Ein Doppelinterview mit Yannick Kalupke (Landtagskandidat WK Kehl) und Erik Schweickert MdL.
Es wird oft, vor allem aus dem linken Spektrum das Feindbild der Wirtschaft beschworen, die Klima- und Umwelt- schutz verhindert. Stimmt das? Sind Klima und Wirtschaft Feinde?
Kalupke: Wirtschaft und Klima-und Umweltschutz lassen sich durch eine nachhaltigere Wirtschaftspolitik vereinbaren. Auch die Abfallkreislaufwirtschaft muss dort ge- fordert werden, durch mehr Recycling, können wir nachhaltig mehr Ressourcen schützen und aufbauen.
Schweickert: Ach, das ist Wahlkampfgetöse oder – bei manchen Vorwürfen – noch grundsätz- licher Klassenkampf von vorgestern. Die Realität sieht aber anders aus und erfolgreicher Klimaschutz und eine wachstumsstarke Wirtschaft gehen gerade im Hochtechnologieland Baden- Württemberg Hand in Hand. Unsere Unternehmen entwickeln doch die Lösungen, wie sich die Umwelt schonen und Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft sichern lassen. Was wir heute entwickeln, verkaufen wir morgen in die ganze Welt. Von der sparsamen Maschine über den effizienten Motor bis hin zur Brennstoffzelle – das ist die Zukunft unserer Wirtschaft, aber auch die Zukunft der Umwelt.
Mit welchen Instrumenten lassen sich Wirtschaft und Klima am besten versöhnen, was schlagen die JuLis bzw. die FDP da vor?
Kalupke: Die FDP möchte mit Emissionszertifikaten und dem darauf folgenden Emissionshandel das Projekt “Zero CO2” vorantreiben um damit die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen.
Schweickert: Wie bereits gesagt, sind Wirtschaft und Klima keine Feinde und daher ist auch eine Versöhnung nicht notwendig. Stattdessen sind Maßnahmen notwendig, die beide Ziele gleichzeitig erfüllen. Es sollten Ziele und keine Wege definiert werden – wie dies beispielsweise im europäischen CO2- Zertifikatehandel passiert – , notwendige Anpassungsprozesse müssen stufenweise und nicht abrupt stattfinden und die Politik muss Änderungen durch Förderungen – bspw. Forschungszuschüsse oder Innovationsprämien – stützen und die negativen Folgen behutsam abfedern, bspw. durch Weiterbildungsangebote.
Baden-Württemberg ist Automobilland. Ist es möglich diese Industrie zu erhalten und gleichzeitig unsere Klimaziele zu erreichen, und welche Maßnahmen muss die Landesregierung dahingehend ergreifen?
Kalupke: Die Landesregierung könnte sich offener gegenüber anderen Technologien zeigen, wir haben e-Fuels, Wasserstoff etc. aber dennoch wird nur die E-Mobilität gefördert. Durch eine offenere Haltung gegenüber anderen und nachhaltigeren Kraftstoffen könnte man es schaffen, die Automobillandschaft zu erhalten und trotzdem weitestgehend die Klimaziele zu erreichen.
Schweickert: Ja, klar ist das möglich, wenn man es nur möchte und die richtigen Weichen stellt. Baden-Württemberg kann Transformation, nur mit einem Bruch von heute auf morgen tuen wir uns eben schwer. Daher müssen politische Maßnahmen planbar und langfristig sein, sodass Unternehmen sich darauf einstellen können. Ebenso brauchen wir bei den Antriebs- technologien der Zukunft einen Mix: Dabei muss man auch auf Wasserstoff setzen und ebenso hat der klassische Verbrennungs- motor noch lange nicht ausgedient. Jede Technologie hat eine spezifische Anwendungsart und wir werden vermutlich alle brauchen. Die Politik darf nicht eine Technologie auswählen und die anderen verteufeln sondern sollte hier neutral agieren.
Wenn Sie ihr nächstes Auto kaufen, welche Antriebstechnologie wird’s werden?
Kalupke: Leider müsste ich mich auf ein E-Auto beschränken, da die Infrastruktur leider nicht für Wasserstoff genug ausgebaut ist. Fun Fact: In Japan wäre das kein Problem, dort ist die Infrastruktur von Wasserstoff und Elektro gleichermaßen ausgebaut.
Schweickert: Ich bin mit meinem aktuellen Auto – es ist ein Diesel – sehr zufrieden und hoffe, dass es noch viele Jahre fahren wird. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass ich in den kommenden Jahren (noch) klima- freundlicher unterwegs sein kann. Das wird bei mir wie bei vielen Millionen anderen Autos der Bestandsflotte nur gelingen, wenn wir mehr für regenerative Kraftstoffe tun. Eine nachhaltige und vor allen Dingen schnelle klimaneutrale Mobilität wird daher nur über synthetische Kraftstoffe gehen und hier ist noch viel zu tun. Leider tritt hier insbesondere das Bundesumwelt- ministerium auf die Bremse und sperrt sich gegen die Zulassung solcher Kraftstoffe.
