12.11.1995

Deutschland in Europa und in der einen Welt


Europapolitik

Ziel liberaler Europapolitik ist eine verstärkte Partizipation des Unionsbürgers an europäischen Strukturen, eine vernünftige Solidarität unter den europäischen Völkern, sowie die Gewährleistung ihrer Vielfalt, soweit nicht gemeinsame Standards unbedingt erforderlich sind. Wir treten ein für

  • den Bundesstaat Europa mit einer Verfassung und einem Grundrechtskatalog. Ein verständlicher Text, der die Werte des demokratischen Rechtsstaats in konkreter Form präsentiert, ist Garant für ein Europa ohne nationale Diskriminierungen nicht nur in den Wirtschaftsfreiheiten, sondern erst recht in den politischen Rechten.
  • die Einführung eines 2-Kammersystems für das Europäische Parlament mit einem Haus, das von allen Bürger Europas mit gleichem Stimmwert gewählt wird und einem Haus, das die unterschiedliche Bevölkerungsstärke der Mitgliedsstaaten berücksichtigt. Das so zusammengesetzte Parlament ist gegenüber dem Europäischen Rat bei der Gesetzgebung und mit mehr Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Kommission zu stärken. Beides verringert das Demokratiedefizit der Gemeinschaft und stärkt die Einflußmöglichkeiten der Unionsbürger.
  • die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und der regionalen Subventionen über die Struktur- und Kohäsionsfonds. Die kostspielige Ersetzung des Agrarmarktes durch eine Planwirtschaft bedeutet ein protektionistisches System, das europäische Solidarität schwächt, da die Preise für Grundnahrungsmittel weit über den Weltpreisen liegen. Die finanziellen Leistungen an strukturschwache Gebiete sind nicht mit der makroökonomischen Gießkanne von Europa aus zu verteilen, wenn dies schon in den Mitgliedsstaaten nicht mehr zu rechtfertigen ist.
  • Die Verteilung der Kompetenzen zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten nach dem Subsidiaritätsprinzip. Gemeinsame Standards und Politiken sind grundsätzlich nur sinnvoll, wenn sie einen Effizienzgewinn im Gegensatz zu divergierenden nationalen Politiken versprechen. Es ist daher besser, wenn sich die EU neben ihren bestehenden Kompetenzen Fragen der grenzüberschreitenden Verschmutzung und Kriminalität annimmt, als wenn dies die Einzelstaaten tun, die die Probleme auf ihre Nachbarn abzuwälzen versuchen. Gleichfalls verspricht nur eine gemeinsame Flüchtlings- und Asylpolitik Aussicht auf eine vernünftige Einwanderungspolitik für Deutschland. Auch die Sicherung der europäischen Vielfalt gegen äußerliche Bedrohungen benötigt ein koordiniertes Vorgehen im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Ihr militärischer Arm, die WEU, ist daher mit der Europäischen Union zusammenzuführen und ihre Entscheidungsstrukturen sind durch Übergang vom Einstimmigkeits- zum Mehrheitsprinzip zu stärken.

Außenpolitik

Verantwortung und Vielfalt in der Außenpolitik bedingen sich gegenseitig. Da Menschenwürde durch Selbstbestimmung jedem Erdbürger zusteht, pocht liberale Außenpolitik auf die Einhaltung der grundlegenden universell geltenden Menschenrechte, die die Grundlagen des Zusammenlebens der Menschheit sichern. Andererseits folgt aus der Toleranz gegenüber Kulturen, die diesen harten Kern respektieren, daß das deutsche oder europäische Gesellschaftsmodell nicht auf fremde Länder mit historisch gewachsenen Eigenheiten zu übertragen ist. Gerade hier ist die Erhaltung von Vielfalt geboten.

Daher erkennen wir als Leitprinzipien der Außenpolitik an, daß

  • Staaten mit anderen Regeln im privaten Lebensbereich mit Achtung begegnet werden sollte; hingegen Systeme, die Leib und Leben ihrer Staatsbürger durch ethnische Vertreibung, Massenexekutionen, Folter und Terror zur Disposition stellen unterschiedslos unter diplomatischen und wirtschaftlichen Druck zu setzen sind. Gemeinsam mit den europäischen Partnern und den Vereinten Nationen können im Grenzfall auch militärische Mittel eingesetzt werden, um strikt begrenzte humanitäre Ziele zu erreichen. Eine in diesem Sinne verantwortliche Außenpolitik im Dienste des Menschen fordert daher eine Stärkung des internationalen Friedenssystems durch Reform der UNO, eine internationale Gerichtsbarkeit, die Verstöße gegen die elementaren Grundsätze des weltweiten Zusammenlebens ahndet, und eine aktive Entwicklungspolitik zur Förderung humaner Strukturen.
  • das Spannungsverhältnis zwischen Weltökonomie und -ökologie zum Vorteil beider aufzulösen ist. Der Ressourcenverbrauch und die Belastung der Umwelt in den Industriestaaten müssen durch Selbsteinschränkung drastisch gesenkt werden, während durch Technologietransfer in die Entwicklungsländer diese bei ihren Entwicklungsanstrengungen von vornherein die nötigen Schutzstandards einhalten und die Fehler des Nordens nicht wiederholen. Deutschland und Europa stellen sich damit in fairer Weise der gemeinsamen Verantwortung der unfreiwilligen Risikogemeinschaft Menschheit.
  • die Verrechtlichung der internationalen Beziehungen in den Bereichen voranzutreiben ist, die für die Grundlagen des Zusammenlebens gemeinsam geregelt werden müssen. Der Einsatz für die grundlegenden Rechte des Menschen, die Gestaltung eines ökologisch verantwortlichen internationalen Wirtschaftssystems und die Sicherung gegenüber gewaltsamen Aggressionen dienen schließlich einem einzigen freiheitlichen Ziel. Schon 1945 formulierte die Charta der Vereinten Nationen es als Aufgabe aller Völker der Weltgemeinschaft: Unter größtmöglicher Gewährleistung der Vielfalt menschlichen Lebens einen Beitrag zu leisten für den Weltfrieden.

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