Grün-Rote Bildungspolitik in Baden-Württemberg – Licht und Schatten

Die politische Zäsur der ersten Grün-Roten Landesregierung Baden-Württembergs schlägt sich nicht zuletzt im Bildungsbereich nieder, dem wichtigsten landespolitischen Themenfeld. Die Jungen Liberalen wollen die anstehemden Änderungen kritisch und konstruktiv begleiten. Da Schüler Individuen mit unterschiedlichsten Befähigungen und Bedürfnissen sind, muss es die oberste Priorität der Bildungspolitik sein, ein Bildungssystem zu gewährleisten, das von Vielfalt und dem Wettbewerb verschiedener Bildungskonzepte geprägt ist. Daher begrüßen die Jungen Liberalen alle Schritte, welche die Auswahlmöglichkeiten der Eltern und Schüler erhöhen und beteiligen sich nicht an ideologischen Grabenkämpfen im Bildungswesen, die ein bestimmtes System als das allein seelig machende verfechten. Dementsprechend muss bei allen begrüßenswerten Neuerungen gewährleistet sein, dass auch die bestehenden bewährten Schulformen weiterhin gefördert und verbessert werden.


Gemeinschaftsschule oder gegliedertes Schulsystem? Vielfalt und fairer Wettbewerb der Systeme!

Eine möglichst große Vielfalt an Bildungsangeboten, aus denen Eltern und Schüler wählen können, ist der beste Garant für Bildungserfolg. Daher begrüßen die Jungen Liberalen die von der Landesregierung geplante Änderung des Schulgesetzes, nach der neben den im Land etablierten Schulformen künftig auch die Errichtung von Gemeinschaftsschulen ermöglicht wird.

Die bestmögliche Erfüllung der Bedürfnisse der Schüler in einer Bildungslandschaft mit vielfältigen Angeboten ist jedoch nur gewährleistet, wenn jede Schulform gleichermaßen politisch unterstützt wird. Die Jungen Liberalen setzen der Reformeritis von Grün-Rot ein individuelles Reformkonzept basierend auf der Idee der Schulautonomie entgegen. Wir fordern echte Wahlfreiheit und individuelle Schulkonzepte, die wiederum evaluiert und vergleichbar gemacht werden müssen, anstelle von Reformen, die auf dem Rücken von Schülern ausgetragen werden. Daher lehnen die Jungen Liberalen die einseitige Förderung der neuen Schulform zulasten aller anderen Schulformen ab. Wir fordern die Landesregierung auf, die von der Vorgängerregierung eingeleitete schrittweise Absenkung des Klassenteilers auf 28 fortzusetzen, wie es auch SPD und Grüne vor der Wahl versprochen haben.

Weiterhin ist die Rückgabe der von den Gymnasiallehrern in den letzten Jahren geleisteten Überstunden dringend geboten. Der Abgang des G8/G9 Doppeljahrgangs legt die für den Überstundenabbau und Klassenteilersenkung notwendigen Ressourcen frei, der Abzug dieser Ressourcen zum ausschließlichen Wohl der Gemeinschaftsschule ist für die Jungen Liberalen nicht akzeptabel.


Leistungsadäquate Schulwahl gewährleisten!

Die Jungen Liberalen kritisieren die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung durch die Landesregierung. Mit der Ermöglichung der Einrichtung von Gemeinschaftsschulen wird bereits eine Alternative zum nach Leistungsfähigkeit gegliederten Schulsystem geschaffen, für die bestehenden Schulformen halten wir eine Eingrenzung der Schulwahlmöglichkeiten nach Leistungen für unabdingbar.


Zwei Geschwindigkeiten zum Abitur

Die Jungen Liberalen lehnen die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums ab. Neben den berufsbegleitenden Gymnasien existieren in Baden-Württemberg bereits genügend Alternativen für Schüler, die das Abitur in 13 statt 12 Jahren ablegen möchte. Der zusätzliche bürokratische Aufwand steht in keinem Verhältnis zu den geringen Mehrwert den dieses Wahlmöglichkeit den Schülern bietet.


Ausbildung der Gymnasiallehrer – Vorbereitung auf den Beruf statt Ausbildung verkappter Wissenschaftler!

