„Barrierefrei statt Hürdenlauf“ – Grundsätze einer liberalen Politik für Menschen mit Behinderung

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg bekennen sich zu einer freien und vielfältigen Gesellschaft, in der sich Menschen mit und ohne Behinderung frei entfalten können und respektvoll miteinander leben und umgehen. Das Recht auf selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe an allen Bereichen des Lebens darf niemandem aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Einschränkungen verwehrt bleiben. Für uns Liberale sind Menschen mit Behinderung keine Last, sie sind gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft. Ihre Unterstützung ist kein barmherziges Almosen, sondern eine staatsbürgerliche Pflicht.

Barrierefreiheit beginnt im Kopf. Viele Hürden beruhen auf falschen Vorstellungen, Unverständnis und mangelndem Zutrauen. Noch immer fehlt ein öffentliches Bewusstsein für die alltäglichen Probleme und Herausforderungen, aber auch für die Fähigkeiten und Leistungen vieler Menschen mit Behinderung. Berührungsängste und Vorurteile gilt es daher abzubauen. Der Anteil schwer beeinträchtigter Menschen wird durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft weiter steigen, gleichzeitig macht der technologische Fortschritt physische Barrieren oftmals überwindbar. Die Politik muss rechtliche Benachteiligungen beseitigen, Verantwortungsbewusstsein fördern und den Abbau physischer und mentaler Hürden aktiv fördern. Wir wollen keinen bürokratischen Hürdenlauf, sondern gelebte Solidarität. Jeder Einzelne ist gefordert, eigene Beeinträchtigungen oder die seiner Mitmenschen nicht zur gesellschaftlichen Benachteiligung werden zu lassen. Dafür leisten ehrenamtliche Helfer und Familienangehörige jeden Tag einen wertvollen Beitrag.

Die Ursachen und Ausprägungen einer Behinderung sind so vielfältig wie die Menschen, die mit ihnen leben, und deren Lebenssituationen. So erfordert eine geistige Beeinträchtigung andere Unterstützungsmaßnahmen als körperliche oder seelische Behinderungen. Auf die unterschiedlichen Bedürfnisse all jener Menschen wollen wir eingehen. Ihnen allen gilt jedoch unser zentrales Anliegen: Wir wollen physische und gesellschaftliche Hürden abbauen, um ein gemeinsames Leben in Freiheit und Vielfalt zu ermöglichen.


Teilhabe durch Selbstbestimmung

Menschliches Leben mit Behinderung ist nicht weniger wert als eines ohne Beeinträchtigungen. Daher lehnen die JuLis unterschiedliche Abtreibungsfristen für ungeborenes Leben mit oder ohne eine voraussichtliche Behinderung ebenso strikt ab wie ein Zeugungsverbot für Menschen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit behindertes Leben zeugen werden. Das liberale Menschenbild stellt das Individuum in seiner Einzigartigkeit in den Mittelpunkt und ist mit der Idee eines vermeintlich perfekten Menschen unvereinbar.

Weniger als 5% aller Schwerbehinderungen sind angeboren, die meisten Menschen erleiden schwere körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen also erst im Laufe ihres Lebens. Medizinische Prävention, Früherkennung und die Vermeidung von Unfallschäden können dazu beitragen, solche Einschränkungen gar nicht erst entstehen zu lassen. Rehabilitation muss auch in der Praxis Vorrang vor Pflege haben. Die zeitnahe Prüfung und Anerkennung neuer Hilfsmethoden durch die Krankenkassen sorgt dafür, dass der technologischen Entwicklung auch praktische Fortschritte folgen. Umfangreiche Investitionen in Forschung und Entwicklung sind unerlässlich, um vermeidbare Beeinträchtigungen vorzubeugen und schon entstandene Einschränkungen bestmöglich zu kompensieren. Forschung gegen den mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen von betroffenen Personen lehnen die JuLis jedoch entschieden ab. Der vor Verlust der Einwilligungsfähigkeit geäußerte Wille des Betroffenen hat dabei stets Vorrang vor späteren Mutmaßungen oder Äußerungen Dritter.

Eine Behinderung ist in der Regel mit einem besonderen finanziellen Förderbedarf verbunden, um physische Barrieren zu überwinden und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Mit dem erweiterten Bürgergeld wollen wir die Menschen unterstützen, die diesen Bedarf nicht aus eigener Kraft decken können. Die Jungen Liberalen begrüßen die Einführung des Persönlichen Budgets, durch das behinderte Menschen auf Wunsch bedarfsabhängige Geld- statt Sachleistungen beantragen können. Die Wunsch- und Wahlfreiheit behinderter Menschen und ihre Position gegenüber Einrichtungen der Behindertenhilfe werden so deutlich gestärkt. Das Persönliche Budget soll künftig zur Regel werden und bisherige Dienst- und Sachleistungen schrittweise ersetzen. Um das Förderangebot von der kommunalen Finanzlage zu entkoppeln und Barrierefreiheit vor Ort nicht mit steigenden Sozialausgaben zu bestrafen, soll die kommunale Eingliederungshilfe durch eine Geldleistung des Bundes ersetzt werden. Langfristig wollen wir sämtliche Sozialleistungen zur Sicherung der Teilhabe behinderter Menschen transparent und unbürokratisch zu einem Budget zusammenfassen. Als bedarfsabhängige Aufstockung des liberalen Bürgergelds soll es direkt vom Finanzamt ausgezahlt werden. Art und Schwere der Behinderung werden bei dieser Aufstockung ebenso berücksichtigt wie der Pflege-, Förder- und Beaufsichtigungsbedarf. Bei einer Verwaltung der Geldleistungen durch einen Vormund müssen Prüfungen der zweckgemäßen Verwendung möglich sein, um Missbrauch zu vermeiden. Mit einer schrittweisen Umstellung auf ein kapitalgedecktes Kranken- und Pflegeversicherungssystem wollen die JuLis behinderten Menschen außerdem eine demografiefeste medizinische Versorgung und Pflege gewährleisten, die sich an den Bedürfnissen der Versicherten und Patienten orientiert und Wahlfreiheit garantiert.


Teilhabe an Bildung

Die frühkindliche und schulische Bildung eines Menschen legt den Grundstein für seine weitere Entwicklung. Schon im Kindergarten müssen Kinder mit Behinderung nach ihren Möglichkeiten gefördert werden, damit ihnen der ihren Fähigkeiten entsprechende Bildungsweg nicht verwehrt bleibt. Mehr Jugendliche mit Behinderung sollen künftig einen qualifizierten Schulabschluss erreichen. Das Zusammenleben von Kindern mit und ohne Behinderung soll in möglichst gemischten Gruppen schon im Kindergarten zur Selbstverständlichkeit werden. Wer in frühen Jahren behinderte Freunde findet, wird behinderte Menschen auch später nicht ausgrenzen. Daraus resultiert, dass Menschen mit Behinderung im Kontakt mit Menschen ohne Behinderung selbstbewusster auftreten.

Auch in der Schule profitieren Jugendliche mit und ohne Behinderung gegenseitig davon, in gemeinsamen Klassen unterrichtet zu werden. Gemeinsamer Unterricht muss die Regel werden, um Lernerfolge und soziale Kompetenzen nicht durch eine künstliche Abgrenzung zu hemmen. Ein zunehmend barrierefreier Ausbau von Schulgebäuden ist dafür ebenso notwendig wie die fachpädagogische Weiterbildung von Lehrern und Betreuern, eine Ausstattung der Schulen mit barrierefreien Lernhilfen, spezielle Betreuungsangebote und die Einführung zieldifferenzierter Bildungspläne. Schon in ihrer Ausbildung sollen künftige Lehrkräfte lernen, mit häufig auftretenden Behinderungen umzugehen. Spezialisierte Fachkräfte zur individuellen Betreuung und zur Unterstützung des inklusiven Lehrbetriebs sollen im Rahmen der Schulautonomie eingestellt werden können. Im Rahmen des Persönlichen Budgets sollen körperlich oder geistig behinderte Schüler darüber hinaus Nachhilfelehrer für die Aufarbeitung des Lernstoffs finanzieren können. Schulbuchverlage fordern wir auf, künftig sämtliche Lehrmaterialien für sehgeschädigte Schüler auch in akustischer oder ertastbarer Form zur Verfügung zu stellen. Die Bereitstellung von Computern mit Braillezeilen erlaubt blinden Schülern den Zugang zu digitalisierten Dokumenten und Recherchemöglichkeiten im Internet.

Schulen mit einem höheren Anteil an Schülern mit Behinderung sollen zusätzliche Landesmittel zur Verfügung stehen, damit gemeinsamer Unterricht nicht zu Einsparungen an anderer Stelle führen muss. Über die Einrichtung von Außenklassen sollen sie eigenständig entscheiden dürfen. Die Aufhebung der Sonderschulpflicht in Baden-Württemberg war eine richtige Entscheidung, eine generelle Abschaffung aller Sonderschulen lehnen die Jungen Liberalen jedoch ab. Lediglich die Schultypen, die sich auf ausschließlich körperliche Beeinträchtigungen spezialisiert haben, sollen zunehmend in Regelschulen umgewandelt werden.
Bei sehr schweren Behinderungen kann der Besuch einer Sonderschule mit spezialisierten Fachkräften und einem schützenden Raum im Einzelfall die bessere Wahl sein. Dies soll dann möglich sein, wenn die gesamtheitlichen Entwicklungschancen des Kindes dort besser gefördert werden können als in einer Regelschule. Nicht die Pflege, sondern die individuelle Förderung und Bildung der Schüler muss der Maßstab sein. Grundsätzlich sollen Eltern eine freie Wahl zwischen Sonder- und Regelschule für ihr Kind haben. Kann das Kind gegen den Elternwillen an einer anderen Schulform erheblich besser gefördert werden, liegt die Beweispflicht dafür bei der zuständigen Behörde. Im Zweifel erfolgt eine richterliche Prüfung auf der Grundlage mindestens zweier unabhängiger Gutachten. Diese Regelung setzt das Kindeswohl an oberste Stelle, ohne die elterliche Wahlfreiheit zu vernachlässigen. Auch Regelschulen sollen verstärkt mit Sonderschulen kooperieren, um Berührungsängste abzubauen und gegenseitige Lernerfolge zu fördern. Dafür wird jeder Regelschule ein jährliches Budget von 60 Arbeitsstunden zur Verfügung gestellt, das sie für ein gemeinsames Projekt mit einer Sonderschule verwenden muss. Die konkrete Ausgestaltung dieser Stunden liegt in der Verantwortung der Schulen, die sich mit ihrem Konzept bei den Sonderschulen um eine Kooperation bewerben.

