“I’m not a girl, not yet a woman” – Jugendpsychiatrie bis 21 Jahre ermöglichen

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern, dass die Zwangsaufnahme, beispielsweise im Zuge einer erhöhten Suizidgefahr, in eine Jugendpsychatrie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres möglich bleibt. Dafür soll die Grenze von aktuell 18 Jahren angehoben werden. Bei Patientinnen und Patienten zwischen 18 und 21 Jahren soll durch den/die behandelnde Psychiater oder Psychiaterin bzw. Psychotherapeuten oder Psychotherapeutin entschieden werden, ob eine Einweisung in eine Jugendpsychatrie, anstatt in einer Einrichtung für Erwachsene erfolgt.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf zehn Jahre begrenzt.

Begründung

Derzeit werden Personen ab 18 Jahren automatisch bei einer Zwangseinweisung in eine Psychiatrie für Erwachsene gebracht. Dabei wird nicht auf die jeweiligen Umstände der betroffenen Person, wie beispielsweise ihr Entwicklungsstand oder ihr Schulstatus geachtet. Dies ist jedoch entscheidend, da sich diese Personen nicht selten noch in einer pubertären Phase befinden und deshalb sensibel und anfällig für äußere Umstände sind. Auch ist die biologische Reifung, also unter anderem die Entwicklung des Gehirns und Nervensystems, meist nicht mit dem 18. Lebensjahr abgeschlossen und zieht sich noch bis Anfang 20. Gleichzeitig sind Jugendliche und junge Erwachsene besonders fragil in diesem Alter: So beginnen drei Viertel aller psychischen Erkrankungen vor dem 25. Lebensjahr.

Jugendpsychiatrien stellen dabei eine gute Lösung dar, diese besonders fragilen jungen Menschen bestmöglich aufzufangen. So bieten sie im Unterschied zu Psychiatrien für Erwachsene ein breiteres Spektrum an Therapieformen, beispielsweise in Form von Kunst, Musik, Sport, Spielen und Ausflüge an. Diese orientieren sich dabei am Alter der Patientinnen und Patienten. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, dass Jugendliche mit Gleichaltrigen Kontakt haben und Freundschaften knüpfen können, was sich ebenfalls positiv auf die psychische Entwicklung der Betroffenen auswirkt. Daneben ist es in diesen Einrichtungen auch möglich, einen schulischen Unterricht zu besuchen.

Quellen:

Erwachsen erst mit 25 statt mit 18 laut Psychologen – DER SPIEGEL

Psychische Gesundheit: Die wichtigsten Fragen und Antworten | UNICEF

Interviews – Jay Giedd, M.d. | Inside The Teenage Brain | FRONTLINE | PBS

Hirnforscher: Der Mensch ist nicht erwachsen, bis er über 30 ist | STERN.de

Geh doch bluten, wo du willst!

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg sind der Meinung, dass auf Kosten hoher bürokratischer Hürden keine potenziellen Blutspender verloren werden dürfen. Im aktuellen System wird das Blutspenden allerdings ausschließlich kommunal geregelt, wodurch man nur in der Kommune spenden kann, in der man sich ursprünglich registriert hat. Dies schränkt Spender massiv in ihrer Flexibilität ein. Daher fordern wir:

  • Die Abkehr von der kommunalen Speicherung der Registration für Blutspenden hin zu einem dezentralen bundesweiten System.

Um trotz des bundesweiten Systems den notwendigen Datenschutz zu gewährleisten, wollen wir das System mittels einer dezentralen Speicherung realisieren. Die Daten des Blutspenders sollen, verschlüsselt, auf dem Blutspenderausweis gespeichert werden und von jedem Blutspendezentrum abrufbar sein, ohne sie in einer zentralen, hackbaren, Datenbank zu speichern.
Ein Generalschlüssel für die Entschlüsselung der Daten ist abzulehnen da sie, bei bekannt werden des Generalschlüssels alle Klardaten lesbar macht. Um den Schaden einer möglichen Veröffentlichung eines Schlüssels klein zu halten wollen wir einen Schlüssel pro Karte der in einer zentralen Datenbank abgespeichert wird.