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg befürchten, dass die Ankündigung der grünen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, die pädagogischen Hochschulen in die Gymnasiallehrerausbildung mit einzubeziehen, nur dazu dienen soll, in Zukunft die Besoldung von Gymnasiallehrern zu verringern. Dennoch sprechen wir uns für eine stärkere Praxisorientierung der Gymnasiallehrerausbildung aus. Ein attraktives Modell könnte im Modell des dualen Studiums nach Vorbild der Berufsakademien liegen. Wesentlich für das Berufsbild des Gymnasiallehrers sind gute didaktische und pädagogische Fähigkeiten sowie die Vertrautheit mit wissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweise. Die Institution, die dieses Profil am besten vermitteln kann, sollte die Ausbildung übernehmen. Der hohe Anspruch an Gymnasiallehrer erfordert jedoch auch weiterhin eine adäquate Entlohnung, weswegen wir die Beibehaltung des heutigen Besoldungsniveaus befürworten.

Für eine humane Flüchtlingspolitik

Das Recht auf Asyl ist eines der wichtigsten Menschenrechte. Alle Menschen, denen in ihrer Heimat Vefolgung aufgrund von Hass oder Krieg droht, haben es verdient, Schutz zu erhalten. In letzter Zeit jedoch ist das Recht auf Asyl zu einer Farce geworden. Die zunehmende Militarisierung des Mittelmeers macht es nahezu unmöglich, als lebender Mensch nach Europa zu kommen. Das Dublin-II-Abkommen sorgt indirekt für menschenverachtende Verhältnisse in Flüchtlingslagern.

Wir Junge Liberale Baden-Württemberg bekennen uns zum Recht auf Asyl. Wir wehren uns gegen seine zunehmende Erosion unter dem Vorwand der Bedrohung durch Wirtschaftsflüchtlinge. Mit dem Anliegen einer ehrlichen und humanen Flüchtlingspolitik in Europa fordern wir deshalb:

  • Das Dublin-II-Abkommen ist so bald wie möglich durch einen Nachfolger zu ersetzen. Zukünftig soll die Zuständigkeit für den Asylantrag nicht mehr bei den Behörden des Landes der ersten Einreise liegen, sondern bei einer neu gegründeten Europäischen Flüchtlingsagentur. Flüchtlinge sollen zukünftig nach einem Verteilungsschlüssel auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden, um menschenwürdige Verhältnisse in den Flüchtlingslagern und eine gleichmäßige Lastenverteilung sicherzustellen. Im Gegenzug soll der Europäische Flüchtlingsfonds eingestellt werden.
  • Die Arbeit der Europäischen Agentur für de operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen, FRONTEX, muss in Zukunft erweitert werden. Statt nur eine Abwehrpolitik an den europäischen Außengrenzen zu betreiben, auch gegenüber Flüchtlingen, soll FRONTEX auch in Zukunft Verantwortung im Bereich der Flüchtlingshilfe und -abwicklung übernehmen. Dies kann durch gezielten Abfang und Abwicklulng von Flüchtlingen im offenen Gewässer und durch eine technisch und gesundheitlich sichere Weiterfahrt, entweder in die Europäische Union oder in sichere Drittstaaten, gewährleistet werden. Weiterhin müssen wir unsere Außengrenzen gegen unkontrollierte Personen- und Warenbewegungen schützen.

Feldwege zum Glück – liberale Politik für den Ländlichen Raum in Baden-Württemberg

Etwa 70% der Fläche Baden-Württembergs gehört zum Ländlichen Raum. Diese Regionen besitzen meist eine diversifizierte, historisch gewachsene Wirtschaftsstruktur, die die Wirtschaftskraft Baden-Württembergs auf vielfältige Weise trägt. Gleichzeitig rangieren ländliche Regionen in vielen Statistiken z.B. bei der Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse, der Höhe der Bildungsabschlüsse oder der Ausprägung des Dienstleistungssektors auf hinteren Rängen.

Nach Jahren der Stagnation und Landflucht werden seit einigen Jahren sich fortwährend verstärkende Trends zur Reurbanisierung sichtbar. Abwanderung aus dem Ländlichen Raum betreffen vor allem junge, gut qualifizierte Erwerbstätige und Familien. Der demographische Wandel ist bereits heute im ländlichen Raum vielfältig stärker spürbar als in städtischen Zentren.

