Nicht wissen, wer der Kanzler ist und was er macht?

Wir Jungen Liberalen sind der Überzeugung, dass alle Schülerinnen und Schüler nach der Schulzeit ein vertieftes Verständnis über die Funktionsweise unseres Staates, seiner Organe und der weltpolitischen Aktualität benötigen. In Zeiten von täglichen, politisch vielseitigen und hochkomplexen Ereignissen sehen wir eine Stärkung der politischen Bildung an allen Schularten für unvermeidbar. Wenn das Wahlalter für Kommunalwahlen und Landtagswahlen bei 16 liegt, muss in puncto politischer Bildung an Schulen enorm nachgesteuert werden.

Daher fordern die Jungen Liberalen:

 – Eine Verdopplung der Kontingentstunden von Gemeinschaftskunde an allen Schularten, zudem soll Gemeinschaftskunde bereits ab Klasse 7 unterrichtet werden

 – Eine Verdopplung der Kontingentstunden von Gemeinschaftskunde an allen Schularten, zudem soll Gemeinschaftskunde bereits ab Klasse 7 unterrichtet werden

 

 – Die Möglichkeit zwei Gesellschaftswissenschaften als Leistungskurs in der gymnasialen Oberstufe zu wählen

 – Die Möglichkeit eine Gesellschaftswissenschaft in Kombination mit Sport, bildender Kunst oder Musik jeweils als Leistungskurs zu wählen.

 – Eine stetige Fortbildung von Lehrkräften, welche Gesellschaftswissenschaften unterrichten, um auf aktuelle Zusammenhänge methodisch eingehen zu können.

 – Die Abschaffung des Kombinationsfachs “Gemeinschaftskunde + Erdkunde” in der gymnasialen Oberstufe.

– Die unbürokratische Förderung von Planspielen, die sich mit Themen des Fachs Gemeinschaftskunde befassen, durch Geld, jedoch viel mehr durch ideelle Vorarbeit der Regierungspräsidien.

Wir erreichen unsere Bildungsziele auch ohne Bundesjugendspiele

Die Jungen Liberalen setzen sich aktiv, vor allem gegenüber dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, für eine Liberalisierung der Bundesjugendspiele ein. Damit meinen wir die Abschaffung der Verbindlichkeit zur Ausrichtung und Teilnahme an den jährlichen Bundesjugendspielen an Schulen in Baden-Württemberg.

Natürlich erkennen wir die Wichtigkeit von Bewegung und Sport im jungen Alter an, doch die Verwaltungshoheit zur Organisation von Sportveranstaltungen sollte bei den Schulen liegen. Schulen sollten in Zukunft selbst entscheiden dürfen, ob und in welchem Rahmen sie die Bundesjugendspiele durchführen. Des Weiteren dürfen die Bundesjugendspiele, sollten sie noch an einer Schule durchgeführt werden, in keinem Falle als Grundlage einer Benotung dienen.

Begründung

Wir halten den KMK-Beschluss aus dem Jahr 1979 für veraltet, da dieser nicht die heutige Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler abbildet. Wir müssen heutzutage stärker auf die Förderung des einzelnen Individuums und seinen Fähigkeiten achten, anstatt ganze Jahrgänge kollektiv in einen Wettkampf mit vom Bund gesetzten Maßstäben zu schicken.

Die unterschiedlichen Talente und Erfahrungen von Schülerinnen und Schülern werden bei den Bundesjugendspielen außer Acht gelassen. Zum Beispiel wird eine Schülerin, die ihr ganzes Leben im Fechtverein verbracht hat, nie so gut abschneiden wie ihr Mitschüler, der seit Jahren Weitwurf trainiert, obwohl beide die gleiche Passion für den jeweiligen Sport verspüren und gleich engagiert trainieren. Uns ist bewusst, dass sich heute schon einzelne Schulen ohne Konsequenzen gegen den KMK-Beschluss und damit gegen die Ausrichtung von Bundesjugendspielen entscheiden, jedoch wollen wir für unsere Schulen Planungs- und Rechtssicherheit schaffen. Darüber hinaus würde eine Liberalisierung der Bundesjugendspiele der negativen Einstellung von Schülerinnen und Schülern gegenüber des eigentlich gut gemeinten Wettbewerbs entgegenwirken. Dem Subsidiaritätsprinzip folgend liegt es nahe, die Verwaltungshoheit zur Organisation von Sportveranstaltungen den Schulen zu übertragen, um für alle ein positives und sinnstiftendes Erlebnis zu schaffen.

Den Lehrermangel in die Mangel nehmen!

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern die baden-württembergische Landesregierung auf, den Lehrkräftemangel durch wirksame und mit der Berufsrealität der Lehrer verträgliche Maßnahmen zu bekämpfen.

Attraktive Arbeitsbedingungen

Eine langfristige Entschärfung des Lehrermangels kann nur dann erfolgen, wenn der Beruf für junge Menschen ansprechend bleibt.

Wir fordern:

 – keine Erhöhung der Unterrichtsstundenanzahl von Lehrern und Referendaren oder Einschränkung der Teilzeitarbeitsregelungen, stattdessen wollen wir wirkliche Anreize zur freiwilligen Mehrarbeit leisten, beispielsweise die Ermöglichung eines früheren Eintritts in die Pension ohne oder mit geminderten Abschlägen

 – den gleichen Klassenteiler für alle Schularten und eine langfristige Herabsenkung desselben auf 28

 – Schaffung von Ruhezonen, deutlich mehr Einzelarbeitsplätze und Räumen für Lehrkräfte

 – eine Empfehlung für bestehende Schulen und Verpflichtung bei Neubauten, mindestens der Hälfte der Belegschaft einen eigenen Arbeitsplatz zuweisen zu können

 – verstärkte Einbindung von Supervision in die Bildung und Ausbildung von Lehrern sowie die Berufspraxis

– Die Reduzierung des NC bei MINT Lehramtstudiengängen (ausgenommen Physik da es i.d.R. um einen NC freien Studiengang handelt)

Mehr Entlastungen durch mehr Einstellungen

Wir wollen die derzeit arbeitenden Lehrkräfte und Referendare durch die Einstellung von mehr Personal an den Schulen entlasten.

Deswegen fordern wir:

 – eine verstärkte Einstellung von Assistenzlehrkräften, die den Lehrern Aufgaben wie z.B. die Stundenplanerstellung oder die Organisation von Klassenfahrten abnehmen können

 – eine signifikante Erhöhung von Stellen für Schulpsychologen und -pädagogen sowie IT-Personal und pädagogischen Hilfskräften

 – die schnellstmögliche Eingruppierung von Grund- und Hauptschullehrkräften in die Besoldungsgruppe A13

 – eine Erweiterung der Plätze für das Grundschullehramt und finanzielle Förderung der Pädagogischen Hochschulen zur Einstellung der daraus resultierend notwendigen Dozenten

 – eine zeitweise Öffnung der Grundschulen für einen Seiteneinstieg insbesondere aus dem pädagogischen Bereich mit Zusatzqualifikation und ggf. Referendariat

 – dass zeitweise verstärkt Quer- und Seiteneinsteiger für alle Schularten angeworben werden

 – dass auch Studierende als Vertretungs- und Assistenzkräfte geringfügig angestellt werden können

 – die schnellere Anerkennung internationaler Abschlüsse, die für den Lehrerberuf qualifizieren

Wertschätzung beginnt schon in der Lehrerausbildung

Deshalb fordern wir:

 – eine Vergütung sämtlicher Pflichtpraktika während des Bachelor- und Masterstudiums in allen Lehramtsstudiengängen nach Mindestlohn

 – eine Begleitung des Orientierungspraktikums durch ein von der Hochschule im entsprechenden Zeitraum angebotenes Begleitseminar

 – Flächendeckender Ausbau und Förderung der Möglichkeit zum Langzeitpraktikum wie der „Lehr:werkstatt“ als Alternative zum Orientierungspraktikum

 – eine Erhöhung der Anwärterbezüge für Referendare

 – eine Entlohnung und Anstellung der Referendare über die Sommerferien hinweg

Zudem fordern wir eine Neubewertung der Praxisphase innerhalb der Lehramtsstudiengänge hinsichtlich des Umfangs und der Länge zugunsten einer praxisorientierten Ausrichtung.