Zusätzlich wollen wir den Zugang zu dieser Datenbank auf nur die notwendigsten IPs beschränken, dies könnte mit der bereits bestehenden Telematikinfrastruktur umzusetzen sein. Durch die Menge der Daten in dieser Datenbank wird es für einen Angreifer aufwändiger, selbst wenn die zentralen Datenbank gehackt wird, den Schlüssel für eine Karte zu finden.

Die Gültigkeitsdauer dieses Beschlusses nach § 18 Absatz 13 der Satzung der Jungen Liberalen Baden-Württemberg beträgt zwei Jahre.

Entgeltfreie Hygieneprodukte (insbesondere Menstruationsartikel) in öffentlichen Einrichtungen

Die JuLis Baden-Württemberg fordern, dass neben Toilettenpapier auch andere Hygieneprodukte, insbesondere Menstruationsartikel (z.B. Tampons oder Binden), in allen öffentlichen Einrichtungen (wie bspw. staatlichen Institutionen, Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Ämtern, Parlamenten, Gerichtsgebäuden oder Krankenhäusern) sowie öffentlichen Toiletten und öffentlichen Verkehrsmitteln mit Toilette nicht nur flächendeckend, sondern auch unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Gleiches gilt ab sofort während der Landeskongresse der Jungen Liberalen Baden-Württemberg.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf fünf Jahre begrenzt.

40 Jahre alte Hardware – Das Update für unsere Pflege!

1. Ausbildung

Die Jungen Liberalen lehnen die generalisierte Ausbildung der Pflegeberufe ab. Viele kleinere Schulen für Altenpflege können den neuen Anforderungen einer generalisierten Ausbildung nicht nachkommen.

2. Arbeitswesen

Gerade im Rahmen der Coronakrise hat die Belastung für Pflegekräfte enorm zugenommen. Die Jungen Liberalen setzen sich daher für eine sukzessive Steigerung des Pflegeschlüssels ein um die Pflegekräfte in Alten sowie Krankenpflege mit steigenden Personalzahlen nachhaltig zu entlasten. Ebenso fordern wir die Vereinheitlichung dieser auf einen einzigen bundesweit gültigen Pflegeschlüssels. Zudem fordern wir die rechtliche Anpassung medizinischer Tätigkeiten, welche heute bereits von Pflegekräften durchgeführt werden, allerdings rechtlich in einer Grauzone liegen. Das bedeutet für uns, dass der Gesetzgeber eindeutig festzulegen hat welche Tätigkeiten übernommen werden dürfen und welche nicht. Dabei möchten wir insbesondere die Expertise von Pflegern und Medizinern beanspruchen welche tagtäglich mit betroffenen Abläufen konfrontiert werden.

3. Vergütung

Die Jungen Liberalen setzen sich für die Schaffung von Tarifverträgen in der Pflege ein. Darüber hinaus muss die Deckelung der Vergütungssteigerungen im Pflegebereich abgeschafft werden.

4. Bewusstsein und Anreiz für die Pflege schaffen

Die Pflege verdient, als eigenständiger Leistungsbereich im Gesundheitswesen gewürdigt zu werden. Wir setzen uns für die Beibehaltung des Sozialpraktikums während der Schulzeit ein und möchten zudem Auszubildenden in der Pflege durch unterstützende Maßnahmen angelehnt an das Modell des Liberalen Bürgergelds finanzielle Vorteile bieten.

