19.10.2003

Grundlegende Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk


Präambel

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg bekennen sich eindeutig zum Dualen System in Deutschland, das es ermöglicht neben den Öffentlich Rechtlichen Sendern auch Private Rundfunkanbieter zuzulassen.

Allerdings haben sich seit der Einführung des Fernsehens in den fünfziger Jahren bzw. der Liberalisierung in diesem Bereich 1984, viele Regelungen überholt und bedürfen unserer Ansicht nach der schnellstmöglichen Änderung.

Wir fordern deshalb die Landesregierungen auf, sich folgender Themen anzunehmen. Die FDP/DVP Fraktion in Baden-Württemberg wird aufgefordert, Maßnahmen, die unabhängig von anderen Ländern durchgeführt werden können, in Baden-Württemberg sofort umzusetzen:


Privatisierung des ZDF

Das Zweite Deutsche Fernsehen wurde 1963 ins Leben gerufen, und sollte damals zum einzigen Fernsehprogramm ARD eine klare Alternative bieten. Auch wenn die Art und Weise wie das ZDF geboren wurde sehr undurchsichtig ist, erkennen wir an, dass das ZDF damals als sinnvolle Einrichtung gegolten hat. Jedoch nachdem 1984 auch Private Sender zugelassen wurden, und wir heute eine Vielfalt an Fernsehsendern haben, erkennen wir JuLis keine Notwendigkeit mehr, zwei Hauptsender durch die Öffentlich Rechtlichen Anstalten betreiben zu lassen. Deshalb fordern wir die sofortige Privatisierung des ZDF. Dies würde eine Entlastung des Rundfunkgebührenzahlers von mindestens 1,5 Mrd € ergeben.


Neuorganisation des Gebühreneinzugs

Die JuLis fordern die Abschaffung der GEZ (Gebühren-Einzugs-Zentrale) in ihrer jetzigen Form. Alleine für den Gebühreneinzug werden jährlich etwa 120 Mio € aufgewendet. Geld, das vom Gebührenzahler aufgebracht werden muss. Da unserer Meinung nach aber die Unabhängigkeit des Rundfunks vom Staat, so wie sie bei dessen Einführung gefordert wurde, gegeben sein muss, ist eine Steuerfinanzierung abzulehnen. Vielmehr wollen wir eine Gebühr, die mit der Einkommenssteuer eingezogen wird. Jeder Einkommenssteuerpflichtige muss pauschal eine Gebühr an sein Finanzamt abführen, die unserer Meinung nach durch hier genannte Sparmaßnahmen etwa 5 Euro pro Monat betragen soll. Eine Gebührenerhebung aufgrund der genutzten Geräte soll es in Zukunft nicht mehr geben. Der Finanzbedarf wird weiterhin von der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) festgelegt. Die Rundfunkanstalten sollen bei dieser Kommission weiterhin ihren Finanzbedarf anmelden, die KEF hat aber strengstens darauf zu achten, dass nur Mittel zur Verfügung gestellt werden, die den Kernaufgaben des Rundfunks dienen.


Erarbeitung eines Programmauftrages

Derzeit gibt es keine eindeutige Regelung des eigentlichen Auftrages der Öffentlich Rechtlichen Anstalten. Hier hat in der Vergangenheit vor allem das Bundesverfassungsgericht durch Urteile die Rahmenbedingungen gesetzt. Jedoch ist es nun an der Zeit einen klaren Programmauftrag an die Anstalten zu richten. Eine Kommission zu diesem Zweck soll gegründet werden. Sie soll Vertreter des Bundes, der Länder und verschiedener gesellschaftlicher Verbände enthalten. Aber auch die Gebührenzahler und Verbraucherverbände sollen berücksichtigt werden. Die JuLis sehen vor allem folgende Aufgabenschwerpunkte:

  • Sendungen von hoher kultureller Qualität
  • Förderung bildungsrelevanter Sendungen
  • Politische Berichterstattungen und Sendungen
  • Regionale Programmangebote (im Zuständigkeitsbereich der dritten Programme)
  • Berichterstattung zu allgemeinen gesellschaftlichen Themen
  • Förderung deutscher Film- und Theaterproduktionen

Übertragungen von Großereignissen wie z.B. Fußball-Bundesliga oder -WM (exklusiv und live) darf es im Öffentlich Rechtlichen Rundfunk in Zukunft nur noch geben, wenn sich Private Anbieter nicht für die Austragung bewerben. Bei Lizenzvergabeverfahren dürfen die Öffentlich Rechtlichen Anstalten in Zukunft nur noch passiv tätig sein, und Private Sender nicht überbieten. Die Programme der Öffentlich Rechtlichen Anstalten sollen sich durch die oben genannten Inhalte deutlich von den Sendungen der Privaten abheben, somit sind verwechselbare Programme wie Quiz- oder Talk-Show zukünftig nicht mehr zulässig.