Dieser Beschluss hat eine Gültigkeit von 5 Jahren.

Beste Bildungschancen für alle- Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 einführen!

Wir Junge Liberale Baden-Württemberg stehen für ein Bildungssystem, dass die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt stellt. Daher ist es uns wichtig, dass es für jeden Schüler die richtige Schulform gibt, um optimale Bildungschancen ermöglichen zu können. Dazu gehört für uns auch, dass ein paralleles Angebot der zwei Oberstufenmodelle G8 und G9 in Baden-Württemberg geben muss.

Konkret fordern wir Junge Liberale Baden-Württemberg:

 1. Jeder Schüler und jede Schülerin soll die Möglichkeit haben, frei zwischen G8 und
 G9 wählen zu können , um den für sich individuell besten Bildungsweg beschreiten zu
 können.

 2. Wir Junge Liberale stehen für Schulautonomie, deshalb sollte jede Schule selbst
 entscheiden können, ob Sie G8 oder G9 anbieten möchte. Gleichzeitig soll dadurch
 sichergestellt werden, dass Schulen durch den ständigen Wechsel von G8 zu G9 oder
 zurück nicht mehr Spielball der Politik sind. Zudem muss gerade in ländlichen
 Regionen sichergestellt werden, dass eine Wahlfreiheit wirklich gegeben ist, daher
 sollten Gymnasien auch die Möglichkeit bekommen, G8 und G9 parallel anzubieten.

 3. Mittel- bis langfristig streben wir Junge Liberale die qualitative Aufstellung
 beider Systeme parallel zueinander an. Dies bedeutet auch, dass der G8 Lehrplan nicht
 einfach auf G9 übertragen wird, sondern eine Anpassung stattfinden muss. Dabei muss
 sichergestellt werden, dass sowohl das Abitur nach acht Jahren, als auch das Abitur
 nach neun Jahren die gleiche Wertigkeit besitzen. Daher sollen bei G9 hauptsächlich
 die Lehrpläne in der Unter- und Mittelstufe im Vergleich zu G8 entzerrt werden und
 angemessen bis zur 11. Klasse neu verteilt werden.

 4. Realschülern und Schülern an Gemeinschaftsschulen soll die Möglichkeit geschaffen
 werden, direkt nach der zehnten Klasse in die elfte Klasse eines G9 Gymnasiums
 wechseln zu können, um die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu stärken.

Begründung

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die alleinige Fokussierung auf G8 keine positiven Auswirkungen auf die Bildungsqualität gebracht, sondern sogar Gegenteilige Effekte erzielt. Schülerinnen und Schüler haben in Schulen mit G8 schlechtere Fremdsprachenkenntnisse, fühlen sich mehr belastet und wiederholen tendenziell öfter eine Klasse. Dies zeigt, dass G8 nicht für jeden Schüler die optimale Lösung für die gymnasiale Oberstufe darstellt und die Wahlfreiheit zwischen beiden Systemen die Bildungschancen für viele Schülerinnen und Schüler verbessern kann. Zudem haben Bundesländer wie Hessen haben bereits schon mit der Wahlfreiheit gute Erfahrungen gemacht.

Auf in die Zukunft – Smart Cities erreichen

Die fortschreitende Entwicklung in der Digitalisierung macht die digitale Infrastruktur vor Ort zu einem wichtigen Faktor für die Qualität eines Wirtschaftsstandorts. Eine aktive Internet of Things (IoT) Plattform stellt dafür einen essentiellen Bestandteil dar. Diese ermöglicht es Privatpersonen und Gewerbe Informationen abzurufen und bereitzustellen, um Akteure effektiver miteinander zu vernetzen.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg setzen sich für die Schaffung einer standardisierten kommunalen IoT-Schnittstelle ein. Eine ausreichende Verschlüsselung, Anonymisierung und Pseudonymisierung und Sicherung der Daten unter hohen Sicherheitsstands muss zu jedem Zeitpunkt gegeben sein. Die Gesetze und Förderprogramme sollen von den zuständigen Stellen dem Land oder der Kommune geschaffen werden. 

Energy Monitoring

Es soll eine Datenplattform zur Visualisierung von wichtigen Kennzahlen zum Energieverbrauch erstellt werden. Dazu werden Sensoren an entsprechenden Gebäuden angebracht. Zunächst sollen vor allem öffentliche Gebäude (Schulen, Kitas, Verwaltungsgebäude) ausgestattet werden. Privatpersonen und Gewerbe können sich der Plattform auf freiwilliger Basis anschließen.

Die Verbrauchsprofile vor und nach Sanierungen sollen festgehalten und in eine nationale Datenbank eingebunden werden. Auf diese Weise kann die Wirtschaftlichkeit und der Mehrwert von Sanierungsmaßnahmen besser beurteilt werden.

Mobilität

Die bereits bestehende Infrastruktur an Verkehrskameras und Sensoren zur Erkennung des Verkehrsflusses sollen in eine zentrale Plattform integriert werden. Via API soll es Drittanbietern möglich sein, anonymisierte Daten zum Verkehrsfluss abzurufen und diese zu integrieren. Kommunen sollen auf die Datenbank zugreifen können, um über Verkehrssimulationen integrierte Konzepte besser planen zu können.

Die Fahrzeuge des ÖPNV sollen mit Ortungssensoren ausgestattet werden, welche über eine standardisierte Schnittstelle in Drittanbieter-Applikationen integriert werden können.

Kommunale Informationsdatenbank

Die Sensorik von Kommunen soll weiter ausgebaut werden. So soll die Verwaltung von Füllständen, Gebäuden, Pegeln und Parkräumen digitalisiert und in eine kommunale Plattform integriert werden. Die Messung von Umweltdaten, wie etwa Temperatur, Wind, Luftfeuchtigkeit, Wetter sowie Luft- und Wasserqualität soll ebenfalls erfolgen. Öffentliche Daten sollen in einer App für Bürger einsehbar sein. Die Software für diese App soll vom Land gestellt werden, während die Kommunen diese mit Daten versorgen. So wird sichergestellt, dass eine Standardisierung der Daten gewährleistet ist.

Die Kommunen sollen diese Daten als Grundlage für die Gestaltung der Innenstädte nutzen. So kann die Vernetzung dieser Daten die Grundlage für ein Hitzeschutzkonzept, intelligente Verkehrsführung oder den Bau oder Abriss von Gebäuden bilden.

Die finanziellen Mittel hierfür werden nach dem Konnexitätsprinzip von der gesetzgebenden Ebene zur Verfügung gestellt.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf zehn Jahre beschränkt.

Lebenslanges Lernen statt lebenslanger Sperre

Prüfungen und Abschlussprüfungen begegnen uns in verschiedenen Stationen eines Bildungsweges. In der Schule, in der Ausbildung oder im Studium. Bei uns Jungen Liberalen herrscht Einigkeit darüber, dass nicht immer alles glatt laufen kann und Prüfungen manchmal nicht auf Anhieb bestanden werden. Das sehen auch Satzungen und Prüfungsordnungen so, solange es sich um einen ersten Wiederholungsversuch handelt. Ein weiterer Wiederholungsversuch ist dann oftmals schon nur in begründeten Ausnahmefällen möglich. Ist ein Drittversuch nicht bestanden, bleibt Betroffenen schließlich eine Umorientierung oder das Ablegen einer adäquaten Prüfung im Ausland. Diese Möglichkeit haben allerdings nicht alle.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern daher:

 – Fehlversuche bei Abschlussprüfungen für Schulabschlüsse drei Jahre nach dem
 ausschließenden Fehlversuch zu streichen und Prüfungssperren aufzuheben. Außerdem die
 sofortige Aufhebung von Prüfungssperren nach Abschluss einer Berufsausbildung.