Die Politik muss gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigen, die die Erfüllung ihrer Kernaufgaben beeinflussen. Deshalb sind die Herausforderungen des Ländlichen Raums heute ein eigenes Politikfeld. Wir Junge Liberale erachten die kommunale Autonomie als Verkörperung des Subsidiaritätsprinzips als schützenswertes Gut. Gemeinden und Kreisen müssen die Möglichkeit haben ihre Entwicklung eigenverantwortlich zu gestalten. Deshalb ist die Kommunalautonomie oberste Grundlage für die Gestaltung der Politik im Ländlichen Raum.


Liberale Politik für den Ländlichen Raum

Das Prinzip der freien Wohnortwahl ist ein Grundrecht, das nicht eingeschränkt werden darf. Menschen ziehen dorthin, wo sie für sich die besten Bedingungen in Form von funktionierenden Strukturen wie beispielsweise Arbeitsmarkt, Wohnqualität und soziales Umfeld vorfinden. Dies bedeutet für uns, dass Wanderungstendenzen staatlicherseits prinzipiell weder befördert noch bekämpft werden dürfen. In Baden-Württemberg kann auch im ländlichen Raum jeder ein Leben in Freiheit und Wohlstand führen – gleichwertige Lebensverhältnisse bedeuten nicht identische Lebensverhältnisse. Natürlich Standortnachteile wie z.B. größere Entfernungen dürfen deshalb nicht staatlicherseits ausgeglichen werden, die Pendlerpauschale muss deshalb abgeschafft werden. Politisches Handeln ist jedoch dort notwendig, wo die gesellschaftliche Entwicklung Einfluss auf die Erfüllung staatlicher Kernaufgaben hat.

Viele der besonderen Herausforderungen des Ländlichen Raums lassen sich durch verstärkte Kooperation staatlicher Strukturen am besten begegnen. Interkommunale Zusammenarbeit muss deshalb zum Regelfall werden, politische Strukturen wie Gemeindegrenzen dürfen kein romantisch idealisierter Selbstzweck sein.


Erfüllung staatlicher Kernaufgaben

Bildung

Der demographische Wandel mit den einhergehenden, sinkenden Schülerzahlen stellt besonders im Ländlichen Raum viele Schulen vor die Existenzfrage. Gesamtschulen können zwar im ländlichen Raum eine sein, jedoch liefert die von SPD und Grünen mittelfristig geplante, flächendeckende Gemeinschaftsschule keine Lösung für dieses Problem. Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg plädieren vielmehr für wohnortnahe Schulstandortlösungen, die vor Ort entwickelt werden und nicht von starren Strukturen und Ideologien behindert werden. In erster Linie können Probleme vor Ort von den betroffenen Schulen selbst gemeinsam mit den Kommunen gelöst werden, hierfür benötigen diese jedoch größtmögliche Freiheit bei der Gestaltung des Schulstandorts, der Schulart und der Unterrichtsgestaltung. Wir befürworten gemeindeübergreifende Lösungen, um Synergien zu nutzen. Hierfür dürfen auch längere Schulwege kein Tabu sein. Mit der Entwicklung von ganztägigen Betreuungs- und Lernkonzepten und einer Verschiebung des in Deutschland vergleichsweise frühen Schulstarts können Schulen auf diese Entwicklung angemessen reagieren. Das Konzept „Kurze Beine verlangen kurze Wege“, nach dem der Schulweg vor allem für Grundschüler besonders kurz sein muss, wird aktuell parteiübergreifend weitgehend kritiklos aufgenommen. Auch für Grundschüler ist jedoch z.B. eine Busfahrt zur Schule zumutbar, wenn sichere Transportwege z.B. mit eigenen Schulbussen angeboten werden. Der Schulbesuch dient nicht nur der reinen Vermittlung von Wissen. Er schult auch die soziale Kompetenz von Kindern und sorgt für eine optimale Entwicklung der Fähigkeiten. Der Staat hat eine ergänzende Erziehungspflicht dort, wo elterliche Fürsorge im Einzelfall versagt oder strukturell nicht geleistet werden kann. Das Aufwachsen im Kontakt mit der Gesellschaft ist entscheidend für die Persönlichkeitsbildung eines Kindes und darf Ihm deshalb nicht von den Eltern vorenthalten werden. Eine Ersetzung der Schulpflicht durch eine Bildungspflicht lehnen wir deshalb ab.