Mit dem Schulabschluss endet der Anspruch auf einen gleichberechtigten Zugang zu lebenslanger Bildung nicht. In Werkstätten soll eine gezielte Weiterbildung für Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung vermittelt werden. Im Rahmen des Persönlichen Budgets sollen Begleitpersonen für die Teilnahme an Weiterbildungsangeboten finanziert werden können. Informationsangebote der öffentlich-rechtlichen Medien müssen weitgehend barrierefrei gestaltet sein und öffentliche Bibliotheksbestände sollen zunehmend digitalisiert werden. Auch die berufliche Bildung und das Hochschulstudium müssen behinderten Menschen zugänglich gemacht werden, wie es mit vollständig barrierefreien Betriebs- und Hochschulgebäuden, technischen Hilfsangeboten, digital verfügbaren Lernmitteln, speziellen Beratungsangeboten, flexiblen Studienzeiten und Prüfungsbedingungen möglich ist. Die bereits sehr vielfältigen Angebote an Hochschulen gilt es durch eine nachhaltige Finanzierung in der praktischen Umsetzung auszubauen.


Teilhabe an der Gesellschaft

Die Umsetzung von Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung ist eine Herausforderung auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen. Ihre Selbstbestimmung und Wahlfreiheit muss dabei stets im Vordergrund stehen. Kommunen haben im Städtebau, in der Gestaltung öffentlicher Plätze, Gebäude und Verkehrswege, mit dem Angebot örtlicher Schulen, Fördermaßnahmen und Integrationsprojekten einen erheblichen Einfluss auf die Lebenssituation und Einstellungen der Menschen vor Ort. Aus diesem Grund sollten die Kommunen alle Neubau- und Sanierungsvorhaben öffentlicher Gebäude, Institutionen und Plätze bezüglich der Barrierefreiheit für behinderte Menschen kritisch prüfen. Die Landespolitik steht vor der Aufgabe, behinderten Menschen einen gleichberechtigten Zugang zum Bildungswesen zu verschaffen. Auf Bundesebene lässt sich gelebte Barrierefreiheit durch einen rechtlichen Rahmen für Fragen der finanziellen Förderung und des Arbeitsmarkts, technologische Weiterentwicklungen und Mindeststandards in Wirtschaft und Gesellschaft umsetzen.

Vereine und Verbände haben eine große Verantwortung, Menschen mit Behinderung über eine rein rechtliche Gleichstellung hinaus aktiv in das alltägliche Leben der Zivilgesellschaft einzubeziehen. Zahlreiche Sport- und Kulturvereine leisten schon jetzt eine hervorragende Arbeit. So verbindet der Behindertensport gesundheitlichen Fortschritt mit gesellschaftlicher Inklusion und selbstverständlicher Wahrnehmbarkeit. Damit dieses Engagement nicht zu einer Abschottung zweier Parallelwelten behinderter und nicht-behinderter Sportler führt, wollen wir möglichst enge Kooperationen oder Eingliederungen in reguläre Vereine fördern. Aus dem gleichen Grund fordern wir die Dachverbände der Sportarten dazu auf, Sportler mit Behinderungen die Teilnahme an regulären Sportveranstaltungen zu ermöglichen, wenn dadurch der Grundsatz der Gleichheit im Sport nicht gefährdet wird.

Teilhabe an Kultur und Medien setzt außerdem einen barrierefreien Zugang zu Fernsehen und Internet voraus. Webdesigner und Fernsehanstalten sind gleichermaßen gefordert, die neuen technischen Möglichkeiten zu nutzen. Insbesondere bei öffentlich mitfinanzierten Angeboten haben behinderte Bürger und Steuerzahler einen Anspruch auf deutliche Verbesserungen. So soll das gesamte öffentlich-rechtliche Fernsehangebot in wenigen Jahren vollständig untertitelt sein. Politik- und Bildungsprogramme haben dabei oberste Priorität, um hörgeschädigte Zuschauer nicht weiter aus dem politischen Leben fernzuhalten. Staatlich bezuschusste Schauspiel- und Operaufführungen sind auch dann mit Übertiteln zu versehen, wenn sie in deutscher Sprache dargeboten werden. Ebenso fordern wir einen nach den aktuellen technischen Standards weitgehend barrierefreien Zugang zu öffentlich finanzierten Onlineauftritten. Ein rollstuhlgerechter Zugang zu sämtlichen staatlich mitfinanzierten Veranstaltungen, Ausstellungen und Museen muss gewährleistet sein, sofern dem keine unvermeidbaren baulichen Zwänge historischer Gebäude entgegenstehen. Für private Medien- und Kulturangebote regen wir freiwillige Standards für einen weitgehend barrierefreien Zugang an. Die sichtbare Präsenz solcher Angebote kommt auch anderen Gruppen wie Senioren, Schwangeren oder Menschen mit geringen Deutschkenntnissen zu Gute und soll das öffentliche Bewusstsein für die Bedürfnisse behinderter Menschen schärfen.


Teilhabe an der Wirtschaft

Menschen mit Behinderung sind auch im wirtschaftlichen Leben ein großes Potenzial, auf das wir nicht verzichten wollen. Zahlreiche gut gemeinte Sonderregeln und bürokratische Auflagen für behinderte Arbeitskräfte wirken ihrer Einstellung auf dem regulären Arbeitsmarkt bisher aber eher entgegen, als dass sie diese fördern. Durch eine Abschaffung des erweiterten Kündigungsschutzes wollen wir die Einstellung behinderter Menschen wieder attraktiver gestalten. Der Rechtsanspruch auf bezahlten Zusatzurlaub muss auf eine Aufstockung des gesetzlichen Mindesturlaubs begrenzt sein, um auch diese Beschäftigungsbremse einzuschränken. Die aus der gesellschaftlichen Pflicht zur Integration behinderter Menschen entstehenden Kosten zur Kompensation von Hürden im Arbeitsalltag sollen künftig nicht integrationswilligen Unternehmen aufgebürdet, sondern von der gesamten Gesellschaft getragen werden. Als Beschäftigungsanreiz sollen private Unternehmen deshalb unabhängig von der Unternehmensgröße einen staatlichen Zuschuss pro Monat und schwerbehindertem Arbeitnehmer erhalten. Für den öffentlichen Sektor soll die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Mitarbeiter von derzeit 5% hingegen beibehalten werden. Bis zu einer solchen Reform muss sich die Höhe der Quote am tatsächlichen Angebot an Arbeitskräften orientieren, um den Unternehmen keine unerfüllbaren Pflichten aufzuerlegen. Daher lehnen wir eine Quotenerhöhung derzeit ab.

Werkstätten sind für viele Menschen mit Behinderung die einzige Möglichkeit zu arbeiten. Sie sind jedoch in erster Linie Bildungseinrichtungen und erst zweitrangig gewinnorientierte Produktionsstätten. In keinem Fall dürfen sie ein beschäftigungstherapeutisches Abstellgleis werden. Durch sinn- und anspruchsvolle Tätigkeiten sowie eine individualisierte Förderung sollen möglichst viele Menschen zu einem Übergang in den regulären Arbeitsmarkt befähigt und dorthin vermittelt werden. Zahlreiche Integrationsfachdienste leisten vor Ort bereits eine hervorragende Arbeit zur Vermittlung von Menschen mit Behinderung in reguläre Arbeitsverhältnisse. Dies wollen wir fördern und unternehmerischen Vorbehalten gegenüber einer vermeintlich geringeren Leistungsfähigkeit behinderter Arbeitnehmer durch Aufklärung und Pilotprojekte in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsverbänden entgegenwirken.
Vor allem im Einzelhandel bleibt Konsumenten mit Behinderung oftmals der barrierefreie Zugang verwehrt. Mit gezielten Informationsangeboten soll bei Unternehmern ein Bewusstsein für die speziellen Bedürfnisse von Kunden mit Behinderung geschaffen und mögliche Wege zum Umgang mit diesen Bedürfnissen aufgezeigt werden. In Berufsschulen sollen praxisnahe Kenntnisse zum Umgang mit körperlich oder geistig beeinträchtigten Kunden vermittelt werden. Ein bundesweites Zertifikat zur Kennzeichnung barrierefreier Geschäfte soll den Wettbewerb um behindertenfreundliche Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungen stärken. Auch auf Webseiten, Reise- und Freizeitangebote kann dieses Zertifikat ausgeweitet werden.