 – Fehlversuche bei Abschlussprüfungen für Berufsausbildungen drei Jahre nach dem
 ausschließenden Fehlversuch zu streichen und Prüfungssperren aufzuheben. Zusätzlich
 sollen Prüfungssperren sofort aufgehoben werden, wenn nach der Sperrung eine andere
 Berufsausbildung abgeschlossen oder ein Hochschulabschluss erworben wurde.

 – Aufhebung von Prüfungssperren für Hochschulabschlüsse drei Jahren nach dem
 ausschließenden Fehlversuch. Zudem sollen Prüfungssperren umgehend aufgehoben werden,
 wenn nach dem Verlust des Prüfungsanspruchs eine Berufsausbildung abgeschlossen oder
 ein anderer Hochschulabschluss erworben wurde.

Außerdem sollen Prüfungssperren an Universitäten ein Studium im ähnlichen Bereich an Fachhochschulen oder Dualen Hochschulen nicht verhindern.

Die Gültigkeit des Beschlusses ist auf 10 Jahre beschränkt.

Begründung

Einen Prüfungsanspruch, vermutlich in jungen Jahren, endgültig zu verlieren und damit ein Leben lang deutschlandweit für denselben und ggf. ähnliche Studiengänge oder Ausbildungen gesperrt zu werden, ist eine Einschränkung der individuellen Entfaltungsmöglichkeit, die der Idee vom lebenslangen Lernen widerspricht. Während beispielsweise bisherige Wiederholungsmöglichkeiten von Studiengängen im Ausland nur denjenigen zugute kommen, die auch mobil sind, eröffnet die allgemeine Wiederholungsmöglichkeit nach Ablauf von drei Jahren Chancen für alle. Immerhin verlassen im Jahr 2022 noch 5,9% der Jugendlichen die Schule, ohne zumindest den ersten Abschluss erreicht zu haben. In der Gesamtbevölkerung haben 4,2% keinen Schulabschluss und 17,9% keinen berufsqualifizierenden Bildungsabschluss.

Drei Jahre nach ausschließendem Prüfungsversuch wurde vermutlich ein anderer Bildungsweg eingeschlagen, bestenfalls bereits eine andere Ausbildung abgeschlossen. Wer einen zweiten Bildungsweg gehen möchte, darf nicht mehr an einer überholten Situation gehindert werden.

Ist der DAX nicht das kleine Tierchen?

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern die Erweiterung des Wirtschaftsunterrichts in Schulen um den Bereich finanzieller Bildung. Die Integration von Lerninhalten, die die finanzielle Bildung fördert, soll vorhandene inhaltliche Lücken füllen und kann folgende thematische Bereiche umfassen:

 – Verständnis von Geld und Währung,

 – Grundlagen der Steuerpflicht und -berechnung,

 – Arten von Versicherungen und deren Bedeutung

 – Budgetierung und Sparstrategien,

 – Investitionen und Risikomanagement,

 – Kreditaufnahme und Schuldenmanagement,

 – Erstellung einer Steuererklärung,

 – Vergleich von Bankprodukten wie Konten, Kreditkarten und Kredite

 – Verständnis für Aktien, Anleihen und andere Kapitalanlagen,

 – Verhandlungsstrategien, Vertragsrecht, Mietverträge

 – Einführung in das Konzept von Finanzmärkten und Handel mit Wertpapieren,

 – Finanzielle Bildung für spezielle Lebenssituationen wie Ehe, Familie und
 Rentenplanung.

Die Inhalte sollen verpflichtend sowie landesweit im Lehrplan umgesetzt werden, soweit jene noch nicht vorhanden sind und an die Dauer der entsprechenden Schulart angepasst werden.

Die Erweiterung des Unterrichts sollte einem sozioökonomischen Ansatz folgen, bei dem wirtschaftliche Belange in den gesamtgesellschaftlichen Kontext eingebettet sind. Die hinzugewonnene Komponente an finanziellem Wissen würde daher nicht nur den Schülerinnen und Schülern direkt helfen, sondern auch langfristig positive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. 

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf 10 Jahre beschränkt.

Begründung

Die Schulen in Deutschland haben eine wichtige Rolle in der Vorbereitung junger Menschen auf ihre berufliche Zukunft. Um den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt gerecht zu werden und den Schülerinnen und Schülern die bestmöglichen Voraussetzungen für ihre Karriere zu bieten, muss die Bildungsreform in diesem Bereich angegangen werden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Förderung der finanziellen Bildung und Kenntnisse im Bereich Steuern und Vertragsmanagement.

Eine Umfrage unter Jugendlichen hat gezeigt, dass knapp 92 Prozent ein Fach Finanzen an ihrer Schule wünschen. Dieser Wunsch muss im aktuellen Lehrplan abgebildet werden. Eine Integration von praktisch orientierten Finanzthemen in den Wirtschaftsunterricht würde nicht nur den Schülerinnen und Schülern helfen, ihre finanzielle Zukunft besser planen zu können, sondern auch dazu beitragen, die allgemeine finanzielle Bildung in der Bevölkerung zu verbessern.

Studien haben gezeigt, dass eine frühzeitige Auseinandersetzung mit Finanzen und Steuern dazu beiträgt, dass Menschen später weniger Schulden machen und besser mit ihrem Geld umgehen können. Dies ist insbesondere für junge Menschen von großer Bedeutung, die oft erst am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen und noch keine umfangreiche Erfahrung in diesem Bereich haben.

Kuscheln für Bildung

Unsere Hochschulen sind Orte des Wissens, der Bildung und der Reflektion. Sie bilden die Grundlage für Wissenschaft, Forschung und technologischen Fortschritt. Als Bildungseinrichtung sind sie eine essentielle Plattform für die Gesellschaft von morgen. Die durch die Corona-Pandemie bedingte Schließung der Hochschulen hat nicht nur all diese Faktoren, sondern auch insbesondere die Entwicklung und das alltägliche Leben vieler Studentinnen und Studenten in den vergangenen zweieinhalb Jahren stark beeinträchtigt. Somit sollte die Schließung der Hochschulen eine Ausnahme gewesen sein und nicht zur Gewohnheit bzw. zur „neuen Normalität“ werden.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern, dass Bildungseinrichtungen intelligente Konzepte erstellen, die Bildung trotz der aktuellen Energie- und Coronakrise weiterhin zu gewährleisten. Als gesellschaftsrelevante Einrichtungen sind Hochschulen in der Energiekrise möglichst lange, für notwendige Präsenzbildungsangebote offen zu halten. Möglichst früh sollten Onlinekonzepte und -angebote vorbereitet werden, um hybride Angebote anzubieten und im Ernstfall in die Fernlehre umzusteigen.

Der Antrag ist auf 2 Jahre begrenzt.

Jetzt sind wir dran – Mehr Fokus auf die Pandemiefolgen für Kinder und Jugendliche

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg mögen beschließen:

Der Jugend wieder eine positive Perspektive geben 

Die Folgen des durch die Pandemie bedingten, monatelangen Lockdowns belasten die junge Generation nachhaltig. Er war geprägt durch Distanzunterricht, fehlende Freizeitangebote, ausgefallene Praktika oder Auslandssemester, Kurzarbeit, soziale Isolation und Unsicherheit aufgrund schlechter politischer Kommunikation. Der Lockdown wirkte wie ein Brandbeschleuniger für gesellschaftlich und auch politisch bereits existierende Probleme. Die mittel- und langfristigen Auswirkungen sind vielseitig und umfangreich. Sie müssen erkannt und benannt werden, um Ausgleichsmöglichkeiten zu schaffen und um uns, der jungen Generation, wieder Mut und Optimismus für neue Zukunftsperspektiven zu bieten.

