02.04.2011

Jungliberale Verkehrspolitik: Wir machen den Weg frei!


Von der Verkehrs- zur Mobilitätspolitik

Mobilität als Möglichkeit, sich innerhalb geographischer Räume zu bewegen, ist zum Einen Bindeglied des gesellschaftlichen Miteinanders, zum Anderen aber auch Grundvoraussetzung einer funktionierenden Volkswirtschaft. Die großen gesamtwirtschaftlichen Vorteile einer gut ausgebauten Infrastruktur rechtfertigen daher auch erhebliche öffentliche Investitionen. Der Staat setzt hierbei die ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen , überlässt die Wahl des Verkehrsmittel jedoch dem Wettbewerb.

Das Straßen-, und Schienennetz als tragende Säulen der verkehrlichen Struktur sind in Deutschland sehr gut ausgebaut. Daher ist das Mobilitätsverhalten der Bürger oftmals stark festgefahren, was Strukturveränderung erschwert. Die Rolle des Staates in der Verkehrspolitik sehen wir daher heute neben dem nach wie vor teilweise notwendigen Ausbau des Verkehrsnetzes vor allem in dessen Erhaltung und sinnvoller Restrukturierung. Einen politisch motivierten Rückbau der Verkehrsinfrastruktur lehnen die JuLis allerdings entschieden ab.


Begrenzte Steuerungsmöglichkeit des Mobilitätsverhaltens anerkennen: für ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Verkehrsträger

Der staatliche Einfluss auf das Mobilitätsverhalten der Bürger ist gering. Die öffentliche Diskussion beschränkt sich aber trotzdem häufig darauf, den motorisierten Individualverkehr gegen andere Verkehrsträger auszuspielen und ein bestimmtes Verhalten der Bürger willkürlich zu sanktionieren.

Eine höhere Umweltverträglichkeit sowie ein generationengerechter Umbau der Verkehrsnetze sind legitime verkehrspolitische Ziele. Statt jedoch mit immer neuen Absichtserklärungen und Quoten politische Wunschvorstellungen kundzugeben, wollen wir das Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung konkret und kurzfristig mit einer höheren Umweltverträglichkeit der Verkehrsmittel und einem generationengerechten Aus- und Umbau der Verkehrswege in Einklang bringen.

Wettbewerb vor Planwirtschaft

Wettbewerbliche Lösungen genießen hierbei für uns immer Vorrang vor planwirtschaftlichen Instrumenten. Maßnahmen wie CO2-Grenzwerte für Neuwagen lehnen wir daher zugunsten von Anreizinstrumenten ab.

Ordnungsrechtliche Regelungen dürfen zudem den Wettbewerbsmechanismus nicht außer Kraft setzen, indem sie bestimmte Marktteilnehmer einseitig belasten. So ist zunächst sicherzustellen, dass alle bestehenden ordnungsrechtlichen Regelungen diskriminierungsfrei umgestaltetwerden, so z.B. im Steuerrecht (durch Abschaffung der Kfz-Steuer) oder im Bereich von Fahrgastrechten (durch Angleichung der Fahrgastrechte im Bahn- und Fernbusverkehr). Auch andere rein punktuelle und tagespolitisch motivierte Eingriffe wie z.B. Höchstpreise für Verkehrsdienstleistungen lehnen wir aufgrund der Gefahr größerer volkswirtschaftlicher Flurschäden ab.

Instrumente der Raumordnungspolitik nutzen

Verkehr entspringt individuellen Bedürfnissen und entwickelt sich daher dynamisch. Statt nur an den Symptomen dieser sozialen Entwicklung anzusetzen und das Verkehrsverhalten der Bürger zu sanktionieren, wollen wir Instrumente der Raumordnungspolitik nutzen, um das Mobilitätsbedürfnis der Bürger im Alltagsverkehr zu verringern.

Hierzu gehört insbesondere, bei der Ausweisung von neuen Industrie- und Gewerbegebieten in ländlichen Regionen die verkehrlichen Effekte stärker zu berücksichtigen. Wir fordern daher, dass das Land Baden-Württemberg Anreize für verkehrsvermeidende Raumordnungspolitikschafft. Staatliche Forcierung zunehmender Zersiedelung muss vermieden werden.

Verursacher zur Kasse bitten

Die vielfältigen Umweltschäden, die durch den Gebrauch der einzelnen Verkehrsträger entstehen, wollen wir konsequent den entsprechenden Verursachern auferlegen. Hierzu gehört grundsätzlich, verbrauchsabhängige Steuern und Gebühren pauschalen – wie z.B. der KfZ-Steuer – vorzuziehen. Wir fordern daher die Abschaffung der Kfz-Steuer. Deren bisheriges Aufkommen soll kurzfristig in die Mineralölsteuer integriert, langfristig mit dieser zugunsten eines umfassendenEmissionshandels abgeschafft werden. Auch weiteren Umweltschäden wollen wir nicht nur ordnungsrechtlich mit Höchstgrenzen begegnen, sondern den einzelnen Verkehrsteilnehmern mit geeigneten Instrumenten sinnvolle Anreize zur Vermeidung setzen.