Teilhabe an Mobilität

Mobilität ist eine Grundvoraussetzung für die Teilhabe am öffentlichen Leben. Sie scheitert in vielen Fällen daran, dass Gebäude und Verkehrsmittel immer noch nicht vollständig barrierefrei zugänglich sind. Öffentliche Gebäude sind weiterhin im Zuge von Sanierungen und Neubauten barrierefrei auszugestalten. Neben einer stufenfreien Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer sind dabei niedrig angebrachte Bedienelemente und kontrastreiche Farben zu verwenden. Durch staatlich geförderte Kredite wollen wir Sanierungen zur Schaffung von Barrierefreiheit auch im privaten Wohnungsbau fördern.

Sämtliche Angebote des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs sollen behinderte Fahrgäste künftig selbstständig, barrierefrei und flexibel nutzen können. Insbesondere im ländlichen Raum und im Busverkehr gibt es immer noch erheblichen Nachholbedarf. Der barrierefreie Zugang muss daher absolutes Auswahlkriterium für künftige Ausschreibungen im öffentlichen Personenverkehr werden. Je nach Art und Ausmaß ihrer Behinderung stehen Fahrgäste im alltäglichen Nah- und Fernverkehr vor unterschiedlichen Hürden. Das barrierefreie Ein-, Aus- und Umsteigen soll mittelfristig an allen Bahnhöfen und Haltestellen, zu allen Uhrzeiten und in alle Fahrzeuge auch ohne frühzeitige Anmeldung und mit ausreichenden Umsteigezeiten möglich sein. Der Einstieg muss demnach stufenlos, ohne große Zwischenspalten und neigungsarm gestaltet sein. Rollstuhlgerechte Abteile oder Bereiche in allen Fahrzeugen sollten schon jetzt eine Selbstverständlichkeit sein. Solange dies vor allem im Nahverkehr noch nicht flächendeckend erreicht ist, sollen nicht rollstuhlgerechte Fahrzeuge in den Fahrplänen entsprechend gekennzeichnet werden. An Bahnsteigen, die nur per Aufzug barrierefrei zugänglich sind, muss der rollstuhlgerechte Zugang auch für den Fall technischer Defekte garantiert werden. Niedrige Bedienungselemente erleichtern kleinwüchsigen und Rollstuhl fahrenden Fahrgästen das Reisen erheblich. Kurzfristige Durchsagen zu Gleiswechseln und Zugausfällen sind immer auch visuell anzuzeigen, um hörgeschädigten Fahrgästen wichtige Informationen nicht vorzuenthalten. Von stärkeren Kontrasten und einer vereinfachten Menuführung an Fahrkartenautomaten profitieren insbesondere Menschen mit einer eingeschränkten Sehfähigkeit. An stark frequentierten Haltestellen fordern wir eine zunehmende Einführung akustischer Linien- und Fahrzielansagen. Auch im Nahverkehr können akustisch verfügbare Fahrplaninformationen, eine kontrastreiche Farbgestaltung und taktile oder akustische Orientierungshilfen die Reisefreiheit sehgeschädigter Fahrgäste stärken.

Auch die Kommunen sind gefordert, Barrieren abzubauen. So soll ein flächendeckendes Konzept entwickelt werden, das die Teilnahme von behinderten Mitbürgern im Straßenverkehr ermöglicht. Besonders bei stark frequentierten Straßen und Plätzen ist bei Sanierungen darauf zu achten, dass Orientierungssysteme für Sehbehinderte und Blinde geschaffen werden, beispielsweise unterschiedliche Bodenstrukturen, wie sie bereits erfolgreich in Bahnhöfen eingesetzt werden. Diese Systeme verbessern somit die Situation von Ortsunkundigen und vereinfachen die selbstständige Reisegestaltung von Menschen mit Behinderung.

Ebenso sollen mittelfristig alle Fußgängerampeln behindertengerecht ausgestaltet werden. Europaweit soll hierbei ein einheitliches Rahmenkonzept verfolgt werden.


Teilhabe in der Welt

Die Unterstützung von Menschen mit Behinderung ist eine Frage der Menschenwürde. Die UN-Behindertenrechtskonvention von 2006 ist ein großer internationaler Erfolg, der einen enormen Handlungsbedarf erkennen lässt. Weltweit soll sich die deutsche Bundesregierung daher für eine Verbesserung der Lebenssituation behinderter Menschen einsetzen. Die Bekämpfung von Armut, Unterernährung und Wassermangel sowie Hygienemaßnahmen, HIV-Prävention, Schutzimpfungen, Landminenräumung und eine friedliche Konfliktlösung sind insbesondere in Entwicklungsländern wirksame Maßnahmen, um körperliche, geistige und seelische Beeinträchtigungen an der Wurzel vorzubeugen. Ein ausgebautes Gesundheitssystem, Aufklärung und ein wirksamer Schutz vor Ausgrenzung oder gewaltsamer Unterdrückung sind für behinderte Menschen oftmals lebenswichtig. Internationale Standards und eine flächendeckende Gesundheitsversorgung mit finanzierbaren technischen Hilfsmitteln können die Lebenssituation in weiten Teilen der Welt verbessern. Um die Reisefreiheit behinderter Menschen auch in entwickelten Industriestaaten wirksam voranzubringen, ist eine intensivere Kooperation auf europäischer und globaler Ebene notwendig. Die gegenseitige Anerkennung von Schwerbehindertenausweisen in den europäischen Mitgliedsstaaten ist dabei ein wichtiger erster Schritt. Auch bei der Durchführung von Einbürgerungstests sollen deutsche Behörden auf vollständige Barrierefreiheit achten.


Teilhabe bei uns!

Jeder Einzelne ist gefordert. Wir Junge Liberale Baden-Württemberg erkennen unsere eigene Verantwortung und werden künftig sämtliche Veranstaltungen des Landesverbands weitgehend barrierefrei zugänglich machen. Rollstuhlfahrer sollen alle Veranstaltungsräume und ihre Übernachtungsmöglichkeit stufenfrei erreichen können. Sehgeschädigte Teilnehmer sollen leicht zugängliche Sitzplätze und auf Anfrage sämtliche Tagungsdokumente in digitalisierter oder akustischer Form erhalten. Eigene Image- und Wahlwerbespots werden wir künftig verstärkt mit Untertitel anbieten. Den Bundesverband und unsere Untergliederungen ermutigen wir, bei eigenen Veranstaltungen ebenfalls auf Barrierefreiheit zu achten. Das politische Engagement junger Menschen mit Behinderung ist eine Bereicherung für unseren Verband, dem wir keine vermeidbaren Hindernisse in den Weg stellen wollen.

Blutspende unter liberalen Standpunkten

Die Jungen Liberalen fordern eine stärkere Beteiligung und eine bessere finanzielle Ausstattung für die Blutspende, insbesondere für die Helfer und Blutspender. Dazu nehmen die Jungen Liberalen auch höhere Kosten für die Blutspende und damit für die Beitragszahler in Kauf.

Des Weiteren fordern die Jungen Liberalen, dass Blutspenden auch für Homosexuelle möglich sein muss. Die bisherige Regelung ist diskriminierend und somit für die Jungen Liberalen nicht tragbar.

Selbstverständlich muss die Sicherheit von Blutspenden durch lückenlose Kontrollen der für die Weitergabe vorgesehenen sichergestellt werden. Der präventive Ausschluss von Blutspendern aus Risikogruppen als solcher ist dennoch richtig und steigert die Kosteneffizienz dieser Kontrollen auf Infektionsverdächtige Blutkonserven. Die anonymisierten, und somit Persönlichkeitsrechte wahrenden, Angaben sexueller Gewohnheiten sind wichtiger Bestandteil der Risikoschätzung. Entscheidend muss hierbei jedoch nicht die homo- oder heterosexuelle Orientierung von Spendern und Spenderinnen, sondern der deren Risikoverhalten sein.

Entwicklungszusammenarbeit – ein Thema der Menschlichkeit


Präambel

Für die Jungen Liberalen Baden-Württemberg ist Entwicklungshilfe ein Thema der Menschlichkeit. Unser Ziel dabei ist der Schutz von Würde und unveräußerlichen Rechten aller Menschen, unabhängig davon, welcher Herkunft sie sind, in welchem Land sie leben oder welche Sprachen sie sprechen. Wir sind überzeugt von der Verantwortung der Menschen füreinander, im Glauben an unabsprechbare Rechte, die dem Menschen von Natur aus gewährleistet werden müssen. Daher wollen wir, die Bundesrepublik Deutschland, Europa und die internationale Staatengemeinschaft auf eine Verbesserung der politischen, wirtschaftlichen, wie gesellschaftlichen Verhältnisse in Entwicklungsländern hinarbeiten. Das Streiten für Freiheit und gegen die Verletzung von Menschen- und Grundrechten, gegen Armut und Leiden ist aus unserer Sicht der humanistische Liberalismus, der auch das Staatsystem der Bundesrepublik trägt. Hierzu gehört auch das Streben nach wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Teilhabe, welches nicht an Landesgrenzen endet, sondern weltweit ein Teil der Verantwortung von Wohlstandsgesellschaften ist. Hierbei gilt es zunächst uneigennützig auf eine Verbesserung der Chancen 1 und Lebensumstände der Menschen in Ländern der „dritten“ Welt hinzuwirken, ohne dabei eigene Vorteile und eigenen Nutzen in Betracht zu ziehen. Wir lehnen es ab unter dem Deckmantel der Nächstenliebe nationale Interessen zu vertreten und setzen uns für eine Entwicklungspolitik ein, die den Einzelnen in den Mittelpunkt rückt und sich am Menschen orientiert. Wir sind davon überzeugt, dass erfolgreiche Zusammenarbeit in der Entwicklung Menschen überall auf der Welt zum Beispiel im Hinblick auf wirtschaftliche und sicherheitspolitische Aspekte zu Gute kommt.