Öffnungen priorisiert für junge Menschen 

Wir fordern die Priorisierung der jungen Generation bei sämtlichen Öffnungsschritten. Über ihre Bedürfnisse wurde lang genug hinweg gesehen.

Das bedeutet:

  • Das schrittweise Auslaufen der Test- und Maskenpflicht an Schulen und Universitäten, bei einem temporär weiterhin fortbestehenden, wöchentlichen Angebot eines Selbsttests, für den Schulen ein Zertifikat ausstellen.
  • Grundsätzlich keine 2G Nachweispflicht für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Sollte zukünftig weiterhin 2G gefordert werden, muss für Minderjährige ein Testzertifikat in Verbindung mit einem Altersnachweis als äquivalent akzeptiert werden.
  • Das Festhalten an der Präsenzlehre. Homeschooling und Online-Vorlesungen sollten ein hilfreiches Zusatzangebot, aber kein Ersatz für physische Zusammenkunft sein.
  • Das Ende von Kontaktbeschränkungen bei privaten Treffen auch für Ungeimpfte, sofern keine akute Überlastung des Gesundheitswesens droht.
  • Fortlaufende Beschränkungen von Großveranstaltungen vollständig zu beenden, sobald eine Überlastung des Gesundheitswesens ausgeschlossen werden kann.

Lernrückstände erfassen und individuell kompensieren 

Homeschooling funktioniert an den Stellen, wo eigene und funktionsfähige IT-Infrastruktur vorausgesetzt ist, in den Familien, in denen ein gebildetes Elternhaus mit ausreichend finanziellen Mitteln unterstützen und Versäumnisse ausgleichen kann. In vielen bereits benachteiligten Familien ist ein funktionierendes Homeschooling nicht leistbar. Schüler und Studierende sind nicht selten ohne eigene Endgeräte oder eine Internetverbindung auf sich allein gestellt und verpassen Lerninhalte, wodurch letztlich die soziale Ungleichheit erhöht und die Bildungsschere in Deutschland geöffnet wird.

Um dem entgegenzuwirken, fordern wir:

  • Den Ausbau von Schul- und klassenübergreifender Lernstandsdiagnostik, die genau erhebt, auf welchem Kompetenzstandard Schüler in zentralen Teilbereichen schulischer Bildung stehen. Diese soll nach dem “Response to Intervention” Modell, wie es zum Beispiel in Kanada, Australien und Finnland angewandt wird, professionalisiert werden.
  • Bestehende Förder- und Zusatzprogramme zu evaluieren und bedarfsgerecht auszubauen, um Schülern die Möglichkeit zu geben, an Lernrückständen zu arbeiten. Um soziale Teilhabe zu ermöglichen, müssen alle Familien im Sozialhilfebezug unentgeltlich an diesen Förderangeboten teilnehmen können.
  • Die Anpassung des Lehrplans für die von der Pandemie betroffenen Schulklassen durch eine Evaluation der verpassten Lehrinhalte und die komprimierte Einbindung dieser im nächsten Schuljahr.
  • Eine obligatorische Fortbildung von Lehrkräften hinsichtlich der Anwendung digitaler Geräte, der Organisation von Lernen auf Distanz, den Fragen, wie eine Beziehung zu den Schülern auch in digitalen Zeiten gehalten werden und was getan werden kann, um an den Lernrückständen und Entwicklungsdefiziten zu arbeiten.
  • Ein bundesweites Lern-Buddy-Programm zwischen den Ländern und den Schulträgern, in dem Lehramtstudierende Schüler unentegeltlich unterstützen, um die in der Corona-Pandemie entstandenen Lernrückstände aufzuholen. Die Studierenden sollen dafür entlohnt werden oder Leistungspunkte erhalten.

Mehr Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen für Schüler und Lehrer 

Wir beobachten eine weitreichende Zunahme an psychischen Belastungen und Erkrankungen, junge Menschen sind orientierungslos und werden von Zukunftsängsten entkräftet. Therapie- und Beratungsangebote reichen für eine angemessene Unterstützung nicht aus, Hilfesuchende warten monatelang auf einen Platz und Lehrkräfte versuchen auszugleichen, was fehlende Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter nicht leisten können.

Deshalb fordern wir:

  • Feste und hohe Mindeststandards für die Schulsozialarbeit, durch gut ausgebildete Fachkräfte, die eine abgeschlossene Hochschulausbildung für soziale Arbeit, Sozialpädagogik oder eine gleichwertige Ausbildung abgeschlossen haben sowie ein aktuelles Angebot an Fort- und Weiterbildungen. Die Länder sollen Schulträger dabei unterstützen, an jeder Schule geschützte und geeignete Räumlichkeiten für die Schulsozialarbeit zur Verfügung stellen zu können.
  • Eine Möglichkeit für Schülergespräche in jedem Schuljahr in enger Zusammenarbeit von Schulpsychologen, Lehrern und Schulsozialarbeitern, um psychische Erkrankungen schnellstmöglich erkennen und fachgerechte Unterstützung leisten zu können, sowie die Schülerinnen und Schüler bei Problemen im schulischen Umfeld zu unterstützen. Diese Möglichkeit soll an den Schulen offensiv beworben werden.
  • Bildungspolitische Initiativen zur Sensibilisierung für psychische Gesundheit und zur Vermittlung von Sozialkompetenz, beispielsweise über sektorübergreifende Projektwochen am Ende des Schuljahres.werden.

Neue Gelegenheiten für verpasste Chancen der persönlichen Entwicklung

Vor allem für Kinder und Jugendliche hat der fehlende Sozialkontakt, neben den geschwächten Gemeinschaften, häufig auch ein gestörtes Sozialverhalten sowie eine gebremste Persönlichkeitsentwicklung zur Folge, wodurch beispielsweise mangelnde Konfliktfähigkeit, Unselbstständigkeit, ausbleibendes Entscheidungsvermögen oder auch fehlendes Empathievermögen zu echten Hindernissen in der weiteren Lebensgestaltung werden können. Auch dem mit Online Schooling und sich verstetigendem Vereinsschwund einhergehenden Bewegungsmangel und der in vielen Fällen verminderten Fitness von Kindern und Jugendlichen muss entgegengewirkt werden.

Daher fordern wir:

  • Den Ausbau der Kooperationen Schule  – Verein und Kindergarten – Verein hin zu längeren Antragsfristen und zu kürzeren Wartezeiten der Vereine auf die Bezuschussung. Der Solidarpakt Sport IV der baden-württembergischen Landesregierung bietet die dafür notwendigen Mittel.
  • Die Wiederaufnahme der “Förderlinie Integration” in die Kooperation Schule-Verein des Landes Baden-Württemberg, um Kinder und Jugendliche bei ihrer schulischen Integration weiter zu unterstützen.
  • Die zusätzlichen Mittel des Bundes in die Kinder- und Jugendfreizeit aus dem Aktionsprogramm “Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche” in den Ländern zeitnah umzusetzen und unter anderem in günstige Ferien und Wochenendausflüge, pädagogisch betreute Spielplatzangebote, Sportplatz- und Bewegungsprogramme und internationalen Jugendaustausch zu investieren. Die Bedürfnisse junger Menschen sollen bei der Planung von Neubaugebieten in besonderem Maße berücksichtigt werden.

Neue Leitplanken für die Berufsorientierung

Weniger Angebote für Betriebspraktika, Berufsberatung an Schulen sowie Ausbildungsmessen durch den Lockdown erhöhen branchenübergreifend erneut die unbesetzten Plätze in der Berufsausbildung und verschlimmern damit langfristig den Fachkräftemangel in Deutschland. Junge Menschen brauchen jetzt zusätzliche Möglichkeiten, sich mit den eigenen beruflichen Interessen und Stärken sowie mit den Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt zu beschäftigen.

