[Juliette 1/2020] – Gedanken zum Klimaschutz

Die Debatten des vergangenen Jahres haben mehrfach deutlich gemacht, dass die Verringerung des Klimawandels zeitnah erfolgen muss. Besonders die Erreichung des 2° Ziels scheint ein selbstgestecktes Ziel der Weltgemeinschaft zu sein. Dazu ist es erforderlich die Emission jener Stoffe zu reduzieren, die maßgeblich für den Treibhauseffekt verantwortlich sind. Der bekannteste ist hierbei CO2. Aber auch Propan, Butan und besonders das in der Viehzucht entstehende Methan sind problematisch, tatsächlich sogar viel problematischer als CO2.

Effektiver Klimschutz funktioniert dabei auf drei wesentlichen Grundprinzipien. Erstens muss er überhaupt funktionieren. Das heißt, es muss eine objektiv messbare signifikante Veränderung der Emissionen geben und nicht nur eine subjektive. Das ist zum Beispiel ein Problem bei dem Verbot von Plastikstrohhalmen, welcher zwar nach einer großen Geste aussieht aber faktisch nicht mal 0,2% der Emissionen oder des plastikverbrauchs ausmacht. Zweitens muss er große Teile der Gesellschaft mitnehmen. Es ist klar, dass bei jeder neuen Maßnahme irgendein Teil der Bevölkerung dagegen sein wird. Wenn aber eine Maßnahme darauf basiert, durch Preiserhöhungen große Teile der Gesellschaft von einem Gut auszuschließen so ist absehbar, dass diese Personen der Maßnahme gegenüber negativ eingestellt sein werden, sich im schlimmsten Fall vom politischen System abwenden und entweder gar nicht oder radikal wählen, was die produktive Arbeit des Parlaments und das politische Kapital für zukünftige Handlungen stark einschränkt. Schließlich müssen die Maßnahmen wirtschaftlich sein. Denn selbst wenn wir im Deutschland morgen alle Autos stehen lassen, die Lichter ausschalten und nur noch in Höhlen wohnen, bleiben 98% der weltweiten Emissionen bestehen. Das heißt die Maßnahmen und Technologien müssen so beschaffen sein, dass auch eine egoistisch und opportunistisch eingestellte Person sie nutzen würde. Das ist am ehesten der Fall, wenn diese Option auch gleichzeitig die günstigste ist.

Bisherige Ideen scheitern daran, dass sie mindestens eines der oben aufgeführten Prinzipien nicht erfüllen. Besonders Verbote und Steuern funktionieren fast nur auf nationaler Ebene und verschrecken große Teile der Gesellschaft, da sich diese in Zukunft ausgeschlossen fühlen. Viele deutsche Industrien, allen voran aber die Automobilindustrie, ist dafür bekannt nicht klimafreundlich zu sein. Deutschland könnte aber gerade hier mit der bestehenden Infrastruktur neue Methoden entwickeln die wie bereits erwähnt exportierbar wären.

Dabei sei hier zwischen kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen zu unterscheiden. Kurzfristige Maßnahmen sind solche, die darauf abzielen innerhalb möglichst kurzer Zeit möglichst viele Emissionen zu binden. Dies kann z.B. durch Aufforstung oder Einspeicherung von CO2 im Boden geschehen. Langfristig jedoch stellen diese Maßnahmen keine Option dar weil große Teile unserer Infrastruktur auf fossilen Brennstoffen basieren. Die Kompensation des Ausstoßes ist daher nur begrenzt möglich und irgendwann geht auch einfach das Öl aus. Langfristiges Ziel ist also die Entwicklung von Methoden zur Energiege- und Ressourcengwinnung, bei denen netto keine CO2 Emissionen entstehen. Es ist also möglich, dass zunächst Emissionen gebunden und später wieder freigesetzt werden.

Die Wahl des Energieüberträgers ist hierbei primär irrelevant. Dies kann Strom, Wasserstoff, Power to X oder ein beliebiger anderer Speicher sein. Die gesamte Infrastruktur der Speicherung ist zwar durchaus relevant für die praktische Anwendung, für den Energiekreislauf aber erst mal nebensächlich.

Dazu müssen bekannte Abläufe neu gedacht werden: Zum Beispiel könnte Strom in Zukunft statt zentralisiert von wenigen Anbietern dezentral organisiert werden. Dabei hätte jeder Privathaushalt eine Solarzelle auf dem Dach. Mittels einer Technologie namens „Smart metering“ kann gemessen und erkannt werden, wann wo Strom benötigt wird. Ein dynamischer Preis für Strom in Abhängigkeit des Angebots und ein Smart Home würden stromintensive Prozesse (Waschmaschine, Laden eines Elektroautos) dann in Gang setzen, wenn besonders viel und damit besonders günstiger Strom verfügbar ist. Privatpersonen profitieren vom Verkauf bzw. der eigennutzung des Stromes.

Wir brauchen auch mehr Mut in der Forschung. Es muss mehr Grundlagenforschung im Bereich der Biochemie und Biotechnologie betrieben werden. Windräder und Solarzellen kosten letztenendes auch endliche Ressourcen. Pflanzen hingegen binden auf natürliche Art und Weise CO2. Mithilfe von Gentechnik könnten schnell wachsende Systeme z.B. Algen gezüchtet werden, die dann in synthetische Kraftstoffe umgewandelt werden können. Dazu ist aber eine Entstigmatisierung bei der Gentechnik erforderlich.

Ein Fokus sollte in der Verarbeitung großer Datenmengen insbesondere im Bereich Machine Learning liegen. Dabei wird ein Programm anhand bestehender Datensätze trainiert und optimiert langfristig selbst Prozesse besser als es Menschen können. Solche Prozesse ermöglichen es uns zum Beispiel Landwirtschaft energieeffizienter durch Wahl spezifischer Lichtwellen zu nutzen und die gewonnene Fläche für Energiegewinnung zu nutzen.

Insgesamt muss der politische Diskurs durchbrochen werden weg von ewigen Diskussionen Wasserstoff gegen Elektromobilität und hin zur eigentlichen wichtigen Frage: Wo kriegen wir in Zukunft unseren Strom her? Möglichkeiten gibt es genug.


Andrey Belkin ist Landesgeschäftsführer der JuLis Baden-Württemberg