Reform des Finanzierungs- und Planungswesens

Planungswesen reformieren

Momentan werden verkehrliche Investitionen auf der Grundlage eines jahrzehntealten Verfahrens im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans getätigt. Dieser entsteht unter geringem politischen, aber hohem bürokratischen Einfluss. Der Bundesverkehrswegeplan ist hoch zerstückelt in die einzelnen Verkehrsträger, gewichtet die Dringlichkeit einzelner Projekte aufgrund wenigerwillkürlich ausgewählter Faktoren und sorgt strukturell dafür, dass die geplanten Projekte die finanziellen Möglichkeiten der öffentlichen Hand um ein Vielfaches übersteigen. Wir fordern daher den Umbau des Bundesverkehrswegeplans zu einem Mobilitätsplan, der die politische Notwendigkeit der Restrukturierung stärker gewichtet, eine möglichst optimale Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger berücksichtigt und stärker als heutewettbewerbliche Steuerungselemente statt starrer Kontingentierung beinhaltet.

Investitionen erhöhen

Der zukunftsfeste Umbau des Verkehrsnetzes erfordert jedoch noch nur ein neues Planungswesen, sondern schlichtweg mehr Investitionen. So wird heute ein Großteil des Verkehrsetats für reine Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen verwendet. Die meisten bisherigen Versuche, das Investitionsvolumen des Bundesverkehrswegeplans zu erhöhen, sind gescheitert. Unserer Ansicht nach führt daher kein Weg an neuen, auch nutzerbasierten Finanzierungsquellen vorbei.

Aus Datenschutz- und Bürokratiegründen lehnen wir eine Pkw-Maut ab und fordern stattdessen eine allgemeine Vignettenpflicht, deren Einnahmen ausschließlich für Straßenbauprojekte verwendet werden sollen und die Ausgaben der öffentlichen Hand ergänzen, nicht ersetzen. Um die Bundesstraßen vom reinen Transitverkehr zu entlasten, wollen wir die Lkw-Maut umgehend auf häufig genutzte, auch zweispurige, Ausweichstrecken und mittelfristig auf alle Bundesstraßen ausdehnen.

Die gemeinsame Finanzierung von Verkehrsprojekten zwischen privaten Unternehmen und der öffentlichen Hand halten wir für ein grundsätzlich geeignetes Instrument, dringend nötige Investitionen zeitlich vorzuziehen. Die parlamentarische Kontrolle der entsprechenden Verträge sowie die Überwachung des Bau- und Erhaltungsprozesses muss jedoch dringend ausgebaut werden. Negative Erfahrungen mit bereits durchgeführten PPP-Projekten wie z.B. Sicherheitsbedenken aufgrund zu langer Baustrecken und zu wenig Entspannungsphasen auf Autobahnen müssen in möglichst konkrete, gesetzliche Vorgaben für künftige Projekte dieser Art münden. Eine gesonderte Bemautung privat finanzierter Strecken ist ausgeschlossen, derartige Verträge dürfen sich lediglich auf Einnahmen aus der Lkw-Maut sowie der Pkw-Vignette beziehen.


Der Verkehr der Zukunft

Mit den sozialen Strukturen verändern sich auch die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung. So sorgt die zunehmende Alterung und Schrumpfung der Gesellschaft einerseits dafür, dass Infrastrukturinvestitionen von immer weniger Menschen getragen werden, andererseits aber auch für eine Veränderung der verkehrlichen Bedürfnisse.

Auf der einen Seite sorgt Urbanisierung für steigendes Verkehrsaufkommen in den Städten. Diesem Verkehrsaufkommen kann jedoch nur bedingt mit einer Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs begegnet werden, da dieser in vielen Fällen nur ein unvollständiges Substitut für den motorisierten Individualverkehr ist. So entfällt beispielsweise ein Großteil urbaner Mobilität auf gewerblichen Verkehr von Handwerkern und anderen Dienstleistern.

An dem Ausbau von verkehrlichen Nadelöhren führt daher aus ökologischer Sicht kein Weg vorbei. Ein möglichst konstanter Verkehrsfluss, grüne Wellen und wenig Bremsvorgänge sind der sinnvollste, systemimmanente Weg, der Umweltbelastung durch Stau und Schadstoffe in den Städten zu begegnen. Entsprechende Modelle sollen daher vom Land fachlich begleitet und – wo sich dies aufgrund geteilter Zuständigkeiten anbietet – finanziell gefördert werden.

Im ländlichen Raum steht der öffentliche Verkehr aufgrund starker Alterung vor einer sinkenden Nachfrage und damit geringerer ökologischer Wirksamkeit. Dieser Entwicklung muss mit der Umwandlung des bestehenden öffentlichen Verkehrs in flexible Angebote insbesondere für den Bildungs- und Ausbildungsverkehr begegnet werden, z.B. mit Anrufbussen, Sammeltaxen und Bürgerbussen. Der Rechtsrahmen des Personenbeförderungsgesetzes zeigt sich jedoch gegenüber diesen neuen Formen des Verkehrs oftmals unflexibel. Daher ist es unumgänglich,die Regelungsdichte des verkehrlichen Rechtsrahmens zurückzufahren und zugunsten eines stärkeren bürgerschaftlichen Engagements und stärkerer Eigenverantwortung umzuarbeiten.

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