Daher fordern wir:

  • Ein freiwilliges, berufliches Orientierungsjahr, in dem Jugendliche in verschiedene Ausbildungsbetriebe hineinschnuppern können und ein Taschengeld wie bei einem Freiwilligendienst erhalten.
  • Aufstiegsscouts an weiterführenden Schulen in Kooperation mit Hochschulen, Kammern oder der Agentur für Arbeit. Sie unterstützen als Ansprechpersonen diejenigen Schüler, die sich über eine Ausbildung oder ein Studium informieren möchten und vermitteln den Kontakt zu Hochschulen und Betrieben.
  • Eine zusätzliche Möglichkeit und Förderung von Berufspraktika in und nach der Schulzeit. Insbesondere eine bessere Verfügbarkeit von Informationen und Kommunikation zwischen Unternehmen und Schulen, und Schulen und Schülern.
  • Die Schaffung eines Berufsnetzwerks “Ausbildungsbotschafter” im Rahmen eines neuen Ausbildungspakts.
  • Eine Förderung von Jugendlichen, die sich aktuell in einer Berufsausbildung befinden. Um Misserfolgsquoten aufgrund der langen Zeit des Lernens im Ausnahmezustand entgegenzuwirken, sollte die Prüfungsvorbereitung für die Auszubildenden unentgeltlich sein.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf 2 Jahre begrenzt. 

Expertise wächst nicht auf Bäumen – Ein liberales Konzept für starke Forschung im Ländle

Das Jahr 2020 hat auf eindrucksvolle Weise demonstriert, welch bedeutsame Rolle Spitzenforschung für eine liberale Gesellschaft einnehmen kann und muss. Die Erkenntnisse und Entwicklungen der Spitzenforschung sind essentielle Grundlagen für Fortschritt und Innovation in Wirtschaft und Industrie. Außerdem legen sie das Fundament für einen evidenzbasierten gesellschaftlichen Diskurs, jenseits von Diskriminierung und Marginalisierung. Trotz dieser Grundsätzlichkeit der zeitgenössischen Forschung, die im übrigen auf beinahe universelle Zustimmung trifft, ist die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Modernität und Zukunftsfähigkeit der systemischen Dimension des Forschungsstandortes Deutschland vor allem von Kontemplation geprägt. Dieser diskursiven Trägheit steht die große Gefahr entgegen, dass Deutschland nachhaltig und uneinholbar im internationalen Wettbewerb der akademischen und damit auch ökonomisch-industriellen Innovationen abgehängt wird.

Um die Zukunft des deutschen Wissenschafts-, Wirtschafts- und Industriestandorts zu sichern, stellen die Jungen Liberalen Baden-Württemberg eine moderne Neuordnung des Forschungsstandortes Baden-Württemberg als Leuchtturmprojekt für den gesamten deutschen Forschungsstandort vor.

Diese Neuordnung steht auf vier Säulen, welche unsere Überzeugungen widerspiegeln:

  • Attraktivität
  • Kooperation
  • Transfer
  • Entbürokratisierung

Entlang dieser vier Säulen  entwickeln wir einen legislativen Rahmen für einen fairen, modernen, transparenten und zukunftsfähigen Forschungsstandort Baden-Württemberg.

A. Forschung muss attraktiv und planbar werden

Die Wissenschaft ist naturgemäß einem stetigen Wandel ausgesetzt und verlangt daher inhärent eine größere Flexibilität ihrer Akteure, i.e. die Wissenschaftler und die Wissenschaftsinstitutionen, als andere Branchen. Dennoch ist es von großer Bedeutung, dass diese Akteure unter kalkulierbaren, nachhaltigen und stabilen Rahmenbedingungen arbeiten. Dies ist aktuell in Deutschland weitgehend nicht gegeben, was sich in drei essentiellen strukturellen Defiziten des deutschen akademischen Systems manifestiert:

  • inflexible und unzeitgemäße Karrierestrukturen
  • fehlender akademischer Mittelbau
  • mangelnde finanzielle Planbarkeit seitens der Universitäten und Hochschulen

A.1 Attraktivität der akademischen Laufbahn neu denken

Die Entscheidung für eine akademische Laufbahn ist international eine risikoreiche. Doch dieser Risikofaktor ist in wenigen westlichen Länder ähnlich akzentuiert und stark ausgebildet wie in Deutschland. Diese enorme Risikobehaftung ist eine Gefahr für die Zukunft des deutschen Wissenschaftsstandorts, da sie sowohl eine Abwanderung deutscher Spitzenforscher in attraktive Systeme im Ausland oder gar aus der Wissenschaftsbranche selbst, als auch eine niedrige Zuwanderung internationaler Spitzenforscher nach Deutschland zur Folge hat. Die Frage wer in Deutschland die Möglichkeit erhält und es schafft eine Professur zu erhalten, sollte in erster Linie von der wissenschaftlichen Exzellenz abhängen und nicht von der Bereitwilligkeit in unsicheren Einkommensverhältnissen zu leben.

Im deutschen Wissenschaftssystem findet die Qualifikation für eine Professur systemintern in der Regel durch drei Wege statt: Durch eine Habilitation, eine Juniorprofessur oder eine Dozentur. Dies gilt auch für Baden-Württemberg nach §47 Abs. 2 LHG, wobei in der Praxis die Dozentur als ausschlaggebende Qualifikation die Ausnahme bleibt.

Während Tenure-Track Juniorprofessuren eine planbare Karriere im Schnitt mit etwa 35 Jahren ermöglichen, führen Juniorprofessuren ohne Tenure-Track und im besonderen Maße die Habilitation häufig zu einer beruflichen Unsicherheit bis in die Vierziger. Diese Unsicherheit ist verstärkt, da der Wechsel aus dem akademischen System mit über vierzig häufig nur beschwerlich möglich ist. Des Weiteren ist diese systemisch bedingte Verzögerung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf einer der treibenden Faktoren für die Entscheidung von Frauen gegen eine wissenschaftliche Karriere. So sinkt der Frauenanteil auf dem Weg zwischen der Hochschulzugangsberechtigung bis zur Professur an keinem Punkt so stark wie zwischen der Promotion und Habilitation. Dahingegen spiegeln der Frauenanteil der deutschen Juniorprofessuren fast identisch den Frauenanteil der deutschen Promotionen wider.

Des Weiteren zeigen etliche international vergleichbare Wissenschaftssysteme wie etwa das der USA oder das des Vereinigte Königreichs, dass eine Habilitation zur Feststellung der Qualifikation für eine Professur nicht notwendig ist. Ganz im Gegenteil beweist eine erfolgreiche Evaluierung einer Juniorprofessur sehr viel konkreter als eine Habilitation, ob die entsprechende Person der gesamten Verantwortung, die mit einer Professur einhergeht (inklusive Lehre und akademische Selbstverwaltung) gerecht werden kann.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern daher:

  • die Abschaffung der Habilitation. Konkret bedeutet dies, dass den Hochschulen in Baden-Württemberg das Habilitationsrecht entzogen wird. Um nicht bereits laufende Habilitationen zu unterbrechen oder zu gefährden und um den bereits aktiven Habilitierenden nicht die Grundlage zu entziehen, soll dies mit einer Frist von 8 Jahren gelten.
  • dass sich das Land Baden-Württemberg in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz für die bundesweite Abschaffung der Habilitation einsetzt.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg sehen die breite Schaffung von Juniorprofessuren ohne Tenure-Track kritisch. Während wir für einen hohen Grad an Hochschulautonomie stehen, entspricht die Schaffung vieler Juniorprofessuren ohne Perspektive einer Anstellung auf Lebenszeit nicht der intendierten Funktion der Juniorprofessur, sondern ist schlicht eine Zweckentfremdung zur günstigeren Anstellung hochqualifizierter Wissenschaftler für sechs Jahre.