5. Fachkräftemangel durch gezielte Zuwanderung ausgleichen

Kurzfristig lässt sich das Personalproblem in der Pflege nicht durch eigene Pflegekräfte aus Deutschland ausgleichen, weshalb es ein einfacheres Integrationsmodell für ausländische Fachkräfte geben muss. Dies betrifft v.a. die nicht – europäischen Fachkräfte, die einen einfacheren Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten sollten als dies momentan der Fall ist. So sollen ausländische Abschlüsse leichter anerkannt werden und entsprechend bewertet werden. Ausländische Mitarbeiter sollen dadurch keinerlei Nachteile gegenüber ihrem deutschen Kollegen haben.

6. Pflegekammer auf Landesebene/Bundesebene

Die Jungen Liberalen lehnen die Schaffung einer Pflegekammer auf Landesebene/Bundesebene ab. Da dieser keinerlei Einfluss auf Tarifverhandlungen oder Qualitätssicherung innerhalb des Pflegeberufs hat und gleichzeitig verpflichtend für alle ist, hemmt sie die individuelle Entfaltung innerhalb der Berufsgruppe.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf zehn Jahre beschränkt.

Illegale Substanzen?! Selbstverantwortung ist kein Verbrechen!

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg setzen sich für eine komplette Entkriminalisierung jeglicher, als „Drogen“ oder „Doping“ zu kennzeichnenden Substanzen, ein.

Doping

Im Bereich des Leistungssports sind der Einsatz synthetischer Mittel zur Steigerung der Leistungsfähigkeit bereits seit Jahrzehnten Teil des täglichen Trainingsgeschehens. Im Rahmen der Anti-Doping Kampagnen von WADA und NADA wurde der Einsatz von synthetischen sowie organischen Mitteln zur Steigerung der körperlichen Potenz immer mehr aus dem Diskurs der Entkriminalisierung getrieben.

Die Jungen Liberalen unterstützen Sportverbände oder Organisationen die sich dem Doping-freien Sport verschrieben haben, allerdings sehen wir die liberale Grundhaltung der Einschränkung der Freiheit Dritter durch den Einsatz benannter Mittel im privaten Umfeld und außerhalb eines offiziellen Wettbewerbs, nicht als gefährdet. Daher möchten wir den Einsatz von Doping während Sportevents deren Veranstalter oder deren Verbandsteilnehmer sich dem Doping-Freien Sport verschrieben haben, auch weiterhin unter Strafe stellen. Den Besitz und Gebrauch von solchen Substanzen möchten wir entkriminalisieren, jedoch als Ordnungswidrigkeit aufnehmen. Diese sollte – in Anlehnung an das portugisische Modell – mit Beratungsauflagen verbunden werden.

Eine Legalisierung der kommerziellen Abgabe lehnen wir ab, da wir die Hürden zum Erlangen solcher Substanzen nicht absenken möchten. Organisationen, welche im Rahmen ihrer Satzung Tests unter ihren Athleten durchführen möchten, wir zudem beim Bestreben des Doping Freien Sports unterstützen.

Im Bereich der Medizin unterstützen wir den Einsatz synthetischer Potenzmittel (bspw. Anabole Steroide) zur Beschleunigung des Heilungsprozesses. In einem solchen Fall gestatten wir die kommerzielle Abgabe betroffener Substanzen durch ärztliches Personal. Apotheken erhalten keine Ausgabeerlaubnis insofern sie keinen examinierten & praktizierenden Arzt beschäftigen.

Drogen

Die Legalisierung von synthetische Stimulanzien (wie z.B. MDMA und anderen Amphetaminen) sollte in Pilotprojekten erprobt werden . So sollen beispielsweise in einer Projekt-Kommune Discotheken, Bordelle, oder private Großveranstalter (Konzerte/Partys/Feste) die Möglichkeit der Ausgabe von psychoaktiven Substanzen, erhalten.

Im Rahmen der Entkriminalisierung sämtlicher Drogen möchten wir zudem Qualitätsstandards setzen und Produkte, welche bereits zum kommerziellen Verkauf zugelassen wurden vom Verbraucherschutz kontrollieren lassen.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf zehn Jahre beschränkt.