Medizinische Grundversorgung

Immer mehr Gemeinden in Baden-Württemberg leiden unter einer chronischen medizinischen Unterversorgung. Aufgabe des Staates ist es unserer Meinung nach, eine medizinische Grundversorgung sicherzustellen. Daher befürworten wir den verstärkten Einsatz von Prämienmodellen bei der Übernahme von Landarztpraxen, wie Sie bereits von einigen Gemeinden erfolgreich praktiziert werden. Ebenso streben wir eine möglichst breite Krankenhausversorgung an. Die Notfallversorgung muss für alle Bürger, auch im Ländlichen Raum, gewährleistet werden. Das gegenwärtige System der Krankenhausfinanzierung benachteiligt kleinere Krankenhäuser der Grundversorgung und erzwingt einen Trend zu großen Krankenhäusern mit einem sehr weiträumigen Einzugsgebiet. Die dadurch entstehenden weiten Anfahrtswege wirken sich zum Nachteil des ländlichen Raumes aus. Eine solche einseitige Förderpolitik muss revidiert werden. Durch die Einrichtung von Krankenhausverbünden können kleinere, oft defizitäre Krankenhäuser z.B. durch die Zusammenlegung von Verwaltungsstrukturen Synergieeffekten erzielen und so weiter wirtschaftlich betrieben werden. Diese Kooperationen müssen sich nicht an Kreis- oder Landesgrenzen orientieren, neben wirtschaftlichen Erwägungen können auch natürlich gewachsene, kreisübergreifende Raumschaften eine Grundlage für einen Krankenhausverbund darstellen. Insgesamt muss aber auch ein Krankenhausverbund betriebswirtschaftlich erfolgreich wirtschaften. Allerdings ist es Aufgabe der Politik für eine angemessene Krankenhausfinanzierung zu sorgen, damit Krankenhäuser auch im ländlichen Raum eine Chance haben.

Verwaltung

Viele politische Projekte z.B. im Nahverkehr, der Müllentsorgung oder der Raumplanung, machen an Kreisgrenzen nicht Halt. In der institutionalisierten Kooperation von Gebietskörperschaften sehen wir deshalb einerseits eine zur Erfüllung politischer Kernaufgaben notwendige Reform, langfristig sehen wir in selbstverwalteten Regionalverbänden eine sinnvolle Alternative zu den abzuschaffenden Regierungspräsidien. Grundsätzlich begrüßen wir eine Verschlankung der Polizeiverwaltung, die durch einer Reduktion der Polizeipräsidien zu Synergien führen und zusätzliche Finanzierungsmittel für mehr Polizeibeamte vor Ort freisetzen. Im Detail der von der grün-roten Landesregierung vorgelegten Polizeirefom besteht jedoch Verbesserungsbedarf. So wird die aktuell geforderte Mindestgröße von 1500 Polizeibeamten pro Polizeipräsidien den gewachsenen Bindungen zwischen den Landkreisen nicht gerecht und beeinträchtigt beispielsweise im Bereich der Kriminalpolizei die eine effiziente Aufklärung von Straftaten.


Strukturpolitik

Strukturpolitik ist Umweltpolitik

Strukturpolitik als Raumordnungspolitik kann vor allem im ländlichen Raum Anreize zur Reduktion von Flächenverbrauch setzen. Der ständige Wettstreit von Kommunen um Gewerbesteuer und Einwohnerprämien sorgt aktuell vielerorts für die exzessive Ausweisung neuer Gewerbeflächen, deren Besiedlung wiederum mit Subventionen der Gemeinden (z.B. über direkte Hilfen oder der günstigen Abgabe von Bauland) gefördert wird. Für uns Junge Liberale ist der Schutz der kommunalen Planungshoheit wichtig. Dennoch fordern wir die Kommunen auf, Kirchturmdenken in der Gewerbeansiedlung zu überwinden. Sinnvolle Raumordnungspolitik verringert verkehrliche Bedürfnisse, erhält intakte Ökosysteme und ist damit originärer Startpunkt für wirksamen Umweltschutz. Innenversiegelung muss daher auch in kleinen Gemeinden Vorrang vor Wachstum in der Fläche genießen. Für Gemeinden muss es hierbei verschiedene Instrumente geben, mit denen sie Anreize für Unternehmen und Bürger setzen können, bei Bauprojekten der Innenversiegelung Vorrang zu gewähren. Dies kann beispielsweise über eine verringerte Gewerbe- und Grundsteuer im Innenstadtbereich geschehen. Auch eine Flexibilisierung des Denkmalschutzes darf hierfür kein Tabu sein. Schlecht instandgehaltene Fachwerkbauten müssen verändert oder entfernt werden können, wenn sich hierdurch überwiegende Vorteile für die Kommune bieten. Um den Gemeinden Anreize zu interkommunaler Zusammenarbeit zu bieten, wollen wir zudem im Kommunalrecht Kooperationsmöglichkeiten verankern, die z.B. die gemeinsame Ausweisung eines Gewerbegebiets attraktiv machen. Mittelfristig fordern wir die Einrichtung eines landesweites Flächenverbrauchskonzepts, das insbesondere auch den aufgrund demographischer Veränderungen und Reurbanisierung notwendig gewordenen Rückbau und umfassende Renaturierung beinhaltet.