Wir sehen allerdings auch, dass diese Entwicklung primär systemisch bedingt ist, da in vielen Fällen die Anschlussfinanzierung nach der Juniorprofessur nicht gewährleistet ist. Daher begrüßen wir das Tenure-Track-Programm und die ausgesprochene Selbstverpflichtung des Landes Baden-Württemberg die Anschlussfinanzierung für die entsprechenden Tenure-Track Juniorprofessuren zu gewährleisten.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern:

  • eine verlässliche finanzielle Planbarkeit für Anschlussfinanzierungen von Juniorprofessuren jenseits des Tenure-Track-Programms. Konkret schließen wir uns dem Verein Deutsche Gesellschaft Juniorprofessur e.V. an und fordern, dass nur so viele Juniorprofessuren in Baden-Württemberg geschaffen werden, so dass mindestens 80% der Juniorprofessorin Baden-Württemberg perspektivisch eine W2 oder W3 Professur in Baden-Württemberg erlangen könnten.

A.2 Expertise importieren durch Einwanderung

Die moderne Wissenschaft ist durch eine außerordentliche Internationalität geprägt. Der Wettbewerb unterschiedlicher Forschungssysteme ist treibende Kraft für den wissenschaftlichen Fortschritt, aber auch den interkulturellen Austausch. Baden-Württemberg und Deutschland sollten dies ernst nehmen und stärker in den Wettbewerb um die besten Bewerber:innen auf dem internationalen Wissenschaftsmarkt eintreten.

Dies ist von besonderer Bedeutung mit Hinblick für die Entwicklung der letzten Jahre, in welcher sich andere Länder als Vorreiter in Schlüsseltechnologien der Zukunft, e.g. Quantencomputing, Künstliche Intelligenz oder Gentechnik, profilierten. Um langfristig international anschlussfähig zu sein, ist es neben der inländischen Förderung entscheidend die Zuwanderung, beziehungsweise Rückkehr, internationaler Spitzenkräfte zu fördern.

Daher fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg:

  • die Einrichtung eines Programm zur Förderung der Zuwanderung – beziehungsweise Rückkehr – von internationalem Spitzenforschern in das Land Baden-Württemberg. Die zulässigen Bewerber für dieses Programm sollen zum Zeitpunkt des Förderbeginns mindestens 12 Monate im Ausland tätig gewesen sein. Die Förderung soll abhängig von der Berufserfahrung an das Emmy-Noether Programm, beziehungsweise das Heisenberg Programm, der Deutschen Forschungsgemeinschaft angelehnt sein.

A.3 Zwischen Forschung und Lehre differenzieren

Die zwei primären Aufgaben der deutschen Hochschulen und Universitäten sind die Lehre und die Forschung. Während diese Aufgaben eng verzahnt sind, werden sie in Deutschland in der Praxis zu wenig differenziert. Nicht alle Spitzenforscher sind begabte Pädagogen und die besten Pädagogen sind nicht unbedingt die besten Forscher. Unter dieser mangelnden Unterscheidung leidet die Qualität von Lehre und Forschung.

Es ist von großer Bedeutung, dass Spitzenforscher ihre Einblicke schon früh an Studierende weitergeben. Auch erlaubt eine Einbindung von Forschenden in die Lehre ein frühes Erkennen von besonderem wissenschaftlichen Potential in der Studierendenschaft und öffnet damit die Möglichkeit zu einer frühen Einbindung von Studierenden in die Forschungspraxis. Dennoch ist es nicht einsichtig, weshalb alle (respektive die meisten) Vorlesungen von forschendem Universitäts- und Hochschulpersonal gehalten werden müssen. Dieser Anspruch ist auch eine der treibenden Kräfte in der aktuellen Entwicklung, nach welcher vom befristeten wissenschaftlichen Personal in Teilzeitanstellung Vollzeitarbeit erwartet wird. Insbesondere für Doktoranden bedeutet dies häufig unvergütete Aufgaben in der Lehre ohne finanzielle Gegenleistung. Das Ausmaß dieser Entwicklung ist im Übrigen abhängig vom Fachbereich.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern daher:

  • eine stärkere Differenzierung zwischen Lehre und Forschung mit weichen Grenzen.
  • die Einführung des sogenannten “Lecturers” als zusätzliche mögliche Stelle an der Universität. Die primäre Aufgabe des Lecturer ist die Lehre, wobei die Möglichkeit zur Forschung auch gegeben sein soll. Der Lecturer ist grundsätzlich zu einer bereits bestehenden und unbefristeten Professur assoziiert. Das Lehrdeputat soll in Zukunft gruppiert vergeben werden können, so dass in der Praxis einer Professur zusammen mit den assoziierten Lecturern und dem sonstigen Lehrstuhl eine gemeinsames Volumen an Lehrverpflichtung zukommt. Der Lecturer kann somit das Lehrdeputat der Forschenden des assoziierten Lehrstuhls übernehmen und das forschende Personal somit in der Lehre entlasten. Der Lecturer ist eine unbefristete Stelle im öffentlichen Dienst in der Besoldungsgruppe TV-L E14.
  • das Ende der Praxis unvergüteter Lehre bei wissenschaftlichem Personal ohne Vollzeitanstellung und fachübergreifend vergleichbare Vergütungsstandards für Promovierende.

In den letzten Jahrzehnten konnte eine starke Vergrößerung der Studierendenschaft beobachtet werden, ohne jedoch das Volumen des festen Lehrpersonals diesbezüglich anzupassen. Diese Mehrbelastung in der Lehre führt zu Einbußen in der Forschung. Daher fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg:

  • eine kurzfristige Stabilisierung des Verhältnisses Studierende pro Professur und eine langfristige Senkung dieses Verhältnisses durch Schaffung neür Professuren.

B. Forschung braucht Tiefe, Kooperation und Transfer

Das Ziel der Jungen Liberalen Baden-Württemberg ist es die Zukunft Baden-Württembergs und Deutschlands als internationale Standorte der Spitzenforschung nachhaltig zu sichern. Daher schlagen wir ein Investitionspaket zur Forschungs- und Innovationsförderung vor, welches sich in den folgenden  drei Förderlinien realisiert. Darüber hinaus fordern wir:

  • Langfristig sollen die folgenden Förderlinien mittels einer Ausgründung aus den Wissenschafts- und Wirtschaftsministerien hin zu einer institutionalisieren baden-württembergischen Forschungs- und Transfergemeinschaft führen. Diese Gemeinschaft soll sich strukturell an der Deutschen Forschungsgemeinschaft orientieren und ist der Förderung von Grundlagenforschung, des Transfers wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Wirtschaft und der Ausgründung verpflichtet. Aufbauend auf den hier konzipierten Förderlinien, bietet sie in kompetitiven Ausschreibungen Fördermaßnahmen zu diesen Zwecken an. Die Entscheidungsgremien sind durch Vertreter der Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie zu besetzen, aber nicht durch Vertreter der baden-württembergischen Ministerien.

B.1 Förderlinie 1: Exzellenz braucht Tiefe und Breite

In den letzten Jahrzehnten ist eine zunehmende Akzeleration des wissenschaftlichen Fortschritts zu beobachten. Das Ziel der Förderlinie 1 ist die Anschlussfähigkeit des baden-württembergischen Forschungsstandortes in dieser beschleunigten Wissenschaftspraxis zu sichern. Es ist für uns selbstredend, dass dies nur durch Exzellenz der Forschung in Tiefe und Breite ermöglicht werden kann. Dies manifestiert sich in dieser Förderlinie durch die effiziente Nutzung bereits existierender Strukturen und die Schaffung neuer Anreize.

Viele der wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre beruhen auf kooperativer oder interdisziplinärer Forschung. Diese wollen wir in Baden-Württemberg strukturell auf allen Ebenen fördern.

Wir denken die inneruniversitäre Förderung auf drei Ebenen:

  • Das Personal
  • Der Lehrstuhl
  • Die Institution

Das Personal

Das Herzstück der Forschung sind die Wissenschaftler. Während die Digitalisierung einen global vernetzten Wissenschaftsalltag ermöglicht, ist die Konzentration von Expertise an einem Standort nach wie vor substantiell forschungsfördernd.