Verhütung für alle in Ausbildung ermöglichen

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern, dass die Kostenübernahme wissenschaftlich erprobter Verhütungsmittel (u.a. gemäß §24a SGB V) erheblich ausgeweitet wird.

Dabei fordern wir konkret:

  • die Ausweitung der Kostenübernahme auf alle Personen, die sich in Ausbildung befinden, und damit gleichzeitig die Abschaffung der derzeitigen pauschalen Altersgrenze,
  • die vollständige Kostenübernahme auch von Langzeit-Verhütungsmitteln (z.B. Spirale), bei denen der Schutz z.B. im Einzelfall über die Ausbildungszeit hinweg fortbesteht,
  • die Einführung einer vollständigen Kostenübernahme und damit gleichzeitig die Abschaffung der Pflicht von zu leistenden Eigenanteilen, die aktuell i.d.R. ab Volljährigkeit anfallen und
  • die Ausweitung der Kostenübernahme um weitere gewöhnliche Verhütungsmittel (z.B. Kondome) und damit gleichzeitig u.a. das Schaffen einer Verhütungsmöglichkeit für Männer. Bei einer Ausweitung der Kostenübernahme um weitere gewöhnliche Verhütungsmittel ist – bei Bedarf – auf angemessene Mengenbeschränkungen zurückzugreifen.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf zehn Jahre beschränkt.

Impfmuffel war gestern – Impfanreize schaffen, Hindernisse beseitigen

Für uns Junge Liberale Baden-Württemberg ist klar, dass nur eine hohe Impfquote einen nachhaltigen Ausweg aus der Pandemie bietet. Doch es besteht die Gefahr, dass eine ausreichend hohe Quote in Deutschland nur zu spät oder vielleicht gar nicht erreicht wird. Viele Bürger lehnen zwar eine Impfung nicht prinzipiell ab, planen aber dennoch, nicht sich impfen zu lassen. Das stellt eine fundamentale Herausforderung im Kampf gegen die Pandemie dar. Deshalb schlagen wir ein Maßnahmenpaket vor, mit dem Anreize zur Impfung geschaffen werden und Hindernisse und Hürden auf dem Weg zu selbiger beseitigt werden sollen. Konkret schlagen wir vor:

  1. Eine bundesweite Impflotterie einzurichten. Jeder Geimpfte in Deutschland nimmt automatisch an einer Lotterie teil, bei der monatliche Gewinner gezogen werden, die einen hochdotierten Geldbetrag gewinnen können.
  2. Nachdem der Impfstoff von Biontech/Pfizer auch für über 12-Jährige freigegeben wurde, fordern wir möglichst zeitnahe Impfaktionen mit mobilen Impfteams an Schulen durchzuführen.
  3. Nach dem Vorbild Großbritanniens über mobile Impfteams gezielt in sozial schwachen Wohngebieten und Wohngebieten mit hohem Migrationsanteil Impfangebote zu machen. Diese Impfteams müssen dementsprechend mit Dolmetschern ausgestattet werden, um Sprachbarrieren zu überwinden. Die durchgeführten Impfungen sollen ohne vorherige Anmeldung möglich gemacht werden.
  4. Mit mobilen Impfteams Impfaktionen an Universitäten, Berufsschulen und in großen Betrieben durchführen. Auch hier soll eine Impfung ohne vorherige Terminvereinbarung möglich sein.

Eine Strafzahlung oder Stornierungsgebühr für nicht wahrgenommene Impftermine lehnen wir ab. Sie mögen zwar aus moralischen Gesichtspunkten gerechtfertigt sein, aber würden nicht dazu führen, dass sich mehr Menschen impfen lassen. Im Gegenteil, aller Voraussicht nach würden viele Menschen dann eher gar keinen Termin vereinbaren.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf 1 Jahr begrenzt.

Für ein faires Praktisches Jahr im Medizinstudium

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern, dass im Rahmen des Medizinstudiums für das praktische Jahr ein Ausbildungsvertrag zwischen Studierenden und Lehrklinik abgeschlossen werden soll, um damit Arbeitsverhältnisse im Rahmen des gesetzlichen Arbeitsrechtes sicherzustellen.