Ausgleich für Strukturschwäche

Die Aufgaben des Staates unterscheiden sich im ländlichen Raum nicht von denjenigen in urbanen Zentren. Vielfach erfordert jedoch die Bereitstellung eines gleichwertigen Leistungsniveaus im ländlichen Raum in Relation zur Einwohnerzahl höhere Investitionen, z.B. im Verkehrsbereich oder beim Breitbandausbau. Diese Investitionen müssen sich jedoch immer am Bedarf orientieren, nicht an der Existenz von besonderen Förderprogrammen. Diese verschleiern vielfach Investitionen und erschweren die Bewertung von Notwendigkeit und Wirksamkeit im Vergleich zu anderen Investitionsmöglichkeiten. Baden-Württemberg ist kein Entwicklungsland: Bestehende Förderprogramme sollen deshalb in einheitliche politische Rahmenbedingungen für regional differenzierte Strukturförderung und –erhaltung überführt werden, z.B. in einen reformierten Verkehrsentwicklungsplan.

Insbesondere auf EU-Ebene fließen Fördermittel heute ungenau, intransparent und gießkannenartig. Die Europäische Kohäsionspolitik hat auch in der Herstellung europaweit gleichwertiger Lebensverhältnisse einen legitimen Zweck, der auch Wettbewerbsverzerrungen rechtfertigt. Dieser Zweck wird jedoch konterkariert, wenn auch wohlhabende Regionen von Fördermitteln partizipieren wollen. Das Perpetuum Mobile an intransparenter Mega-Subvention muss ein schnelles Ende finden, deshalb dürfen Fördermittel nur noch in diejenigen Regionen fließen, die am Ende des Wohlstandsgefälles in Europa liegen. Die Kriterien für Mittelvergaben müssen hierfür deutlich restriktiver formuliert, gewährte Mittel übersichtlich aufbereitet und begründet veröffentlicht werden.

Für alle Subventionsarten gilt, dass staatliche Direktsubventionen an Unternehmen kein Mittel zum Erhalt einer nicht konkurrenzfähigen Wirtschaftsstruktur sein dürfen. Erhaltungssubventionen, auch für ganze Branchen oder Regionen, konservieren unzureichende Geschäftsmodelle und können keine strukturellen Defiziten beseitigen. Die Jungen Liberalen lehnen deshalb selbige aus diesem Grund, sowohl im europäischen Förderrahmen als auch bei der Vergabe von Bundes- und Landesmitteln, ab. Lediglich die zeitlich begrenzte Anschubfinanzierung eines konkreten Projekts kann förderungswürdig sein, diese muss jedoch in jedem Einzelfall an hohe Hürden geknüpft werde.

Privatsphäre beim Bauvorhaben stärken

Die Jungen Liberalen fordern eine Vereinfachung im Bereich der Baugenehmigungsverfahren innerhalb eines Bebauungsplans. Dazu bedarf es einer Angleichung der Vorgehensweisen in Kernstädten und deren Ortschaften.

Dazu wird die nicht gesetzlich vorgeschriebene Handhabung der Anhörung der Ortschaftsräte beim Bauvorhaben von Ein- und Zweifamilienhäusern in den Ortschaften selbst, die den Vorschriften des Bebauungsplans entsprechen, auf eine Information beschränkt. Das Einvernehmen der Gemeinde durch die Gemeinderäte (Stadträte) bleibt bestehen.

Dies schützt die Privatsphäre der Bauherren, eine öffentliche Beratung der Baugesuche in den Ortschaften findet nicht mehr statt. Die Notwendigkeit des Einvernehmens der Gemeinde wird nichtöffentlich beraten. Zudem ermöglicht diese Vereinfachung zügige Verwaltungsvorgänge, da nicht auf die Rückmeldung der Ortschaften gewartet werden muss. Dadurch werden Kosten eingespart. Die Landesbauordnung ist entsprechend anzupassen, um ein Nichtöffentlichkeitserfordernis für die Beteiligung der kommunalen Gremien zu veranlassen.

Aufsteiger statt Taschengeldempfänger – Thesen liberaler Sozialpolitik

Der Einzelne und seine Bedürfnisse sind Ausgangspunkt der liberalen Weltsicht. Der Liberalismus ist damit zu allererst ein Gesellschaftsentwurf. Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verbinden jedoch mit dem parteipolitischen Liberalismus in der Bundesrepublik zunächst Forderungen nach wirtschaftlichen Freiheiten. Eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung ist für Liberale aber lediglich Vehikel der Gesellschaftspolitik und nicht Selbstzweck. Ein menschenwürdiger Lebensstandard kann nicht ausschließlich mit (markt)wirtschaftlichen Mitteln gesichert werden. Um einen möglichst breiten gesellschaftlichen Wohlstand herzustellen, bedarf es sozialpolitischer Maßnahmen. Wir fordern innerhalb der FDP eine stärkere Fokussierung auf dieses für die Lebenschancen der Bürger wichtige Thema.

Liberale Sozialpolitik kennzeichnet sich für die Jungen Liberalen Baden-Württemberg durch folgende Merkmale:


Liberale Sozialpolitik ist aktivierend und respektvoll

Die sozialen Sicherungssysteme sichern mehr ab als wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Not. Sie sollen Menschen Chancen eröffnen und ihnen helfen, auf ihrem eigenen Weg das Ziel zu erreichen. Wir geben uns nicht zufrieden mit Sozialpolitik als bloßer Existenzsicherung oder Geldzuteilung. Dem bloß reaktiven, sichernden Sozialstaat setzen wir einen aktiven, unterstützenden Sozialstaat entgegen, der Wege und Chancen in ein selbstbestimmtes Leben eröffnen will. Jede Abhängigkeit von gesellschaftlichen Transfersystemen bedeutet Unfreiheit, die es zu überwinden gilt.

Wir Jungliberale fordern deshalb:

  • Wir wollen keine vom Staat abhängigen Taschengeldempfänger, sondern mündige Bürger, die staatliche Chancen zum persönlichen Aufstieg nutzen können. Darum sind Unterstützungsmaßnahmen grundsätzlich so anzulegen, dass sie eine klare Zielsetzung verfolgen und auslaufen, wenn diese erreicht sind. „Projektschleifen“, gerade in der Arbeitslosenhilfe, gilt es zu verhindern.
  • Die Würde und Privatsphäre von Hilfeempfängern ist zu gewährleisten, wie die jedes anderen Bürgers auch. Wir sprechen uns deshalb gegen herabwürdigende Bedarfsprüfungen und Dokumentationen aus. Praktiken, wie die „Zahnbürstenkontrolle“, die bei Leistungsempfängern nach dem SGB II das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft überprüfen soll, lehnen wir ab. Wir wehren uns gegen gesellschaftliche Ressentiments gegenüber Hilfeempfängern.
  • In Zukunft soll vor der Auszahlung von Sozialleistungen keine Vermögensprüfung mehr stattfinden. Die Schonvermögensregelung ist daher abzuschaffen.
  • Sämtliche Sozialleistungen müssen hinsichtlich ihrer bürokratischen Hürden überprüft werden. So mangelt es gerade beim Bildungspaket an Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen und an der nötigen individuellen Ausgestaltung für die Kinder. Es sind nicht nur die Anträge für die Bildungsgutscheine zu kompliziert, sondern auch am Konzept finden sich noch zahlreiche Mängel, die beseitigt werden müssen, damit das Bildungspaket erfolgreicher angenommen wird. Schulen müssen bei den Gutscheinen für Nachhilfe verstärkt mit eingebunden werden, sowie bei Musikunterrichtsgutscheinen geklärt werden, ob beispielsweise die Finanzierung eines Instruments im Gutschein enthalten ist. Diese und viele weitere konzeptionelle Nachlässigkeiten sind von der Bundesregierung schnellstmöglich zu verbessern. Ferner müssen die Kommunen besser kooperieren und ihre Leistungen im Rahmen des Bildungspakets entsprechend aufeinander abstimmen.

Liberale Sozialpolitik eröffnet Chancen durch Bildung

Bildung ist die Grundlage eines selbstbestimmten, unabhängigen Lebens. Sie „bildet“ Persönlichkeit und Individualität und ist Grundpfeiler für einen jeden Menschen, seine Position in der Gesellschaft zu finden. Aktivierende Sozialpolitik setzt deshalb darauf, die Fähigkeiten und Talente jedes einzelnen Menschen zu entwickeln und bestmöglich zu fördern. Sozialpolitik als Bildungspolitik zieht sich durch alle Phasen des Lebens der Bürger. Neue Zugänge zur Bildung müssen geschaffen, vorhandene müssen weiter geöffnet werden.

Wir Jungliberale fordern deshalb:

  • Damit frühkindliche Bildungschancen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, fordern wir landesweit den beitragsfreien Kindergarten für Kinder ab drei Jahren. Eine Herdprämie (Betreuungsgeld), die Eltern finanzielle Anreize gibt, ihre Kinder nicht in Kindertagesstätten anzumelden, lehnen wir ab.
  • Das Instrument der Sprachstandserhebungen muss weiterentwickelt und an handfeste Konsequenzen geknüpft werden. Kinder, die bei einer Sprachstandserhebung grundlegende Anforderungen nicht erreichen, sollen zu einem vorschulischen Kindergartenjahr verpflichtet werden.
  • Wir befürworten die Nachlagerung von Studiengebühren sowie den Ausbau des Stipendienprogramms, um sowohl sozial schwächeren Schülern ein Studium zu ermöglichen wie auch die Finanzierung der Hochschulen auf einem guten Niveau halten zu können.

Liberale Sozialpolitik setzt auf gesellschaftliches Engagement

Das Ehrenamt ist einer der größten Schätze unserer Gesellschaft. Millionen von Freiwilligen bringen sich mit Herzblut in Politik, Sport, Kultur, Brauchtumspflege, Religionsgemeinschaften, Nachbarschaftshilfen, soziale Einrichtungen und anderen Formen für die Gesellschaft ein. Unterstützung durch Freiwillige und Ehrenamtliche ist für diejenigen, die sie benötigen, besonders wertvoll. Das eingebrachte Mitgefühl und persönliche Nähe sind durch den größten Aufwand an Transferleistungen nicht zu ersetzen. Es ist in Zeiten des demographischen Wandels und knapper öffentlicher Finanzen unerlässlich.

Wir Jungliberale fordern deshalb:

  • Ehrenamtliches Engagement soll steuerlich nicht belastet, sondern im Rahmen des Möglichen entlastet werden. Wir fordern die Erhöhung der Übungsleiter- sowie Ehrenamtspauschale. Auch muss das Gemeinnützigkeits­recht weiter reformiert werden.
  • Risiken für den Versicherungsschutz müssen konsequent beseitigt und die Haftung Ehrenamtlicher im Vereinsrecht beschränkt werden.
  • Die Zertifizierung von im Ehrenamt erworbenen Fähigkeiten muss vorangetrieben werden. Wir fordern die Einrichtung einer hierfür zuständigen Stelle.
  • Bürokratische Hürden, die dem Ehrenamt entgegenstehen, sind abzubauen. Gemeinnützige Vereine sind von unnötigem, bürokratischen Ballast zu befreien.
  • Eine nachfrageorientierte Ausgestaltung und Ausweitung des Bundes­frei­willigen­dienstes sowie die Integration anderer Freiwilligendienste wie FSJ und FÖJ in den Bundesfreiwilligendienst muss angegangen werden.