Ziele liberaler Entwicklungszusammenarbeit, Zielerreichung

Die Jungen Liberalen schließen sich in ihren Zielsetzungen den Grundlinien der im September 2000 von den Vereinten Nationen verabschiedeten so genannten Milleniumsentwicklungszielen an. Wir definieren die zentralen Handlungsfelder für internationale Politik daraus resultierend wie folgt:

  • Schaffung und Sicherung von Frieden, Sicherheit und Abrüstung
  • Entwicklungszusammenarbeit und Armutsbekämpfung
  • Umweltschutz
  • Bewahrung der Menschenrechte und demokratische Teilhabe

Zur Erreichung dieser Ziele erkennen wir die von den Vereinten Nationen konkretisierten Zielvorgaben an und empfinden die entwickelten Indikatoren (beispielsweise den Zugang zu Nahrungsmitteln, Bildung, Medizin usw.) zur Messung der Zielerreichung mit wenigen Ausnahmen als nützlich. Im Bewusstsein der Tatsache, dass Entwicklungszusammenarbeit auch einen politischen Lernprozess darstellt, setzen Junge Liberale darauf, Auswirkungen von Entwicklungspolitik zu analysieren, um mögliche Anpassungen vorzunehmen.


Status Quo in der Entwicklungspolitik

Die oben genannten Zieldefinitionen lassen jedoch auch erkennen, dass trotz Verbesserungen der Lebensumstände in vielen Regionen weltweit, internationale Bemühungen in der Entwicklungspolitik teilweise nicht die erhoffte Wirkung erzielt haben. In einigen Regionen der Welt, vor allem in den so genannten Least Developed Countries ist die Entwicklung gemessen an den oben genannten Indikatoren seit Jahren trotz aller Hilfsbemühungen rückläufig. Bereits heute ist absehbar, dass in den Ländern südlich der Sahara („Sub-Saharan-Africa“) keines der oben angesprochenen Milleniumsentwicklungszielen erreicht werden kann. Das heißt unter anderem vor allem:

  • der Anteil der unter extremen Armut lebenden Menschen reduziert sich in dieser Region nicht nennenswert, noch immer gibt es Probleme in der Versorgung mit sauberen Trinkwasser und Nahrungsmitteln
  • nicht alle Kinder haben Zugang zur Grundschulbildung
  • nur geringe Fortschritte in der Gleichstellung der Geschlechter
  • die Kindersterblichkeit ist überdurchschnittlich hoch
  • die Zahl der HIV-Neuinfektionen steigt weiter

Ebenfalls ist es trotz verschiedener Umschuldungs- und Entschuldungsinitiativen in der Vergangenheit nicht gelungen, Entwicklungsländer nachhaltig von ihrer erdrückenden Schuldenlast zu befreien, die eine positiv Entwicklung ihrer Wirtschaft vielfach schon im Ansatz lähmt. Dieser Zustand ist aus unserer Sicht verheerend und verpflichtet reiche Gesellschaften ihr Engagement in den ärmsten Ländern der Welt zielgerichteter und effizienter zu gestalten.


Grundlegende Forderungen liberaler Entwicklungspolitik

Vor diesem Hintergrund setzen wir uns für liberale Entwicklungszusammenarbeit ein, die sich an den folgenden Leitlinien orientiert:

Hilfe zur Selbsthilfe (capacity building)

Seit Ende des zweiten Weltkriegs sind Entwicklungsbemühungen wiederholt dem Irrtum erlegen, man könne ein Land von außen aufbauen. In der Entwicklungspolitik wurden Entwicklungspartner mit den Begriffen „Geberland“ und „Empfängerland“ umschrieben. Letzterem wurde damit eine weitgehend passive Rolle zugesprochen. Wir teilen ein solches Verständnis ausdrücklich nicht, sondern stellen das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ in den Vordergrund. Entwicklungsleistungen können zwar von außen positiv beeinflusst werden, werden aber primär von den jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Kräften vor Ort erbracht. Dementsprechend sollte sich das Engagement reicher Gesellschaften auf Schaffung von Rahmenbedingungen beschränken. Hierzu zählt vor allem Hilfe im Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen, sowie Unterstützung von marktorientierten Reformen und demokratischen Wahlen.

Unabhängigkeit fördern

Die Jungen Liberalen setzen sich für gezielte Entwicklungsunterstützung ein, die Unabhängigkeit erhält und hilfsbedürftige Staaten nicht in Abhängigkeiten treibt. Außerdem sollen in Zukunft nur noch konkrete Projekte gefördert werden. Entwicklungshilfe in Form von allgemeinen Haushaltszuschüssen sind abzulehnen, da diese Abhängigkeiten verursachen und in den betreffenden Ländern häufig Probleme mit Korruption bestehen. Eingriffe in den Markt, in Form von Nahrungs- und Textillieferungen sind auf Krisensituationen zu beschränken. Versuche Defizite in diesen Branchen durch externe Hilfslieferungen auszugleichen, setzen Preise unter Druck und schwächen ansässige Landwirte und Händler. Eine nachhaltige Entwicklung kann deshalb nur durch eigene Wirtschaftleistung gewährleistet werden.

Strukturen für wirtschaftlichen Erfolg schaffen

In vielen der ärmsten Ländern führt ihre erdrückende Schuldenlast zu einer wirtschaftlichen Lähmung, die einen Entwicklungserfolg wieder in den Hintergrund treten lässt. Eine Entschuldung ohne gleichzeitig an den anderen Hemmnissen wirtschaftlicher Entwicklung zu arbeiten lehnen die Jungen jedoch Liberalen ab, denn dies birgt ein zu hohes Risiko für einen Rückfall in die Schuldenfalle. Ebenso wie undifferenzierte Strukturanpassungsprogramme haben pauschale Entschuldungsprogramme von armen hochverschuldeten Ländern (HIPC) in der Vergangenheit nicht zu einer nachhaltigen Entschuldung geführt, sondern laufen Gefahr der falschen Anreizbildung. Entschuldung darf deshalb nur erfolgen, wenn sie durch eine konditionierte auf einem “Good Governance” Ansatz beruhenden Entwicklungsstrategie erfolgt, die auf weitere den Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort angepasst Entwicklungsmaßnahmen setzt. Ein diesem Sinne muss die so genannte erweitere HIPC- Initiative optimiert werden. Die Tatsache, dass gerade die Volkswirtschaften der ärmsten Länder trotz riesiger Entwicklungspotenziale vergleichsweise niedrige Wachstumsraten aufweisen, beruht größtenteils auf Verfehlungen im Aufbau institutioneller Erfordernisse. Unternehmerisches Handeln beruht zunächst auf politischer Sicherheit und Frieden, danach auf dem Bekenntnis zu Privateigentum und der damit verbundenen institutionellen und juristischen Absicherung. Die Jungen Liberalen fordern deshalb die Erkenntnisse der Neuen Institutionenökonomie stärker in die entwicklungspolitische Arbeit aufzunehmen. Moderne Staaten können wichtiges Know-How zum Aufbau der erforderlichen rechtlichen Instrumente liefern und Entwicklungsländer in ihren Anstrengungen formale Eigentumssysteme zu entwickeln, unterstützen. Hierbei ist es von zentraler Bedeutung in der Bevölkerung Unterstützung für Reformen zu gewinnen. Dies gelingt nur, wenn Eigentumssysteme die Lebensrealität und Gewohnheiten der Menschen mit einbeziehen. Das heißt vor allem, dass bisheriges Eigentum 1 (so genanntes extralegales Eigentum) akzeptiert wird und Bemühungen unternommen werden, Unternehmer aus der Schattenwirtschaft in die Legalität zu locken. Staaten können die Entwicklung einer Volkswirtschaft nicht beschleunigen. Vielmehr können Staaten mit den notwenigen Rahmenbedingungen den Fleiß und die Kreativität der Menschen „befreien“ und mündigen Bürgern das Vertrauen geben ökonomische Investitionen zu tätigen.

Wohlstand durch freien Handel

Ein zentraler Schritt hin zu mehr ökonomischen Erfolg ist aus liberaler Sicht die Öffnung der Märkte für Produkte aus Entwicklungsländern auf dem Weltmarkt und ein verstärkter regionaler Wirtschaftsaustausch. Freier Handel eröffnet Unternehmen in Entwicklungsländern die Möglichkeit ihre Produkte weltweit anzubieten und trotz beschränkter Nachfragemöglichkeiten auf dem Inlandsmarkt, ausreichend Absatzmöglichkeiten zu finden. Durch Vorteile in der Kostenstruktur haben Unternehmer der ärmsten Länder gute Chancen weltweit erfolgreich zu sein. Aussichtsreiche Entwicklungspolitik muss deswegen eine Öffnung der Märkte, also einen Beitritt zur Welthandelsorganisation, einfordern und protektionistischen Bestrebungen entgegenwirken. Hierbei gilt es jedoch weiterhin auch die Voraussetzungen für den Beitritt bereit zu stellen. Die teilweise gesonderten Vorschriften (z. B. GATT Teil IV zu Handel und Entwicklung) für Entwicklungsländer können Bedenken ausräumen und Anpassungsschwierigkeiten verhindern. Die Jungen Liberalen sehen jedoch in Bezug auf Freihandel und Protektionsbestrebungen auch die modernen Industrieländer, beispielsweise die Staaten der Europäischen Union in der Pflicht. Diese führen aus unserer Sicht mit massiven Subventionsprogrammen die Idee des Freihandels ad absurdum und verhindern damit Weiterentwicklungen innerhalb der WTO. Die Forderung nach einer weiteren Öffnung der Märkte kann nur dann glaubwürdig hervorgebracht werden, wenn reiche Volkswirtschaften ihre Abwehrbestrebungen gegenüber landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Ländern der dritten Welt aufgeben.

