrerstellen und Geldmitteln zur eigenständigen Bewirtschaftung ausgestattet werden. Damit sich das Lehrpersonal auch auf den Unterricht konzentrieren kann, muss außerdem die überbordende Bürokratie an Schulen spürbar eingeschränkt werden. Darauf zielt der FDP-Vorschlag von Schulverwaltungsassistenten.

Bei Ganztagesschule und Inklusion fordere ich Wahlfreiheit und keine von oben verordneten Zwangsveranstaltungen. Die Digitalisierung eröffnet großartige Möglichkeiten für weltbeste Bildung: für individuelles Lernen gemäß den eigenen Bedürfnissen und Talenten. Für neue Methoden, die zu den unterschiedlichsten Lebensentwürfen passen. Für eine neue Qualität von Bildung. Aber allein die technische Aufrüstung unserer Schulen erfordert eine finanzielle Kraftanstrengung. Damit an unseren Schulen nicht die Pause das Digitalste ist, sollen pro Schüler zusätzlich insgesamt 1.000 Euro für Technik und Modernisierung investiert werden. Lebenslanges Lernen muss von Lehrern gelebt werden: konsequente Aus- und Weiterbildung ist Kernbestandteil der liberalen Digitalstrategie. In den Schulen müssen junge Menschen befähigt werden, auf der Basis fundierten Fachwissens aus der Informationsflut die Spreu vom Weizen zu trennen und Quellen kritisch hinterfragen zu können. Dazu gehört von Kindesbeinen an die Vermittlung von Medien- und Methodenkompetenz zum Bildungsauftrag.

Im Bereich der frühkindlichen Bildung will ich Betreuungsgutscheine einführen, die unabhängig von der Betreuungsform eingelöst werden können. Das garantiert Wahlfreiheit und leistet einen wirksamen Beitrag zur Qualitätssicherung im frühkindlichen Bereich.

Christian Lindner hat Recht, wenn er in seinem Buch „Schattenjahre“ schreibt: „Alle Chancen unserer Gesellschaft bleiben nur abstrakte Versprechen, wenn der Einzelne nicht über den kulturellen Horizont und die Qualifikation verfügt, sie zu ergreifen… Ein Deutschland, das wirtschaftlich stark und gesellschaftlich frei bleiben will, muss genau das wieder tun: Bildung ins Zentrum der Politik stellen.“

Daran arbeite ich mit der Landtagsfraktion der Freien Demokraten in Baden-Württemberg jeden Tag.


Dr. Timm Kern MdL ist bildungspolitischer Sprecher der FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg.