30.04.2000

Immunsystem gegen Spendensumpf und Parteienfilz stärken

Mit Transparenz und Strenge für mehr Bürgervertrauen in die Politik – Parteiengesetz verschärfen

Zehn Maßnahmen:

Die Enthüllungen der letzten Monate über massive Missbräuche bei Parteispenden haben gezeigt, dass die bestehenden Regeln des Parteiengesetzes über viele Jahre schwerwiegend verletzt worden sind. Eklatante Rechtsbrüche, wie sie unter dem „System Kohl“ in der Bundes-CDU aber auch in mehreren Bundesländern begangen wurden, konnten jahrelang verschleiert werden. An vielen dieser Verstöße waren nicht nur die Spendenempfänger, sondern auch die Spender unter Missachtung der Gesetze aktiv beteiligt. Auch dies fiel nicht auf und wird in der öffentlichen Diskussion übersehen.

Unser System der Politik- und Parteienfinanzierung ist im Prinzip gut. Es braucht aber mehr Transparenz, bessere Kontrollen effektive Sanktionen. Denn es ist deutlich geworden, dass das Parlament seinerzeit ein Gesetz verabschiedet hat, das erhebliche Schlupflöcher bietet und nicht hinreichend abschreckt.

Politik, die Arbeit der Politiker und die Parteiarbeit müssen ausreichend finanziert sein, wenn eine Demokratie einwandfrei arbeiten soll. Spenden können durchaus Bestandteil dieser Finanzierung sein. Es ist nicht gerechtfertigt, Parteispenden von vornherein als quasi-kriminelle Handlung zu diskreditieren. Die Jungen Liberalen halten Spenden an politische Parteien nach wie vor für unverzichtbar wichtig.

Um das im Grundgesetz geforderte Recht auf Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger in der Ausübung ihrer demokratischen Rechte zu wahren, dürfen aber einzelne Parteien durch intransparente Spendenregelungen weder begünstigt, noch benachteiligt werden. Deshalb müssen die aktuellen Spendenregelungen von Grund auf geändert werden.

Die Jungen Liberalen fordern die F.D.P.-Bundestagsfraktion daher auf, folgende Regelungen durchzusetzen:


Konsequente Offenlegung

Die JuLis fordern die radikale Beendigung des anonymen Spendens im großen Stil und die Offenlegung aller Gelder, die an Parteien fliessen, wenn sie DM 10.000 auf Bundesebene, DM 5.000 auf Landesebene und DM 1000 auf kommunaler Ebene übersteigen. Bisher müssen Spenden nur ab einem Betrag von DM 20.000 mit dem Namen des Spenders öffentlich gemacht werden. Zur Erlangung einer besseren Transparenz müssen sämtliche Offenbarungspflichten des Parteiengesetzes und der Regelung für Abgeordnete nicht nur durch Abdruck als Bundesdrucksache bzw. im Handbuch des Bundestags veröffentlicht werden, sondern müssen auch auf den Internetseiten des Bundestags zugänglich sein. Dies gilt auch für Nebentätigkeiten, die bisher nur dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden müssen.


Bargeldspenden

Spenden in Form von Bargeld sind nur bis zu einem Betrag von DM 200,00 pro Einzelspende zulässig. Eine Stückelung zur Umgehung dieser Obergrenze ist nicht zulässig.


Die Rubrik „Sonstige Einnahmen“ im Rechenschaftsbericht

Die Rubrik „Sonstige Einnahmen“ im Rechenschaftsbericht muss derart geändert werden, dass alle Einnahmen von einem Spender, die kumulativ im Lauf eines Jahres DM 10.000 übersteigen, nach Herkunft und Höhe gesondert aufzuführen sind. Dies gilt auch für Vermächtnisse.


Kontrolle durch Unbefangene

Prüfungsaufträge zur Prüfung der Bücher einer Partei sollen nicht mehr von der jeweiligen Partei, sondern zentral vom Bundestagspräsidenten nach Ausschreibung vergeben werden. Spätestens nach drei Jahren muss die jeweilige Prüfungsinstanz wechseln.

Des Weiteren fordern die JuLis die Einrichtung eines Kontrollgremiums für Parteienfinanzierung. Dieses Gremium wird an unabhängiger Stelle, :z.B. beim Bundesrechnungshof, angesiedelt und mit Persönlichkeiten mit der Befähigung zum höheren Richteramt besetzt sein. Es hat die Kompetenz, laufende Kontrollen durchzuführen und hat ungehinderten Zugang zu allen Finanzunterlagen der Parteien.


Strafrechtliche Verfolgung bei Verstößen gegen das Parteiengesetz

Verstöße gegen die Spendenregeln müssen ausreichend sanktionsbewehrt sein:

Vorsätzliche Verletzungen der Bestimmungen des Parteiengesetzes durch Parteifunktionäre und andere Personen (wie die Verschleierung von Geldeinnahmen und -bewegungen, die unzulässige Annahme von Bargeld und die Nutzung illegaler Spenden oder Vermächtnisse wie die Nutzung illegaler oder schwarzer Konten und Institutionen) müssen ein Straftatbestand des Strafgesetzbuchs werden.

Die Richtigkeit und Vollständigkeit des Rechenschaftsberichts muss zusätzlich künftig eidesstattlich versichert werden. Die falsche Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist damit eine Straftat nach § 156 StGB.


Erhöhung der Strafgebühr

Die Strafgebühr gemäß § 23a PartG soll vom Zweifachen auch das Dreifache erhöht werden.


Verlust des Mandats und des passiven Wahlrechts

Bei besonders schweren Verstößen durch Parteifunktionäre wird neben der Geld- und Haftstrafe auch der Verlust des politischen Mandats und die Aberkennung des passiven Wahlrechts in Betracht gezogen.


Befangenheit bei Ausschussberatungen

Abgeordnete des Bundestages sollen im Rahmen der Ausschussberatungen verpflichtet werden, offen zu legen, wenn die Beratung einzelner Tagesordnungspunkte ihre eigenen beruflichen oder sonstigen finanziellen Interessen – oder denjenigen von Familienmitgliedern – berührt (z.B. auch aufgrund ihrer Tätigkeit für Vereine und Verbände). Verstößt ein Ausschussmitglied gegen diese Offenlegungspflicht, so ist das Beratungsergebnis nichtig.


Mehr Transparenz – Bundesregierung

Mitglieder der Bundesregierung – auch wenn sie nicht Abgeordnete sind – unterliegen denselben Offenlegungspflichten wie Abgeordnete; dies gilt ebenso für politische Beamte. Die von ihnen offenzulegenden Angaben müssen auf den Internetseiten der Bundesregierung zugänglich gemacht werden.


Analoge Regelungen in den föderalen Gebietskörperschaften

Parallele Regelungen sollten auch in den Bundesländern eingeführt werden. Die JuLis fordern daher die F.D.P./DVP-Landtagsfraktion sowie die liberalen Regierungsmitglieder in Baden-Württemberg auf, sich für entsprechende Regelungen in Baden-Württemberg einzusetzen. Wir fordern des weiteren den Bundesinnenminister auf, über die Innenministerkonferenz darauf hinzuwirken, dass für die Landtage und die Länderparlamente analoge Regelungen geschaffen werden, ebenso für die Oberbürgermeister und Dezernenten in den Großstädten.

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