Von der Entwicklungshilfe zur Entwicklungspartnerschaft

Freier Handel wird von uns Jungen Liberalen jedoch nicht nur als ökonomische Maßnahme begriffen, sondern macht gleichzeitig aus „Gebern“ und „Nehmern“ Handelspartner. Diese neue Rolle als Partner ist für uns eine der zentralen Veränderungen im Verständnis der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Partnerschaft bedeutet für uns eine Abkehr von der bedingungslosen Beistandspolitik hin zu einer strategischen Zusammenarbeit. Das impliziert jedoch auch Verständigung über politische Reformen. Wir sehen keinen Widerspruch zur partnerschaftlichen Rolle, wenn internationale Institutionen einzelne Industriestaaten ihr Engagement an Weiterentwicklungen im Bereich „Good Governance“ binden. Wenn Regierungen armer Länder sich beispielsweise massiv gegen Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung stellen oder Menschenrechte verletzen, behält sich liberale Entwicklungspolitik die Möglichkeit vor eine Entwicklungspartnerschaft mit einzelnen Staaten aufzukündigen. Die Bedenken von Globalisierungskritikern, die in jeglicher politischer Zusammenarbeit einen Eingriff in die Souveränität sehen, teilen wir nicht. Erfolgreiche Entwicklung bedingt eine umfassende Strategie, die ausdrücklich auch politische Fragen berührt. Wer sich die Möglichkeit vorenthält Verbesserungen für die Bevölkerung notfalls mit Druck durchzusetzen, missversteht nicht nur die Ursachen der Armut, sondern zerstört auch die Aussicht auf Veränderung.

Konzentration auf die Ärmsten

Effektive Entwicklungszusammenarbeit ist in der Realität immer auch Selektion. Förderungswürdig sind aus unserer Sicht deshalb vor allem die ärmsten Länder, denen die Vereinten Nationen den Status Least Developed Countries bzw. Less Developed Countries zugestanden haben. Darüber hinaus sollten sich Entwicklungsbemühungen höchstens auf speziell förderungswürdige Projekte beschränken. Das bedeutet jedoch auch, dass Entwicklungspartnerschaften, sobald sich nachhaltige wirtschaftliche Erfolge einstellen, beendet werden. Die so genannte „Scheckbuchdiplomatie“, die vor allem Japan, den USA und Deutschland wiederholt vorgeworfen wurde, lehnen wir ab. Entwicklungszusammenarbeit ist aus unserer Sicht nur sehr bedingt ein Instrument, um andere Staaten für nationale Interessen gewogen zu machen.


Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist aus unserer Sicht verbesserungswürdig und wird den eigenen Zielsetzungen kaum gerecht. Leider hat sich das verantwortliche „Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ in den letzten Jahren vor allem durch Kompetenzgerangel mit anderen Ministerien und Symbolpolitik hervorgetan. Die Möglichkeiten für eine notwendige strategische Neuausrichtung wurden bisher nicht wahrgenommen.

Strategische Ausrichtung

Die Jungen Liberalen empfinden die strategische Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit insgesamt als inkohärent und institutionell zerrissen. Durch die künstliche Trennung zwischen technischer und finanzieller Zusammenarbeit werden umfassende Ansätze erschwert. Wir schließen uns aus diesem Grund der Forderung des OECD-Peer-Reviews (vgl. Quellenangabe) über deutsche Entwicklungspolitik an und fordern eine Straffung der institutionellen Strukturen. Prinzipiell spricht aus unserer Sicht zwar nichts dagegen Partner, wie beispielsweise die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder private Stiftungen mit einzubeziehen, wenn aber mehr als Partner auf ODA-Mittel (Official Development Assistance) zugreifen leiden Transparenz und Übersicht.

Kein Gießkannenprinzip

Fraglich ist aus unserer Sicht auch die Selektion der Entwicklungspartner. Deutschland konzentriert seine Aktionen momentan auf rund 80 Kooperationsländer, darunter auch wirtschaftlich fortgeschrittene Länder mit gutem Zugang zum internationalen Finanzmarkt. In den unterstützten Ländern werden verschiedene Schwerpunkte gesetzt. Von einer umfassenden Strategie kann selbst in den so genannten Schwerpunktpartnerländern (Länder, die Förderungen in 3 Schwerpunktbereichen erhalten) kaum die Rede sein. Wir setzen uns deshalb dafür ein bei der Auswahl der Entwicklungspartner selektiver vorzugehen und die Lebensumstände der Menschen, in den betreffenden Ländern als primäres Auswahlkriterium heranzuziehen. Die Argumentation, dass über 50% der weltweit in Armut lebenden Menschen in China und Indien leben, sollte aber trotzdem nicht Anlass sein Entwicklungsprojekte zu Gunsten dieser wirtschaftlich starken Länder und zu Ungunsten der wirklich Schwachen zu verteilen. Die Bundesrepublik ist aus unserer Sicht nicht befähigt und auch nicht verantwortlich eine verfehlte Sozialpolitik in diesen Ländern zu kompensieren. Besonderes Augenmerk muss bei der Auswahl der Entwicklungspartner den staatlichen Rüstungsausgaben gelten. Dort, wo Entwicklungshilfen in Waffen investiert werden ist der Gedanke der Partnerschaft fehl gelaufen. Hier muss mit Hilfe der UN zunächst für friedliche Verhältnisse gesorgt werden. Bis dahin ist jede finanzielle Unterstützung zu unterlassen.

Entwicklungspolitischen Freiwilligendienst

Die Jungen Liberalen unterstützen die Initiative der Bundesregierung zur Einführung des entwicklungspolitischen Freiwilligendiensts, der pro Jahr 10.000 jungen Menschen die Möglichkeit geben soll bei Hilfsprojekten mitzuwirken. Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn junge Menschen sich entschließen durch freiwillige Arbeit in Entwicklungsländern selbst im Kampf gegen Armut aktiv zu werden. Ein solcher Einsatz fordert naturgemäß wesentlich mehr Engagement als beispielsweise der Zivildienst und sollte dementsprechend selbigem zumindest gleichgestellt sein. Aus unserer Sicht zeigt sich hier aber, dass die Wehrpflicht junge Menschen nur daran hindert, sich gesellschaftlich und in globaler Verantwortung zu engagieren. Im Rahmen unserer Forderung nach der Abschaffung des Zwangsdienstes sollen auch Zeitraum und Schwerpunktsetzung bei entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes am Wunsch der Betroffenen orientiert werden.


Internationale Entwicklungszusammenarbeit

Wir Junge Liberale erkennen die weltweite Armutsbekämpfung als transnationale Aufgabe, die zu weiten Teilen nicht durch isolierte Anstrengungen einzelner Länder bewältigt werden kann. Deswegen bekennen wir uns ausdrücklich zur Notwendigkeit überstaatlicher Entwicklungszusammenarbeit und unterstützen die Arbeit internationaler privater und staatlicher Organisationen.

Für eine unabhängige und starke Weltbank

Die Weltbank leistet aus unserer Sicht eine unverzichtbare Rolle in der finanziellen Unterstützung wirtschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit. Sowohl die Kreditvergabe an Staaten ohne Zugang zu den internationalen Finanzmärkten als auch das Garantieangebot an private Investoren ist aus unserer Sicht nur von einer derartig spezialisierten Institution zu leisten. Der häufig geäußerten Kritik an der Weltbank oder deren Stimmverteilung schließen wir uns nicht an. Aus unserer Sicht kann die Weltbank vor allem durch ihre Struktur als Bank im Eigentum von Staaten flexibler agieren als internationale Konsensrunden. Die Stimmverteilung nach finanzieller Beteiligung ist in der Privatwirtschaft ein normaler Vorgang und ist bei objektiver Betrachtung von Haftung und Verantwortlichkeit der einzig gangbare Weg. Genauso wenig teilen wir die Kritik an der „Private Sector“- Strategie der Weltbank, die versucht Privatisierung in Entwicklungsländern voranzutreiben. Mehr Privateigentum heißt weniger politischer Einfluss der Eliten und ist in vielen Fällen der einzige Weg den Dschungel aus Korruption und Gefälligkeitswirtschaft zu durchbrechen. Gerade weil Unabhängigkeit von der Politik für das Funktionieren von Unternehmen und Institutionen von entscheidender Bedeutung ist, sollte die Politik auch der Weltbank selbst eine unabhängigere Rolle zusichern. Beispielsweise sollten in der Aufstellung des Weltbankpräsidenten Eignung und Qualifikation eine größere Rolle spielen als Parteibuch und Nationalität.

Eine neue Rolle der EU

Die EU und ihre Mitgliedsstaaten spielen zweifelsohne eine führenden Positionen in der Entwicklunghilfe, dennoch führt die EU eine Doppelmoral, die wir Jungen Liberalen nicht hinnehmen können. Zwar wird auf der einen Seite Entwicklungshilfe betrieben, jedoch wird durch den ausgeprägten Agarimportprotektionismus den Entwicklungsländern jede Chance genommen, jemals ohne Entwicklungshilfe auszukommen. Es kommen die nach WTO Richtlinien unzulässigen Importquoten hinzu. Sämtliche EU- Exportsubventionen, Importzölle und -Quoten für Agrarprodukte im Interesse einer verantwortungsvollen Entwicklungspolitik abzuschaffen. Auch nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie Produktstandards und bürokratische Hindernisse sind nur dann zu befürworten, wenn sie für die Einhaltung der Grundsätze rechtsstaatlicher Demokratie oder des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes unbedingt erforderlich sind.

Die Reform der WTO

Die WTO tritt für freien Welthandel ein, ist sie aber tatsächlich auf Grund ihrer Struktur nicht in der Lage Sanktionen gegen die USA oder die EU durch zu setzen. Insbesondere reiche Industrienationen können ihre Produkte bzw. Märkte durch Importquoten und Importzölle schützen oder heimisch erzeugten Produkten durch Subventionspolitik künstlich verbilligen. In den verschiedenen Gremien der WTO haben schließlich die finanzkräftigsten Mitglieder, insbesondere die OECD-Staaten die Mehrheiten. Für Junge Liberale ist dieser Zustand nicht tragbar, da er die WTO von Grund auf handlungsunfähig macht. Die Jungen Liberalen fordern daher die längst überfällige Reform der WTO, die allen Ländern gleiches Recht zusichert und wirklichen freien Welthandel ermöglicht.

Internationales Engagement im Kampf gegen AIDS

Der internationale Kampf gegen die Immunschwäche Krankheit AIDS ist aus unserer Sicht eine der zentralen Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert. Hier gilt es durch konsequentes Eingreifen eine weitere Ausbreitung zu stoppen und lebensverlängernde Maßnahmen für HIV-Infizierte zu unterstützen. Eine „Laissez-Faire“-Verhalten in der AIDS-Politik hätte verheerende Auswirkungen, nicht nur für einzelne Länder in Afrika, sondern für Menschen weltweit. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Menschen im Süden Afrikas und anderen epidemiologischen Problemregionen umfassender über die Übertragungsgefahr von AIDS informiert werden. Wir sehen hierbei Sexualkundeunterricht trotz dem etwaigen Bruch mit kulturellen Tabus als unverzichtbar an und fordern eine Ausweitung der Informationskampagnen zum Umgang mit Kondomen. Die Position der römisch-katholischen Kirche, die den Umgang mit Kondomen ablehnt, ist aus unserer Sicht im Kampf gegen AIDS kontraproduktiv und nimmt den Tod von Millionen Menschen aus ideologischen Gründen in Kauf. Eine äußert komplexe, aber wichtige Frage im Zusammenhang der AIDS-Bekämpfung ist der Umgang mit geistigem Eigentum, sowie internationalen Patenten: Die Jungen Liberalen sind sich bewusst, dass in einem marktwirtschaftlichen System zunächst vor allem monetäre Anreize ursächlich für die Forschungsarbeit an neuen Pharmaprodukten sind. Hierbei ist die exklusive Vermarktung von Medikamenten durch Patentschutz 1 zentraler Bestandteil für eine Forschungsentscheidung. Gleichzeitig führen die exklusiven Vermarktungsrechte jedoch dazu, dass der Preis nicht primär an Angebot und Nachfrage, sondern am maximalen Gewinn des Forscherunternehmens orientiert ist. Dies führt in der Realität dazu, dass Tausende von Menschen keinen Zugang zu den notwendigen Medikamenten haben. Dieser Zustand ist für Liberale untragbar, weshalb wir das TRIPS Abkommen der WTO tragen, wenngleich wir uns seiner Schwächen bewusst. Die im TRIPS Abkommen vorgesehene Zwangslizensierung mindert zwar Forschungsanreize, stellt, aber den zurzeit einzig verfügbaren Kompromiss dar und wird von uns als Übergangslösung akzeptiert. Ferner begrüßen wir die Bemühungen einiger Pharmaunternehmen Forschungskosten nicht auf Preise in unterentwickelten Staaten aufzuschlagen. Diese Bemühungen sollten weiter vorangetrieben und unterstützt werden.

Internationale Entwicklungsarbeit nichtstaatlicher Organisationen

Die Jungen Liberalen erkennen die Bedeutung der Arbeit nichtstaatlicher Organisationen an und wertschätzen deren Arbeit. Private Stiftungen, NGOs (non-governmental organizations) und nicht zuletzt die Kirchen und zahlreiche andere Glaubensgemeinschaften leisten einen wichtigen Beitrag in der Entwicklungsarbeit. Wir Jungen Liberalen glauben an bürgerliches Engagement und sehen Entwicklungspolitik national, wie international nicht als allein staatliche Aufgabe.


Ausblick

Entwicklungspolitik darf sich nicht nur auf Entwicklungszusammenarbeit beschränken, sondern muss auch globale Zusammenhänge in der weiteren Politik berücksichtigen. Gerade in einer zunehmend globalisierten Welt können politische und wirtschaftliche Entscheidungen in einem Land oder Wirtschaftsraum auch enorme Auswirkungen auf entfernte Teile der Welt haben. Dementsprechend bedeutet die Wahrnehmung einer globalen Verantwortung zukünftig, dass auch scheinbar rein nationale oder europäische Entscheidungen im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit reflektiert werden. Die mit dem G8-Gipfel einhergehende Berichterstattung über Entwicklungshilfe hat aus unserer Sicht einem wichtigen Thema zumindest vorübergehend die notwendige Aufmerksamkeit verschafft. In der Tat ist Information über die Lebensumstände in Afrika und Teilen Asiens wichtig für die Akzeptanz von Entwicklungszusammenarbeit. Auch die weltweiten Solidaritätsbekundungen für die dritte Welt in Form von Konzerten sind zunächst zu begrüßen. Dennoch halten wir es für problematisch, wenn Berichterstattung den Eindruck erweckt, dass die Lösung der Entwicklungsprobleme ausschließlich durch finanzielle Größen beeinflussbar ist. Es ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass die Entwicklungsprobleme weltweit unterschiedlichster Natur sind und dementsprechend auch unterschiedlichster Lösungen bedürfen. Das Entwickeln einer „road map“, sowie deren Verfolgung kostet zwar Geld, kann aber nicht allein mit Geld bewältigt werden. Wir wehren uns gegen einseitige Schuldzuweisungen. Weder die afrikanischen Eliten noch die internationalen Konzerne, Organisationen oder gar einzelne westliche Staaten verursachen divergierende Lebensumstände. Im vergangenen Jahrzehnt sind im Zuge des beschleunigten Zusammenwachsens internationaler Märkte erstmals nennenswerte Fortschritte in Staaten Asiens und Zentralamerikas zu verzeichnen. Diese guten Beispiele stimmen uns Liberale zuversichtlich, dass mit den oben genannten Maßnahmen in Zukunft bessere Ergebnisse möglich sind und es eine reale Chance gibt, mehr Menschen ein Leben in Würde mit Wohlstand, Frieden und Freiheit zu ermöglichen.


Quellenangaben und Fußnoten

1. Milleniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen (Quelle: BMZ)
Ziel 1: Den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, halbieren
Ziel 2: Allen Kindern eine Grundschulausbildung ermöglichen
Ziel 3: Die Gleichstellung der Geschlechter und die politische, wirtschaftliche und soziale Beteiligung von Frauen fördern, besonders im Bereich der Ausbildung
Ziel 4: Die Kindersterblichkeit verringern
Ziel 5: Die Gesundheit der Mütter verbessern
Ziel 6: HIV/AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten bekämpfen
Ziel 7: Den Schutz der Umwelt verbessern
Ziel 8: Eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen
2. Wir bezweifeln, dass der Anteil der ODA-Mittel am Bruttonationaleinkommen ein sinnvoller Indikator zur Zielerreichung darstellt
3. ökonomische Teilrichtung, die u.a. in den letzten Jahren von Ökonomen wie Hernando de Soto weiterentwickelt wurde, Stichwort: „Institutions matter“
OECD-Peer-Review: http://www.oecd.org/dataoecd/16/11/35879574.pdf

Praktikantenvergütung für Praktika bei Amts- und Mandatsträgern

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern Amts- und Mandatsträger sowie ihre Parteiorgane dazu auf, Praktika (in ihren Zuständigkeitsbereichen) ab einer Dauer von einem Monat angemessen zu vergüten. Insbesondere fordern wir von den Verantwortlichen der FDP das Einnehmen einer Vorbildfunktion bei der Praktikantenvergütung.

Diamorphin-Behandlung als Regelleistung!

Die Behandlung von Heroin-Suchtkranken mit Diamorphin, bei denen eine Behandlung mit Methadon erfolglos verlief oder keinen Erfolg verspricht, soll legalisiert und als Regelleistung in den Katalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen werden. Die bestehenden Modellprogramme sind bis dahin ohne Einschränkungen fortzuführen.

§ 14 II S. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ändern

Die Jungen Liberalen fordern die FDP-Bundestagsfraktion dazu auf, sich für eine Änderung des § 14 II S. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetzes einzusetzen.

Darin heißt es:

„Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“

Dieser Passus ist zu ändern in:

„Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber, bereits in mehr als drei Fällen, ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“

Für ein selbstbestimmtes und menschenwürdiges Lebensende


Palliative Care und Hospizarbeit

Palliative Care ist die umfassende Behandlung und Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. Sie umfasst sowohl mit der Palliativmedizin eine angemessene medizinische Versorgung der Patienten mit Schmerztherapie und der Linderung quälender Begleiterscheinungen, als auch die Pflege für psychische, soziale und seelsorgliche Bedürfnisse. Für die Sterbenden, die keine Krankenhausbehandlung mehr benötigen, sorgt die Hospizarbeit, auch mit ehrenamtlichen Helfern, für die Pflege dieser Bedürfnisse.