Dritte Programme und Spartensender

In den letzten Jahren haben die Öffentlich Rechtlichen Sender, offenbar um eine markttechnische Konkurrenz zu den Privaten Sendern darzustellen, ihre Dritten Programme konsequent ausgebaut und Spartensender wie Arte, DW, Phoenix oder den Kinderkanal eingerichtet. Nach unserer Auffassung haben die Öffentlich Rechtlichen durch ihren Auftrag allerdings keinen Anlass mit den privaten Sendern zu konkurrieren. Sie sollen vielmehr eine klare Alternative mit eigenständigen Inhalten, also kein Konkurrenzprodukt, sein. Es muss erreicht werden, dass sich die Öffentlich Rechtlichen nicht länger an Einschaltquoten mit den Privaten messen. Schließlich müssen mit ihrem Programm alle Gesellschaftsschichten angesprochen werden, und nicht nur Mehrheiten wie es die Privaten aufgrund der Werbefinanzierung vorführen. Die JuLis fordern demnach die Begrenzung der Spartenkanäle und erkennen nur eine Notwendigkeit für Phoenix, KiKa, Arte und DW. Die Dritten Programme müssen nicht länger Vollprogramme sein. Eine bundesweite Ausstrahlung ist unserer Meinung nach nur dann fortzusetzen, wenn die finanzielle Belastung durch die Digitalisierung der Frequenzen geringer wird.


Internetangebote der Öffentlich Rechtlichen Anstalten

Internetangebote der Öffentlich Rechtlichen dürfen nur mit minimalen programmbegleitenden Inhalten ausgestattet sein, und ein Budget für alle Sender von insgesamt 500.000 EUR pro Jahr nicht übersteigen. Internet ist nach Ansicht der Jungen Liberalen keine Aufgabe des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks.


Zusammenlegung von Anstalten

Eine Zusammenlegung von Radio Bremen mit dem NDR, dem SR mit dem SWR und HR mit WDR sowie RBB mit NDR bringt neue Einsparpotenziale.


Hörfunk und Radio

Derzeit gibt es 61 Radioprogramme die von den Öffentlich Rechtlichen Anstalten getragen werden. Da Frequenzen für diesen Bereich sehr begrenzt, und durch die vielen Angebote der Öffentlich Rechtlichen diese für Private Anbieter nur sehr schwer zu erwerben sind, bedarf es hier einer deutlichen Neustrukturierung. Insbesondere, weil viele Öffentlich Rechtlichen Angebote privater Anbieter „kopieren“ und verwechselbare Sendungen machen. In Zukunft sollen zwei Radiosender pro Anstalt genügen. Die freiwerdenden Frequenzen sollen an Private Anbieter fallen.


Gremienbesetzungen

Da es in Zukunft auch weiterhin Gremien wie Rundfunk- und Verwaltungsrat geben wird, ist bei deren Besetzung aber darauf zu achten, dass nicht nur die Interessen der politischen Parteien, sondern vor allem die Interessen der Bürger gewahrt werden. Deshalb fordern die JuLis, die Gremien zukünftig zu jeweils einem Drittel mit Vertretern von Parteien, gesellschaftlichen Gruppen und Verbraucherverbänden zu besetzen. Die Vertreter der Parteien dürfen weder Landesregierungen noch Landesparlamenten angehören.


Landesmedienanstalten und Digitalisierung des Rundfunks

Die JuLis sprechen sich für die Digitalisierung aller Frequenzen aus, vor allem weil dadurch mehr Wettbewerb stattfinden kann. Die Landesmedienanstalten sollen bis Mitte 2004 klare Richtlinien und Zeitpläne für die Digitalisierung des Rundfunks auch für terrestrische Frequenzen erarbeiten und bekanntzugeben. Nach erfolgter Umstellung, die von den LMAs begleitet und betreut werden soll, sind die Landesmedienanstalten überflüssig und abzuschaffen.

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