Im Rahmen des Ausbildungsvertrages soll eine Mindestvergütung in Höhe des maximalen BAföG-Satzes für Hochschulstudierende gezahlt werden.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses ist auf zehn Jahre beschränkt.

Eskalation der Corona-Freiheitsbeschränkungen stoppen

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg lehnen die angekündigte Einschränkung des Bewegungsradius’ sowie die Einschränkung der zulässigen Besucher im eigenen Haushalt auf maximal eine Person, auf die sich Bund und Länder am 5. Januar 2021 zur weiteren Bekämpfung der Corona-Pandemie verständigt hatten, ab.

Auch lehnen wir Jungen Liberalen Baden-Württemberg die pauschale nächtliche Ausgangssperre von 20:00 bis 05:00 Uhr ab und fordern die Landesregierung auf, diese auszusetzen.

Die Gültigkeitsdauer dieses Beschlusses nach § 18 Absatz 13 der Satzung der Jungen Liberalen Baden-Württemberg beträgt ein Jahr.

Freiheit bewahren, Corona bekämpfen: Eine liberale Antwort auf die Pandemie

Die Corona-Pandemie hat gravierende Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland. Im Umgang mit der zunächst unbekannten Pandemie war es im Grundsatz richtig, den Schutz von Menschenleben unter großer Unsicherheit als oberste Priorität zu begreifen. Inzwischen ist zwar im Wesentlichen bekannt, welchen kurzfristigen Wirkungsmechanismus das Virus im menschlichen Körper hat, belastbare Erkenntnisse zu der Infektionsgefahr in verschiedenen Alltagssituationen fehlen allerdings weiterhin. Dies erschwert eine zielgenaue und freiheitsschonende Bekämpfung der Pandemie. Wir fordern daher, diesen Erkenntnisrückstand dringend durch großangelegte Studien nach slowakischem Vorbild zu beheben.

Dies bedeutet, dass die Abwägung von Grundrechten neu getroffen und die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen in unterschiedlichen denkbaren Szenarien neu diskutiert werden muss. Dass der Sommer 2020 nicht genutzt wurde, um in den Parlamenten von Bund und Ländern grundsätzliche und rechtssichere Reaktionen auf unterschiedliche Szenarien zu diskutieren und zu verabschieden, ist skandalös.

Es ist absehbar, dass wir noch mindestens ein halbes Jahr mit der Pandemie leben werden müssen. Möglicherweise auch länger. Zwar stimmen erste klinische Studien optimistisch, die Zulassung, massenhafte Herstellung und Verbreitung eines Impfstoffs wird es jedoch nicht von heute auf morgen geben. Wir müssen also noch eine Zeit lang mit der Pandemie leben.

Das Ziel der Corona-Politik muss aus Sicht der Jungen Liberalen Baden-Württemberg daher sein, die medizinische Versorgung in ganz Deutschland dauerhaft auf dem aktuellen Niveau zu gewährleisten und gleichzeitig sämtliche anderen Grundrechte und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit zu balancieren. Hierfür schlagen wir die folgenden Maßnahmen vor.

Lockdowns

Ein weitflächiges Herunterfahren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens kann eine effektive Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie sein, wenn durch diese Maßnahme die riskantesten Aspekte des öffentlichen Lebens abgedeckt werden. Allerdings darf dies bloß ein ultima ratio sein, die nur dann eingesetzt wird, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind.

Es muss jede in diesem Kontext getroffene Einschränkung der Freiheitsrechte der Bürger verhältnismäßig sein. Besondere Priorität muss der möglichst langen Offenhaltung von Schulen und Kindergärten eingeräumt werden, nicht nur um die teils werktätigen Eltern zu entlasten, sondern vor allem auch, um keine langfristigen Chancenverluste bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen zu riskieren. Die Schließung von Gastronomiebetrieben und Freizeiteinrichtungen halten wir dann für gerechtfertigt, wenn das aktuelle Infektionsgeschehen einen sicheren Betrieb trotz praktizierten Hygienekonzepts nicht mehr möglich erscheinen lässt.

Betrieben muss zudem mitgeteilt werden, unter welchen Bedingungen eine Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs möglich ist, um diesen eine Öffnungs- und damit Überlebensperspektive zu bieten. Auch in Ausnahmesituationen wie einer Pandemie darf der wirtschaftliche Fortbestand unserer Betriebe nicht unter den Tisch fallen.

Parlamentsmitsprache

Für uns ist es von höchster Bedeutung und essentiell um die demokratische Legitimität der getroffene Maßnahmen glaubhaft zu vermitteln, dass die Parlamente, der Bundestag und der baden-württembergische Landtag, aktiv in die Beschlussfassung bezüglich der Infektionsschutzmaßnahmen eingebunden werden. Im demokratischen Wettstreit muss im parlamentarischen Diskurs um die beste Lösung gerungen werden, und schließlich auch durch eine Abstimmung demokratisch legitimiert werden. Die jetzige Praxis der Landesregierungen und der Bundesregierung, allein durch exekutive Verordnungen auf die Krise zu reagieren, sehen wir kritisch. Auch eine Parlamentsbeteiligung nach dem eigentlichen Beschluss der Regierungen reicht nicht. Sie führt das Ziel einer offenen parlamentarischen Debatte ad absurdum. Wir fordern daher die Aufhebung der epidemische Lage von nationaler Tragweite, nicht weil wir die Gefahr des Virus und die sich verschlechternde Infektionslage verkennen, sondern weil man mittlerweile einfach nicht mehr vor der Situation einer kurzfristigen Krise steht. Die Corona-Pandemie wird zumindest mittelfristiger Dauerzustand sein, deshalb muss die Debatte um sie von den Ministerien zurück in die Parlamente gebracht werden.

Haushalt

Es ist klar, dass zur Bekämpfung der Pandemie und der aus ihr resultierenden Wirtschaftskrise, fiskalische Mittel im besonderen Maße eingesetzt werden müssen. Klar ist aber wenigstens für uns auch, dass eben jene Notlage kein Freifahrtschein für unbegrenzte Verschuldung sein darf. Die aufgenommenen Finanzmittel sollten ausschließlich für die Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen aufgewendet werden. Damit durch die Hintertür Wahlkampfgeschenke zu verteilen, wie das die Landesregierung über ihren Nachtragshaushalt macht, verurteilen wir scharf.

Smarte Pandemiebekämpfung

Die vergangenen Monate haben schonungslos die Schwächen unserer öffentlichen Gesundheitsbehörden im Feld der Pandemiebekämpfung offengelegt.

Wenn durch die hohe Zahl der Infizierten eine flächendeckende Kontaktverfolgung für alle nicht mehr möglich ist, müssen klare Prioritäten auf die Risikogruppen gesetzt werden. Wenn Gesundheitsämter noch untereinander per Fax kommunizieren, dann ist das ein Armutszeugnis für unser Land. Wir fordern daher die sofortige Auflegung einer Digitalisierungsoffensive für unsere Gesundheitsämter. Neben der Bereitstellung von Soft- und Hardware, muss diese auch die Schaffung von zusätzlichen langfristig angelegten Planstellen für IT-Beauftragte an den Gesundheitsämtern beinhalten. Wir fordern die Landesregierung auf, den Gesundheitsämtern dafür nicht nur finanziell auszustatten, sondern auch über Vernetzungs- und Beratungsangebote best-practice Lösungen schnell zu verbreiten. Damit die Gesundheitsämter Kontakte auch bei höheren Infektionszahlen weiterhin möglichst gut nachvollziehen können, begrüßen wir ihre verstärkte Personalausstattung.