  • Daher fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg die Ausschreibung von regionalen Kooperations-Nachwuchsgruppen an Hochschulen und universitären oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Das Bewerberfeld sind kleine Teams von jungen Spitzenforscher, die über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren an einem innovativen gemeinsamen Forschungsprojekt oder -programm arbeiten möchten. Diese sollen individuell die Möglichkeit erhalten – wieder angelehnt an das Emmy Noether Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft – jeweils eine Nachwuchsgruppe an einem baden-württembergischen Forschungsstandort aufzubauen. Zur Mitte des Forderzeitraums findet eine Evaluation statt, die über die Weiterförderung entscheidet. Neben der wissenschaftlichen Exzellenz der Forschung der beiden Arbeitsgruppen, soll der Grad der Kooperation ausschlaggebendes Kriterium der Evaluation sein. Ein substanzieller Prozentsatz der geförderten Projekte soll fachbereichsübergreifend angelegt sein.

Der Lehrstuhl

Die organisatorische Keimzelle des wissenschaftlichen Betriebs ist der Lehrstuhl. Die Kooperation von Lehrstühlen spielt eine zentrale Rolle in der Spitzenforschung.

  • Daher fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg die Ausschreibung von finanzieller Förderung zur Kooperation von Lehrstühlen an Hochschulen und universitären oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Anlehnung an die Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Das Bewerberfeld sind eine Vielzahl von Lehrstühlen an Hochschulen und universitären oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die in einer stark vernetzten Struktur inhaltlich verwandte Teilprojekte eines größeren Forschungsprogramms wissenschaftlich bearbeiten und voranbringen möchten. Die Laufzeit der Förderung soll bis zu 5 Jahre betragen. Eine Verlängerung der Laufzeit um ein Jahr ist möglich, sofern sich die geförderten Projekte verpflichten sich um eine Anschlussfinanzierung in Form eines Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft (bei mehr als vier Lehrstühlen) oder im Rahmen eines ERC Synergy Grants (bei bis zu vier Lehrstühlen) zu bewerben .

Die Institution

Die Forschungsinstitutionen spielen die zentrale Rolle in der lokalen Vernetzung wissenschaftlicher Akteure. Die dezentrale Organisation des deutschen Forschungsstandorts ist eine große Stärke, sowohl durch ein regional-unabhängiges starkes Lehrangebot als auch durch die Möglichkeit lokal-spezifische Angebote zu schaffen und zu nutzen. Andererseits zeigt sich international, dass eine lokale Konzentration von Expertise treibende Kraft im wissenschaftlichen Fortschritt ist.

  • Daher schlagen die Jungen Liberalen Baden-Württemberg vor, mehr Zentralismus zu wagen und gleichsam die dezentrale Organisation des baden-württembergischen Forschungsstandortes zu wahren. Konkret fordern wir die Förderung “hochschulübergreifender Zentren für die Forschung” im Sinne von §40 Abs. 5 LHG. Im Rahmen einer kompetitiven Ausschreibung sollen sich Hochschulen und universitäre oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, um die finanzielle Förderung der Neu-Einrichtung hochschulübergreifender Zentren für die Forschung bewerben. Im Sinne von §40 Abs. 5 LHG ist diese Förderung zeitlich begrenzt, was durch eine periodische Evaluation im Rhythmus von 6 Jahres realisiert wird. Nach 3 positiven Evaluationen soll jedoch ein Antrag auf Entfristung – nach dem Vorbild der französischen “unité mixte de recherche” – möglich sein.  Dies ist in §40 Abs. 5 Satz 3 LHG ist dementsprechend anzupassen.

Benchmark Champions im Ländle

Während die obigen Fördermaßnahmen besonders zur Sicherung der Forschungsexzellenz in der mittelfristigen Perspektive ausgelegt sind, spielt aufgrund des akzelerierten Charakters des modernen Wissenschaftsbetriebs immer mehr auch das Erzielen kurzfristiger (potentiell disruptiver) Erfolge eine große Rolle. Insbesondere in Schlüsseltechnologien der Zukunft, e.g. Quantencomputing, Künstliche Intelligenz oder Gentechnik, ist das Erreichen von Benchmarks zentrales Charakteristikum im internationalen Wettbewerb geworden.

Wir fordern daher:

  • Um Anreize für baden-württembergische Universitäten, Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und innovative Unternehmen zu schaffen, schreiben das Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium regelmäßig Wettbewerbe zur Erzielung von Benchmarks in wechselnden Technologiebereichen aus. Die Forschungsinstitutionen oder Unternehmen, die diese Benchmarks erreichen erhalten als Preis eine finanzielle Förderung zur Weiterentwicklung ihrer Technologie, deren Strukturierung und Höhe von dem entsprechenden Technologiebereich abhängt.

B.2 Förderlinie 2: Forscher als Vermittler

Neben dem intrinsischen Wert von Wissenschaft als Kulturgut, kommt der modernen Forschung auch eine wichtige Vermittlerrolle zu. Die sozio-ökonomische Verantwortung der Spitzenforschung ist enorm: ob als Transfermedium wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Wirtschaft und Industrie oder als kultureller Vermittler in den großen gesellschaftspolitischen Aufgaben unserer Zeit. Das Ziel der Förderlinie 2 ist es, dieser Verantwortung auch strukturell gerecht zu werden.

Forschung braucht Transfer

Die Kooperation von Hochschulen, Universitäten oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit Unternehmen ist einer der primären Innovationstreiber in Deutschland. Neben den sogenannten An-Instituten, findet diese Kooperation in der Praxis zwei Modulen statt:

  • Die Projektfinanzierung
  • Die Stiftungsprofessur

In einem ersten Schritt fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg vor dem Hintergrund der kommen ökonomisch-industriellen Herausforderungen im Innovationssektor eine weitere Stärkung dieser  Module. Dies bedeutet konkret:

  • Neben der Projektfinanzierung soll die konkrete problemorientierte inhaltliche Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Unternehmen durch eine vom Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium co-finanzierte Entwicklungsförderung ergänzt werden. Diese Entwicklungsförderung wird jährlich kompetitiv ausgeschrieben. Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen können sich bewerben, wenn sie eine mittelfristige Kooperation mit innovativen Zielen in Wirtschaft oder Industrie anstreben. Im Falle einer Bewilligung, orientiert sich das Volumen der finanziellen Förderung durch das Land – nach dem Prinzip eines Matching-Grants – an dem Volumen der Finanzierung aus privaten Mitteln mit einer Obergrenze.
  • Die Stiftungsprofessuren sind mittlerweile etablierter Teil der deutschen Hochschul- und Universitätslandschaft. Dies begrüßen wir ausdrücklich, da die Stiftungsprofessuren als direkte Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft oder Technologie zentrales Vehikel für Innovation ist. Jedoch sehen wir die Entwicklung kritisch, dass Forschungsinstitution durch die befristete Natur der Stiftungsprofessuren kurzfristige finanzielle Engpässe erfahren, was u.a. zu finanziellen Kürzungen anderer Fakultäten führt. Diese schwierige Planbarkeit seitens der Universitäten steht dem großen Potential der Stiftungsprofessuren im Weg. Daher fordern wir, dass kurzfristige Finanzierungslücken durch eine auslaufende Finanzierung einer Stiftungsprofessur vom Wissenschaftsministerium geschlossen werden, bis eine Professur in der gleichen Fakultät frei wird, jedoch höchstens zehn Jahre.

Forschung als Diskursgrundlage

Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend zu einer pluralen Gesellschaft entwickelt, was uns auch gesellschaftspolitische Herausforderungen stellt. Im Lichte dessen, stellen wir fest, dass die deutschen Lehr- und Forschungsinstitutionen weder Elfenbeintürme sind noch sein sollen. Im Gegenteil kommt ihnen – gemeinsam mit der Kulturbranche – die zentrale Aufgabe der interkulturellen Vermittlung zu. Des Weiteren legen sie Grundlage für einen evidenzbasierten gesellschaftlichen Diskurs.

