[Juliette 1/2020] – Erste Liga der Forschungsförderung

Bei den JuLis und selbst bis tief ins linke Lager wird anerkannt, dass Innovationen einen entscheidenden Anteil am Erhalt und Aufbau von Wohlstand haben. Ebenfalls unumstritten ist, dass sie in den meisten Fällen nicht vom Himmel fallen, sondern durch arbeits- und kapitalintensive Prozesse erarbeitet werden müssen. Diese Forschungs- und Entwicklungsprozesse finden in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft statt, einerseits an privaten und öffentlichen Universitäten, aber auch innerhalb von Unternehmen. Nicht unerwähnt lassen, aber dennoch nicht ausführlich besprechen möchte ich den Bereich der militärischen Forschung, in dem der Bund eine Schar von Forschungsanstalten betreibt, aber auch private und universitäre Forschung stattfindet. Die Bundesregierung hat sich für 2025 das Ziel gesetzt den Anteil von Ausgaben für Forschung und Entwicklung von derzeit ca. 3 auf 3,5 Prozent zu erhöhen. Im Moment werden zwei Drittel dieser Investitionen von den Unternehmen getätigt.

Die Unternehmer beschweren sich häufig zu Recht, dass der Staat Ihnen mit zu hoher Besteuerung die Innovationsfähigkeit raubt. Klar ist, dass Gewinne, die der Staat abschöpft, nicht in die Forschung und damit die Zukunft des Unternehmens investiert werden können. Dies schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Um Unternehmen diesen Spielraum zu lassen wurde das Instrument der steuerlichen Forschungsförderung entwickelt und am 01.01.2020 in Deutschland eingeführt. Laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ist Deutschland damit „in die erste Liga der Forschungsförderung aufgestiegen“. Das „Ge­setz zur steu­er­li­chen För­de­rung von For­schung und Ent­wick­lung“ soll Unternehmen laut Bundeswirtschaftsministerium lediglich in Höhe von 1,3 Milliarden Euro entlasten. Positiv hierbei zu bemerken ist, dass das Gesetz so ausgestaltet ist, dass auch Unternehmen, die kurz oder mittelfristig Verluste machen, besonders relevant beispielsweise für Startups, Förderansprüche haben. Auch, dass auf Anregung der FDP-Bundestagsfraktion Auftraggeber von Forschung Ansprüche haben, ist ein richtiger Schritt. Denn so werden auch kleine und mittelständische Unternehmen, die keine eigene Forschungsabteilung haben, entlastet.

Doch führt uns diese Maßnahme tatsächlich in die erste Liga? Sicherlich nicht. Wenn man sich im Ausland ein wenig umschaut, muss man wohl eher zu der Erkenntnis kommen, dass lediglich das erreicht wurde, was anderswo seit Jahren Alltag ist. Während die Bundesregierung für 2020 ein 3,5 Prozent Ziel für Forschungsausgaben hat, ziehen Länder wie Japan mit über 4 Prozent an uns vorbei. Auch mit einer Förderung der Forschung ist die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland im Internationalen Vergleich dramatisch hoch. Dadurch wird unsere Wettbewerbsfähigkeit geschwächt.

Mit dem prämortalen Aufbäumen der Linken in der deutschen Sozialdemokratie und der Etablierung der Grünen als linke Volkspartei haben wir neue Debatten um Verteilung in unserer Gesellschaft vor uns. Beide haben teure Pläne, die sogar den Rahmen von Rekordsteuereinnahmen sprengen können. Absehbar ist, dass sie die Wirtschaft weiter sehr hoch oder bald sogar höher besteuern wollen, um die Projekte für Ihre jeweiligen Klientel zu finanzieren. Dies ist, neben den in allen Parteien zu findenden Bestrebungen, der Industrie vorzugeben welche Technologie die in Deutschland voranzutreibende sei, die zentrale Bedrohung für die Innovationskraft deutscher Unternehmen.

Die Liste der Innovationshemmnisse in Deutschland bleibt lang. Infrastrukturelle Grundvoraussetzungen sind auf dem Land, wo viele unserer Hidden Champions sitzen, nicht gegeben. Lange Transportzeiten, egal ob für Bytes oder reale Güter, schaden unseren Unternehmen. Auch die in der JuLi-Hymne besungenen ausländischen Fachkräfte haben es immer noch zu schwer hier arbeiten zu dürfen und dann kommt die Wohnraumsuche noch dazu. Von bürokratischen Hürden möchte ich hier gar nicht erst anfangen. Was das FZulG angeht wird sich zeigen, wie viel der eingesparten Steuern direkt wieder für die Förderungsantragsbürokratie ausgegeben werden wird.

Und obwohl ich keine Ahnung von Fußball habe möchte ich hier noch einmal Altmaiers Metapher bemühen. Denn der Anspruch der deutschen Politik sollte es nicht nur sein sich in der ersten Liga zu bewegen. Unser Anspruch als Junge Liberale muss es sein Deutschland vom Relegationsplatz auf Meisterkurs zu führen.

Dazu müssen wir genau diese Hemmnisse abbauen. Der Staat muss endlich konsumtive Ausgaben zurückfahren und in die marode Infrastruktur investieren. Beim Netzausbau muss verstanden werden, dass es nicht nur um flüssiges Netflix gucken, sondern um echte Wirtschaftspolitik geht. Wir brauchen endlich ein Einwanderungsgesetz, welches auch einen Spurwechsel für gut arbeitende Asylbewerber ermöglicht. Der Staat muss zudem endlich aufhören die Entstehung von Wohnraum zu bremsen.

Einem weiteren Problem müssen wir ebenfalls entschlossen entgegentreten. Wenn Teile der Bevölkerung laut gegen innovative Projekte hetzen, müssen wir die Stimme der Vernunft sein. In Tübingen wird mit dem Cyber Valley das größte Zentrum für KI-Forschung entstehen. Ängste vor Militärforschung und der Beteiligung des Amazon-Konzerns gipfelten in der Besetzung eines Hörsaals der Universität. Als Liberale vor Ort traten wir klar für die Forschung ein und konnten viele Bedenken durch den von uns mit initiierten Ethikbeirat ausräumen.


Julian Grünke ist Leiter des Landesarbeitskreis Handwerk & Wirtschaft.