Gleichzeitig gilt es, aus dem Ausland zu lernen. Cluster-tracing ist in Südkorea bereits Status quo und in Deutschland, sobald Tracing bei niedrigeren Fallzahlen wieder möglich ist, auch zu implementieren.

Ebenso sind flächendeckende Fieberkliniken, die jegliche Personen mit Corona-Symptomen behandeln, essentiell, um eine Ausbreitung in Krankenhäusern von vornherein unmöglich zu machen. Sie schützen sowohl das medizinische Personal als auch Patienten. Vereinzelt gibt es diese bereits, allerdings müssen sie flächendeckend und mit Unterstützung von Land und Bund geschaffen werden. Dies wird in Vietnam, Taiwan, Singapur, Japan und Südkorea bereits mit Erfolg praktiziert.
Genauso sind Quarantäne-Kliniken notwendig, in denen potenziell Infizierte ihre Quarantäne verbringen können um die Ausbreitung der Krankheit innerhalb von Haushalten zu minimieren. Besonders Menschen, die in Haushalten mit Mitgliedern von Risikogruppen leben, ist priorisierter Zugang zu gewährleisten. Auch diese sind in anderen Ländern bereits Status quo.

Zum Schutz der vulnerablen Gruppen ist es unabdingbar, auch Besuchs- und Betretungsverbote für Alten- und Pflegeheime zu erlassen für Personen, die in einem definitorischen Risiko- oder Warngebiet ihren Wohnsitz haben. Insoweit dies zu einer Aussperrung vom Arbeitsplatz führt sind Entschädigungen nach § 56 InfSG zu gewähren. Die Maskentragepflicht in allen Gesundheits- und Unterbringungseinrichtung ist maximal auszudehnen. Für alle Alten- und Pflegeheime sind Schnelltestmöglichkeiten für Mitarbeiter, Bewohner und bei jedem Besucher zur Verfügung zu stellen. Besuche haben auch abseits der Warn- und Risikogebiete auf maximal wöchentliche Besuche beschränkt zu werden.

Um die Ausbreitung des Virus in geschlossenen Räumen durch Aerosole zu verhindern, fordern wir von Landes- und Bundesregierung großzügig bemessene Förderprogramme für Luftfilteranlagen in öffentlichen Gebäuden, der Gastronomie und dem Einzelhandel. Das bestehende Programm des BMWi, das über vier Jahre verteilt bis zu 500 Millionen Euro hierfür vorsieht, ist völlig unzureichend.

Die Bundesregierung wird ferner angehalten, die bestehende Corona-App in einer weiteren Marketingkampagne offensiv zu bewerben.

Wer sich in der Schule treffen darf, hat dies auch in der Freizeit zu dürfen. Deshalb ist der Jugendsport unter den gleichen Auflagen wie der Schulsport zu gestatten.

In Orten mit auffällig vielen Infektionen schlagen wir das Maßnahmenmodell einer zeitlich begrenzten Lokalquarantäne von fünf Tagen vor, in der dann der jeweilige Infektionsherd (ein Stadtteil, eine Kommune oder ein Landkreis) unter einen Lockdown gestellt wird. Konkret soll diese Maßnahme verhängt werden sobald eine akute Überlastung der Gesundheitsämtern vorliegt, bei der die Kontaktverfolgungen bei Infizierten nicht mehr geleistet werden kann. Alle Volljährigen sollen in diesem Zeitraum einen Test erlangen können. Nach erfolgter Testung kann dann eine Wiederöffnung des lokalen öffentlichen Lebens erfolgen , die positiv Getesteten sind unter Quarantäne zu stellen. Auch hier kann die App helfen, Testresultate bekannt zu geben. Die Daten sollen ferner anonymisiert gesammelt werden, um weitere Daten zu Ausbreitung und anderen wesentlichen Parametern von Covid-19 zu liefern.

Die Gültigkeit dieses Beschlusses wird auf zwei Jahre befristet.