Stuttgart 21 hat gezeigt wie schleppend große Infrastrukturprojekte vorangehen und wie viel Gegenwind auch von Naturschützern einem da entgegen- kommt. Wie kann man es schaffen auch zukünftig in der Infrastrukturpolitik große Würfe zu machen?
Kalupke: Meine Persönliche Meinung, wären mehr Bürgerbeteiligungen – durch mehr Beteilugung könnte man es schaffen auch die “Naturschützer” mitzunehmen, dann könnte man pro-Aktiv mit den Bürgern solche Projekte effizienter und auch ruhiger durchführen.
Schweickert: Naturschutz ist wichtig und in einem Rechtsstaat und Demokratie ist es nur legitim, wenn Einwände gegen Großprojekte vorgebracht werden. Aber es muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Es kann nicht sein, dass sich ziehende Gerichtsverfahren zu jahrelangen Verzögerungen führen oder ein einziges Vogelnest komplette Vorhaben zu Fall bringt. Wir brauchen daher schnellere Verfahren, höhere Rechtssicherheit und eine stärkere Angemessenheit der Maßnahmen. Naturschutz ist wichtig, aber er muss auch mit anderen Zielen abgewogen werden und darf nicht als Vorwand dienen, um eine Haltung von „not on my backyard“ (=nimby) zu befördern und Veränderung per se zu blockieren.
Die FDP setzt sich ja besonders stark für Technologieoffenheit in der Klimapolitik ein, erklären Sie mal kurz was das konkret bedeutet.
Kalupke: Ganz einfach, wir möchten nicht nur auf eine Technologie bauen. Die FDP möchte für den Klimaschutz Aternativen haben, durch diese Technologieoffenheit ist es möglich schneller zu reagieren und damit auch Klimapolitik besser und nachhaltiger zu gestalten.
Schweickert: Ganz abstrakt formuliert bedeutet dies, dass die Politik ein Ziel definiert, aber nicht den Weg vorgibt. Dieser wird durch die Akteure selbst – sei es die Wirtschaft oder jeder einzelne Bürger – entschieden, je nachdem was er für am besten hält, am kostengünstigsten ist oder am leichtesten umsetzbar ist. In der Praxis bedeutet dies beispielsweise, dass man für Gebäude eine Einsparziel an CO2 vorgibt. Wie dies dann erreicht wird, bspw. durch eine Erneuerung der Heizung, eine bessere Dämmung, neue Fenster oder durch die Installation einer Photovoltaikanlage – muss dann jeder selbst entscheiden. Wie Freie Demokraten lehnen zumindest ab, dass die Politik als „technology chooser“ agiert und sich anmaßt, sie wüsste, welche Technologie für was am besten ist. Dies sollen jeder Bürger oder die Mechanismen des Marktes entscheiden.
Das Jahr ist 2026, die FDP hat die letzten 5 Jahre erfolgreich unser Bundesland mitregiert, wie sieht die Klimabilanz unseres Bundeslandes aus, und was hat sich verändert?
Kalupke: Wenn wir die unsere Punkte und Ziele durchsetzen können, sind wir in der Klimabilanz besser dran als derzeit bei schwarz-grün. Wir haben pragmatische und bürgerfreundliche Lösungen, welche weitreichend ohne Verbote auskommt, dadurch sprechen wir auch direkt die Bürger an, sich am Klima-und Umweltschutz zu beteiligen. Wer ohne die Bürger regiert, kann nicht auf Kooperation hoffen.
Schweickert: Baden-Württemberg ist 2026 Vorreiter bei der Einsparung der CO2-Emissionen und die Umsetzung der Ziele des Pariser Abkommens ist realistisch. Allerdings findet dies in globaler und insbesondere europäische Koordination und Kooperation statt – hier sind nämlich die wichtigsten Stellschrauben, um mehr Klimaschutz zu erreichen. Ein Alleingang von Baden-Württemberg bringt hier nicht viel. Dies ist vor allem dem Einfluss der FDP zu verdanken, die immer wieder auf diese Dimension hingewiesen hat und zu mehr Abstimmung und internationalem Vorgehen aufgerufen hat. Trotzdem ist der Beitrag von Baden-Württemberg enorm: Forschung und Technologien „made in BW“ machen die Klimaeinsparungen erst möglich. Unsere Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben ihre spezifischen Stärken eingesetzt und zum globalen Nutzen gebracht.