Wir, die Jungen Liberalen sehen in diesem Weg das beste Mittel, um das Sterben so menschenwürdig wie möglich zu gestalten. Momentan können aber nur 2,1 % aller Sterbenden eine Palliative-Care-Versorgung und 4,4 % eine hospizliche Versorgung in Anspruch nehmen. Die Weiterbildung eines Pflegenden, die ihn für die Palliative Care befähigt, ist bundesweit unterschiedlich und nicht geregelt. Viele Sterbende kennen zusätzlich die Möglichkeiten der Sterbebegleitung nicht. Deshalb fordern wir:

  • Eine Ausweitung des Netzwerkes von Hospizen und Palliativstationen
  • Eine gesetzlich gewährleistete Kostenübernahme von Palliative-Care- und Hospizleistungen
  • Eine bundesweit vereinheitlichte Weiterbildung der Pfleger, die in der Palliative-Care und in der Hospizarbeit tätig sind
  • Die Aufklärung jedes Sterbenden oder Schwerkranken über die Möglichkeiten der Sterbebegleitung durch den behandelnden Arzt sowie durch eine Informationskampagne.

Aufklärung über Selbstbestimmungsmöglichkeiten

Die JuLis fordern zusätzlich eine verstärkte Aufklärung über bereits bestehende Selbstbestimmungsmöglichkeiten am Lebensende durch Patientenverfügungen.


Passive und indirekte Sterbehilfe

Passive Sterbehilfe ist die Nichtaufnahme oder Einstellung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen. Indirekte Sterbehilfe bezeichnet eine schmerz- oder leidensmildernde Therapie, die unbeabsichtigt und unvermeidbar das Sterben beschleunigen kann. Beide Formen können den Leidensweg eines Patienten erleichtern und menschenwürdiger gestalten. Die Jungen Liberalen fordern, beide Wege der Sterbehilfe strafrechtlich zu erlauben, wenn sie im ausdrücklichen Einvernehmen mit dem Patienten, auch durch eine medizinische Patientenanwaltschaft ausgedrückt, und nach Möglichkeit mit dessen Angehörigen sowie nur bei Sterbenskranken vorgenommen werden.


Aktive Sterbehilfe

Aktive Sterbehilfe ist die gezielte Tötung eines sterbenskranken Menschen auf dessen ausdrückliches und ernsthaftes Verlangen. Wir, die Jungen Liberalen, erkennen die aktive Sterbehilfe als letzte Möglichkeit an, dem Wunsch eines schwer erkrankten Menschen nach dem Tod nachzukommen und seine Leidenszeit auf seinen Willen hin zu verkürzen. Doch um den offensichtlichen und bedenklichen Gefahren eines Missbrauchs vorzubeugen und auch um die vorhandenen ethischen Bedenken gegen die aktive Sterbehilfe zu widerlegen, fordern wir die Straffreiheit der aktiven Sterbehilfe, wenn folgende Punkte durch ein testendes Verfahren gewährleistet werden können:

  • Eine aktive Sterbehilfe darf nur dann ausgeführt werden, wenn es der ausdrückliche, eigene und unbeeinflusste Wille des Patienten ist und dieser nur aus dem Gedanken an den Patienten selbst, nicht an andere Probleme und Belastungen entstanden ist; die Voraussetzung dafür ist, dass der Patient während der Entscheidung bei vollem geistigem Bewusstsein ist.
  • Es muss sichergestellt werden, dass nur Sterbenskranke eine aktive Sterbehilfe empfangen;
  • Um nicht einem einzigen Menschen die Entscheidung und Verantwortung über die Durchführung aufzubürden, müssen mehrere fachkundige Ärzte gemeinsam und ohne Zweifel über sie entscheiden. Die Entscheidung muss im Nachhinein durch entsprechende Dokumente zweifelsfrei nachzuvollziehen sein, auch um die entscheidenden Ärzte zu entlasten
  • Die Patienten müssen in jedem Stadium der Entscheidung über andere Möglichkeiten, vor allem über Sterbebegleitung, unterrichtet und psychologisch betreut werden.

Wenn dies gewährleistet werden kann, sehen die Jungen Liberalen keinen Grund, der gegen dieses letzte Mittel eines selbstbestimmten Sterbens spricht. Andernfalls ist eine Straffreiheit der aktiven Sterbehilfe aufgrund der Gefahren eines Missbrauchs abzulehnen.

Änderung des Transplantationsgesetzes

Die Jungen Liberalen fordern eine Änderung des Transplantationsgesetzes (TPGs). Die momentan geltende erweiterte Zustimmungslösung zur Organspende soll in ein Erklärungsmodell mit Widerspruchsmöglichkeit geändert werden. Zukünftig soll jeder Bürger bei Beantragung seines Personalausweises (ab dem 16. Lebensjahr) verpflichtet sein, anzugeben, ob er nach seinem Tod als Organspender zur Verfügung stehen möchte oder nicht. Diese Erklärung kann sich auch auf einzelne Organe beziehen. Dem Betroffenen ist jederzeit die Möglichkeit gegeben, diese Entscheidung zu ändern. Eine Widerspruchsmöglichkeit Dritter besteht nicht. Diese Information wird nicht etwa auf dem Personalausweis vermerkt, sondern soll zentral erfasst werden und wird erst nach der Feststellung des Hirntodes zugänglich gemacht. Sämtliche anderen Paragraphen des TPGs bleiben unverändert. Bei der Ausgestaltung dieser Maßnahme muss insbesondere der Datenschutz berücksichtigt werden.

Mit der Änderung des TPGs einhergehen soll eine bundesweite Kampagne.

Demokratisierung der Tarifabschlüsse

Wer in der heutigen Zeit die Nachrichten verfolgt, erkennt, dass die Gewerkschaften mehr und mehr eine destruktive Rolle einnehmen. Ihre Lohnpolitik vernichtet Arbeitsplätze und ignoriert die Arbeitslosen, indem sie für die aktuelle wirtschaftliche Situation unverhältnismäßig hohe Lohnforderungen stellt. Diese Lohnpolitik verursacht Arbeitslosigkeit durch Rationalisierung unbezahlbar gewordener Arbeitsstellen und durch den Konkurs kleiner und mittlerer Unternehmen. Sie fordert und setzt Lohnsteigungen durch, die für viele Unternehmen nicht tragbar sind und deshalb durch Stellenabbau und Einsparungen kompensiert werden. Eine Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird auf diese Weise zunehmend unmöglich, da menschliche Arbeitskraft immer unbezahlbarer wird. Gleichzeitig steigt für diejenigen, deren Arbeitsplätze noch nicht rationalisiert wurden, die Belastung, da sie mit der Furcht, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, arbeiten müssen.

Für diese destruktive Lohnpolitik zeichnen Gewerkschaftsfunktionäre verantwortlich, die sich eines überlebten Flächentarifvertragsystems bedienen. So mag ein Lohnabschluss mit einer 3%igen Lohnsteigerung zwar für einen Konzern verkraftbar sein, die kleinen und mittleren Betriebe, die durch den Flächentarifvertrag denselben Bedingungen unterliegen, können bei einer solchen Lohnsteigerung jedoch vor erheblichen Problemen stehen. Zwar sind inzwischen eine vermehrte Verankerung von Öffnungsklauseln bei Tarifverträgen im Gespräch, jedoch wird hier ein alte deutsche Neigung erkennbar: Lieber eine Regel mit zwanzig Ausnahmen, als eine Regel, die einfach ist und alle Bereiche gleichermaßen abdeckt. Die Jungen Liberalen schlagen deshalb eine umfassende Reform und Demokratisierung des Tarifrechtes vor, wie sie im Folgenden umschrieben wird.

Ein neues Tarifrecht muss sich an zwei Grundprinzipien liberalen Selbstverständnisses orientieren: Subsidiarität und Demokratie. Die Flächentarifverträge müssen deshalb durch betriebsspezifische Tarifverträge ersetzt werden. Diese werden nicht zwischen Gewerkschaften und Spitzenverbänden der Arbeitgeber geschlossen, sondern zwischen der Belegschaft eines einzelnen Betriebes und der entsprechenden Betriebsleitung. Über die Zustimmung zum Tarifvertrag, sowie über einen eventuellen Streik entscheidet in Urabstimmung die Belegschaft des Betriebes allein, denn diese hat ein besseres Gespür für die aktuelle Situation des Betriebes und somit das rechte Augenmaß bei den Lohnforderungen. Es steht außer Zweifel, dass die Arbeitnehmer vor Ort eine volkswirtschaftlich gesündere Lohnpolitik verfolgen werden, denn sie werden eher eine geringere Lohnsteigerung akzeptieren, als einen möglichen Verlust ihres Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen. Die Gewerkschaften selbst sollen in dieser neuen Regelung eine beratende und finanzierende Rolle einnehmen. Sie werden so von destruktiven Funktionärsgremien in konstruktive und moderne Dienstleister umgewandelt und somit ihrer zugedachten Rolle, nämlich für das Wohl der Menschen zu arbeiten, eher gerecht. Die Jungen Liberalen bestreiten keinesfalls die Notwendig der Gewerkschaften und deren Existenzberechtigung.

Um zu verhindern, dass durch diese Neuregelung ein größerer Bürokratieaufwand entsteht, schlagen die Jungen Liberalen zudem die Abschaffung des Bundestarifregisters vor. Tarifverträge sollten lediglich einer notariellen Beglaubigung bedürfen. Eine weitergehende Kontrolle durch den Staat ist nicht von Nöten.

Forderungen zur Reform des Arbeitsmarktes


Situation

Die Arbeitslosenzahlen vom Januar 2002 bestätigen das bereits befürchtete Anwachsen der Arbeitslosen auf 4,28 Millionen. Wenn man bedenkt, dass sich Bundeskanzler Gerhard Schröder an diesen Zahlen messen lassen wollte, ist dies besonders erschreckend. Die amtierende Regierung hat systematisch Weichenstellungen vorgenommen, die zur Vernichtung von Arbeitsplätzen geführt haben. Existierende Missstände hingegen wurden mit ruhiger Hand hingenommen.