Dies wollen wir auch politisch ernst nehmen. Daher fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg:

  • die Projekt- und Entwicklungsfinanzierung in der Kulturbranche in Baden-Württemberg durch Module zu ergänzen, die Kooperationen mit Hochschulen, Universitäten, und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ermöglicht.
  • die Ausschreibung einer Förderung durch die Landeszentrale für politische Bildung zur Entwicklung innovativer Angebote in der Kulturbranche mit einem Fokus auf kulturelle und politische Bildung. Bewerben können sich Akteure der Kulturbranche in Kooperation mit Hochschulen, Universitäten, und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

B.3 Förderlinie 3: Forschung braucht Gründung

Der Königsweg des Transfers von Forschungserkenntnissen in Wirtschaft und Industrie ist die Ausgründung. Die Ausgründung aus einer Forschungsstätte ist volkswirtschaftlich enorm effizient, schafft innerhalb kürzester Zeit neue Stellen und etabliert neue Innovationsstätten.

Im globalen Wettbewerbsbericht 2019 der Weltwirtschaftsforums wurde Deutschland als Land mit der weltweit höchsten Innovationsfähigkeit gekürt. Dementgegen steht die Beobachtung der nur mittelmäßigen Zahl von Ausgründungen aus deutschen Forschungsinstitutionen im internationalen Vergleich. Um die Innovationsstärke des deutschen Wirtschafts- und Industriestandorts zu sichern, gilt es auch im Bereich der Ausgründungen internationale Spitze zu erreichen.

Um diese zentrale Aufgabe zu lösen, schlagen die Junge Liberalen Baden-Württemberg die folgenden Maßnahmen vor:

  • Um der wenig ausgeprägten Gründerkultur an deutschen Forschungseinrichtungen entgegenzuwirken, wurden in den letzten Jahren deutschlandweit etliche Initiativen ergriffen, e.g. Gründercampus oder Start-Up Center, die auch teilweise zu Verbesserungen der Rahmenbedingungen für Ausgründungen geführt haben. Trotz dieser Fortschritte ist die Zahl der Ausgründungen in Deutschland rückläufig und Deutschland damit in diesem Bereich noch weit von der Weltspitze entfernt.

Aufbauend auf der von der Joachim Herz Stiftung geförderte Studie “Warum gründen Deutschlands Forscher:innen nicht?” zur psychologische Komponente dieses mangelnden Gründergeistes, fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg eine stärkere Verankerung des Gründergedankens an baden-württembergischen Hochschulen, Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Hierzu teilen wie die Empfehlungen der Studie und fordern die Schaffung und finanzielle Förderung von “Entrepreneurship Education, Räume für Start-ups, eine leistungsfähige Gründungsberatung, regelmäßige Demo Days, die erfolgreiche Gründungen auf die Bühne bringen”. Zudem fordern wir eine verstärkte Förderung der Gründungsberatungen auch mit Blick auf Schulungen zu modernen Techniken in der Beratung.

Des Weiteren fordern wir bürokratisch weichere Grenzen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. So soll es in Zukunft Normalität werden, dass fest angestellte Wissenschaftler:innen die Universität zum Zwecke einer erfolgreichen Ausgründung temporär verlassen und im Anschluss zurückkehren. Der Ausfall in Lehre und akademischer Selbstorganisation soll durch eine verstärkte Förderung von Vertretungsprofessuren kompensiert werden.

  • Gründungswilligen Akteuren an Hochschulen, Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland stehen häufig enorme bürokratische und finanzielle Hürden im Weg. Diesbezüglich, sehen die Jungen Liberalen Baden-Württemberg die aktuelle Praxis hohe Lizenzverträge und (Umsatz-)Beteiligungen an Ausgründungen einzufordern kritisch. Wir schließen uns dem Vorschlag der Bundesagentur für Sprunginnovation an, eine “3% ‘stille atypische’ Beteiligung, ohne Stimmrechte, aber mit Verwässerungsschutz” der Institutionen zur Regel zu machen.
  • Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg begrüßen das EXIST-Förderprogramm. Ergänzend fordern wir in der Förderlinie 3 die jährliche kompetitive Ausschreibung einer Anschlussförderung über drei Jahre für erfolgreiche EXIST-Absolvent:innen.

C. Paper statt Papierkram

Die Funktionalität und internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Forschungsstandorts ist hochgradig von einer effizienten Organisation abhängig. Dem opponiert eine zunehmende Bürokratisierung des akademischen Alltags.

Während wir den Ausbau der projektfinanzierten Forschung begrüßen, führt dieser zunehmend zur Unterbesetzung in der akademischen Selbstorganisation, welche wiederum besonders Wissenschaftlerinnen mehr belastet. Die Rolle der Wissenschaftler:innen an deutschen Hochschulen, Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen als Verwaltungsorgan darf die Ausübung der wichtigen Aufgaben in Forschung und Lehre nicht in diesem Ausmaß gefährden. Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg wollen Forschungsbestrebungen der Wissenschaftler:innen in Baden-Württemberg durch eine partielle Restrukturierung des baden-württembergischen akademischen Systems und eine Entschlackung der Bürokratie unterstützen.

C.1 Hochschulautonomie

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg bekennen sich zum Prinzip der Hochschulautonomie. Dementsprechend begrüßen wir die Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte, in welcher sich die deutschen Wissenschaftsministerien zunehmend von einer Fachaufsicht zu einer Rechtsaufsicht entwickeln. Auch begrüßen wir  die Einrichtung der Hochschulräte als interdisziplinär besetzte Organisationsorgane der Hochschulen und Universitäten.

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern diese Entwicklung konsequent zu Ende zu führen. Dies bedeutet insbesondere:

  • Wir fordern die weitere Verlagerung von Kompetenzen des Wissenschaftsministeriums an die Hochschulräte. In §17 Abs. 7 Satz 5 LHG soll die Zustimmung durch den verantwortlichen Hochschulrat ausreichen. Gleiches gilt für §19 Abs. 2 Satz 4 LHG.
  • Die Berufungsverfahren für Professuren in Baden-Württemberg und Deutschland sind im internationalen Vergleich deutlich zu bürokratisch und zu lang. Verfahren, die länger als ein Jahr andauern sind dem deutschen Forschungsstandort nicht länger zuzumuten. Bewerber:innen auf dem internationalen Markt nehmen während dieser langen Bewerbungsphase häufig andere Stellen an, was den hiesigen Forschungsstandort enorm schwächt. Daher fordern wir eine vollständige Neu-Strukturen des Berufungsverfahrens in Baden-Württemberg. Die Notwendigkeit der Zustimmung durch das Wissenschaftsministerium in Ausnahmefällen in §48 Abs. 1 LHG entfällt und wird auf Hochschulräte übertragen. Des Weiteren ist §48 Abs. 2 LHG dahingehend zu ändern, dass die Berufung prinzipiell an die Empfehlung der Berufungskommission gebunden ist. Das Rektorat, der Hochschulrat und das Wissenschaftsministerium haben ein Vetorecht, welches nach Aussprache der Empfehlung der Berufungskommission innerhalb einer vierwöchigen Frist eingelegt werden kann. Dies ist nur in begründeten Fällen zulässig. Ist dies nicht geschehen, erfolgt die Berufung. Dies ist in §48 Abs. 3 LHG entsprechend anzupassen.

C.2 Spitzenforscher sind keine Bürokratie-Profis

Die zentralen Einstellungskriterien für Wissenschaftler:innen an deutschen Hochschulen und Universitäten sind Exzellenz in Lehre und Forschung, das zentrale Einstellungskriterium an außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist die Exzellenz in der Forschung. Dies soll sich im Wissenschaftsalltag widerspiegeln.

  • Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern eine personelle Entlastung des wissenschaftlichen Personals durch die Einführung von Wissenschaftsmanager:innen. Deren Aufgabe ist die Unterstützung in der akademischen Selbstverwaltungen mit einem besonderen Fokus auf die Konzipierung von Initiativen zur Einwerbung von Drittmitteln.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf zehn Jahre beschränkt.