Hinzu kommt, dass der Skandal um geschönte Vermittlungsstatistiken der Arbeitsämter vermuten lässt, dass das wahre Ausmaß der Misere gar nicht offenbar wird, sondern dass die vorliegenden Zahlen eher noch günstiger als die Realität ausfallen.

Ein neu geschaffenes Gesetz gegen Kettenarbeitsverträge verhindert, daß ein Bewerber auf eine befristete Stelle eingestellt werden kann, wenn er z.B. zuvor schon einmal ein bezahltes Praktikum bei der selben Firma absolviert hat. Solche Regelungen schaffen Ungerechtigkeit und sind eine unnötige bürokratische Hürde.

Die bestehenden Flächentarifverträge erschweren die Anpassung der Unternehmen an geänderte Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsumstände. Sie verhindern Maßnahmen zur kurzfristigen Erhaltung von Arbeitsplätzen und beschädigen in ihrer bestehenden Form die Attraktivität des Standortes Deutschland.

Auch im Handwerk wurde kein Anreiz zur Schaffung neuer Arbeitsplätze gesetzt. Experten schätzen, dass schon bei einer Lockerung der Handwerksordnung 500 000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Momentan liegt die Gründerquote im Handwerk bei 5%, in anderen Wirtschaftszweigen hingegen bei 11%.

Die Verwaltung von Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe verbraucht jährlich etwa 3,6 Milliarden Euro, eine Zusammenlegung dieser Leistungen könnte deutliche Einsparungen bringen. Dies hätte auch Vorteile für den Hilfeempfänger, der sich dann nur noch an ein Amt wenden müsste. Diese Maßnahme zieht, da die Arbeitslosenhilfe vom Bund und die Sozialhilfe von den Kommunen bezahlt wird, einen Finanzausgleich zwischen den beiden Trägern nach sich. Die neu geschaffene einheitliche Anlaufstelle für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger würde außerdem ermöglichen, alle Angebote, wie Beratung, Unterstützung bei der Arbeitssuche, psychologische Betreuung und Weiterbildungsmaßnahmen unter einem Dach stattfinden zu lassen.

Die staatliche Arbeitsvermittlung hat sich als ineffektiv, unflexibel und zu teuer erwiesen. Nötige Anstrengungen zur Arbeitsvermittlung wurden nicht unternommen, viele neu geschaffene Berufsbilder sind den staatlichen Arbeitsvermittlern nicht bekannt. Private Vermittler mussten erst nach sechsmonatiger erfolgloser Vermittlung eingeschaltet werden.


Schlussfolgerungen

Um den geschilderten Missständen entgegen zu wirken fordern die Jungen Liberalen Baden- Württemberg nun endlich tiefgreifende Reformen, die der Wirtschaft Impulse geben neue Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Reformen müssen an mehreren Hebeln ansetzen um erfolgreich zu sein.

Neuordnung der sozialen Sicherungssysteme
Abschaffung gesetzgeberischer Barrieren
Attraktivitätssteigerung des Standortes Deutschland
Neuregelung des Niedriglohnsektors
Initiative zu neuen Wegen in der Arbeitsvermittlung
Schaffung von Anreizen für Erwerbslose zur Aufnahme einer Beschäftigung


Forderungen

Folgende Forderungen sollen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze umgesetzt werden:

Geringfügige Beschäftigungen:

Um geringfügig Beschäftigten wieder die Möglichkeit zu geben, einen angemessenen Anteil, ihres Verdienstes zu behalten, sollte die Schwelle, von der ab die volle Steuer- und Abgabenpflicht einsetzt, von 325 auf 630 Euro erhöht werden. Wie früher bereits praktiziert soll für diese Art der Beschäftigung wieder die Pauschalbesteuerung in Höhe des Eingangssatzes der Einkommenssteuer gelten, die Sozialversicherungspflicht ist abzuschaffen. Volle Sozialabgaben soll nur der bezahlen, dessen Verdienst oberhalb des steuerlich anerkannten Existenzminimums liegt. Mit der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (630 DM-Jobs) zum 1. April 1999, die die volle Versicherungs- und Steuerpflicht (volle Beiträge zur Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung) für die Beschäftigten, sowie vom Arbeitgeber zu tragende Sozialversicherungsbeiträge von 22 % vorsah, sind viele Arbeitsverhältnisse vernichtet oder in die Schwarzarbeit verlagert worden, eine Umwandlung in Vollzeitstellen fand jedoch nicht statt.

Betriebsverfassungsgesetz:

Zusätzliche Belastungen für die Betriebe sind mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes geschaffen worden. So werden Betriebe mit über 200 Mitarbeitern gezwungen einen Betriebsrat von der Arbeit freizustellen. Früher war das erst ab 300 Beschäftigten vorgesehen. Solche Regelungen belasten gerade mittelständische Unternehmen und verhindern das Entstehen neuer Arbeitsplätze. Die Jungen Liberalen fordern die frühere Grenze von 300 Beschäftigten für einen freigestellten Betriebsrat wieder einzuführen.

Gesetz gegen Kettenarbeitsverträge:

Um Teilzeitstellen zu fördern und Kettenarbeitsverträge zu verhindern wurde ein Gesetz geschaffen, das verbietet, dass ein Beschäftigter mehr als ein mal in seinem Leben vom gleichen Arbeitgeber befristet angestellt werden darf. Was zum Schutz von Arbeitnehmern gedacht ist, verursacht teilweise absurde Probleme. Wir fordern diese Richtlinien so zu lockern, dass sie nicht zur unnötigen bürokratischen Hürde bei der Besetzung von Stellen werden.

Befristete Arbeitsverhältnisse

Die maximale Dauer befristeter Arbeitsverhältnisse für neu gegründete Unternehmen und ältere Arbeitnehmer ist deutlich zu erhöhen.

Kündigungsschutz:

Der Kündigungsschutz in Kleinbetrieben ist weiter zu lockern. Die Anwendungsschwelle des Kündigungsschutzgesetzes ist auf Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern zu erhöhen. Unter der Regierung Kohl galt eine Grenze von 10 Beschäftigten. Die augenblickliche Regierung senkte die Schwelle auf 5 ab. Dies hat zur Folge, dass viele Arbeitgeber die Einstellung weiterer Beschäftigter scheuen, um nicht unter dieses Gesetz zu fallen.

Steuerreform:

Wir fordern eine steuerliche Entlastung vor allem der kleinen und mittelständischen Unternehmen. So werden diejenigen entlastet, die ein großes Potential zur Schaffung neuer Arbeitsplätze haben und schon heute über 80% der Ausbildungs- und zwei Drittel der Arbeitsplätze stellen.

Meisterzwang:

Die Jungen Liberalen fordern den Meisterzwang als Voraussetzung zur Ausübung eines Gewerbes abzuschaffen. Dies würde Anreize zur Gründung neuer Betriebe setzen und somit Arbeitsplätze schaffen.

Anreize für Sozialhilfeempfänger:

Empfänger von Sozialhilfe müssen verstärkt Anreize erhalten, wieder eine geregelte Beschäftigung aufzunehmen. Sozialhilfeempfänger, die sich etwas dazu verdienen wollen, müssen wirtschaftlich deutlich besser gestellt werden, als solche, die dies nicht tun. Die Jungen Liberalen Baden- Württemberg fordern, dass Sozialhilfeempfänger mindestens die Hälfte ihres zusätzlichen Verdienstes behalten dürfen. Dafür sind die Freibeträge zu erhöhen, zudem müssen die Anrechnungssätze langsamer ansteigen. Diese Maßnahme ist als Motivationshilfe für den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt geplant, sie muss daher zeitlich befristet sein.

Sanktionen bei Ablehnung zumutbarer Beschäftigung:

Grundsätzlich muss von jedem Sozialhilfeempfänger gefordert werden, dass er bereit ist, eine Beschäftigung anzunehmen. Diese Ansicht wurde bisher nur selten tatsächlich umgesetzt. Schon jetzt kann dem Sozialhilfeempfänger der Leistungsanspruch um 25% gekürzt werden, wenn er zumutbare Arbeit nicht annimmt, bei weiteren Verstößen kann der Anspruch ganz entfallen. Die Jungen Liberalen Baden- Württemberg fordern, die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten häufiger einzusetzen.

Zusammenfassung von Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe:

Die Jungen Liberalen Baden- Württemberg fordern die Zusammenfassung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einer einheitlichen Leistung Die entstehende Behörde soll zur zentralen Anlaufstelle für Arbeitssuchende werden. Langfristiges Ziel liberaler Sozialpolitik bleibt das Bürgergeld, das die verschiedenen Sozialleistungen zu einer Pauschale zusammenfasst und als Negativsteuer mit dem Eigenverdienst verrechnet wird.

Flächentarifverträge:

Die Jungen Liberalen fordern die Tarifparteien auf, mehr Möglichkeiten für Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene zu schaffen. Wenn Gehälter und Arbeitszeiten durch Betriebsvereinbarungen festgelegt werden, kann die Situation des einzelnen Betriebs besser berücksichtigt werden, als bei Flächentarifverträgen für ganze Wirtschaftszweige. Dies kann gerade in Notlagen helfen, Betriebe und damit Arbeitsplätze zu retten.

Arbeitsvermittlung:

Die Arbeitsvermittlung soll weitestgehend privatisiert werden. Die staatliche Arbeitsvermittlung soll sich auf schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose konzentrieren. Die Überwachung der privaten Arbeitsvermittler darf nicht länger Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit sein.