Liberale Sozialpolitik ist solidarisch und verantwortungsbewusst

Freiheit heißt für uns Jungliberale nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für den Nächsten zu übernehmen. Liberale unterstützen deshalb den Weg in die Selbstbestimmtheit anderer. Die Notwendigkeit sozialer Sicherungssysteme steht damit außer Frage. Niemand darf durch das Raster dieser Sicherungsnetze fallen. Solidarität zu zeigen, gilt allerdings nicht nur für die Helfenden. Auch diejenigen, die durch die Sozialsysteme Hilfe erfahren, müssen sich solidarisch zeigen. Sie sollen sich nach besten Kräften bemühen, ihre Notlage zu überwinden und den größten ihnen möglichen Beitrag zur ihrem eigenen Lebensunterhalt und zur Gesellschaft zu erbringen.

Wir Jungliberale fordern deshalb:

  • Ein Mindestlohn, der Menschen ohne Schulabschluss oder sonstige Qualifikation Chancen zum Einstieg in Arbeit nimmt, und Hartz IV, das zu geringe Hinzuverdienstmöglichkeiten bietet, lehnen wir ab. Stattdessen fordern wir die Einführung des Liberalen Bürgergelds. Jedem Bürger steht darin ein Geldbetrag zu, der sein Existenzminimum sichert, wenn er nicht über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt. Die demüti­gen­de Antragsprozedur, von Amt zu Amt laufen zu müssen, entfällt. Flexible Anrechnungsregelungen zu möglichem Einkommen haben für jeden positive Anreize geschaffen, Arbeit anzunehmen. Andererseits kann durch das Bürgergeld Verwaltung effizienter organisiert werden. Die Auszahlung des Bürgergelds soll alleine beim Finanzamt liegen, welches die hierfür erforderlichen Daten in der Regel sowieso bereits erhoben hat. Soziale Hilfe muss zielgenauer werden, was durch die zentrale Verrechnung von Transfer­anspruch und Steuerpflicht erreicht werden kann.
  • Solidarisch sind wir ebenfalls mit denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die noch gar nicht geboren sind. Generationengerechtigkeit ist die Voraussetzung einer nachhaltigen Sozialpolitik. Um den Staat in die Lage zu versetzen, auch künftig ein soziales Netz zu gewährleisten, streben wir eine zügige Haushaltskonsolidierung an. Die eingeführte Schuldenbremse im Grundgesetz ist nur ein Anfang. Für Liberale muss der Schuldenabbau Vorrang vor neuen Staatsausgaben haben. Langfristig wollen wir bis zum Jahr 2050 alle Altschulden auf Bundesebene tilgen.
  • Solidarität muss nicht zwangsweise staatlich organisiert werden. Wir begrüßen die Existenz privater Träger und möchten diese besser fördern. Die Konkurrenz durch diese Träger steigert die Effizienz der eingesetzten Transfergelder. Durch eine klare Definition der Aufgaben und eine effiziente Kontrolle wollen wir Missbräuche verhindern.

Liberale Sozialpolitik ist individuell

Gleichmacherei schafft keine soziale Gerechtigkeit. Wir setzen den einzelnen Menschen ins Zentrum unseres Handelns. Unterstützung muss deshalb individuell sein und keine Massenabfertigung. Die Analyse des individuellen Unterstützungsbedarfs ist dabei ein wichtiger Ausgangspunkt. Zu viele Menschen fallen durch das Raster der Paragraphen. Hilfe muss unbürokratischer werden. Sachbearbeiter von Sozialkassen und Behörden brauchen mehr Spielräume. Auch den Unterstützten soll mehr Mitsprache ermöglicht werden, denn Arbeitsuchende kennen oft ihre Qualifikationslücken und wissen wohin sie sich entwickeln möchten.

Wir Jungliberale fordern deshalb:

  • Mehr als bisher sollen private und kommunale Arbeitsagenturen in der Arbeitsvermittlung gestärkt werden. Durch neuartige Instrumente und einen engen Kontakt mit den Unternehmen vor Ort sind sie in der Regel erfolgreicher als die Bundesagentur für Arbeit, welche einer grundlegenden Neustrukturierung bedarf. Anstelle des bürokratischen Apparats sollen dezentrale, kommunale Jobcenter sowie eine deutlich geschmälerte, für überregionale Maßnahmen zuständige Arbeitsagentur treten. Das Modell der Optionskommunen kann hierbei als Vorbild dienen.
  • Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf sollen mit persönlichen Budgets selbst wählen, welche konkrete Unterstützung sie nutzen wollen. Sie wissen selbst am besten, welche technischen Geräte, Wohnform oder Qualifikationen bei persönlicher Assistenz für sie die den größten Nutzen bringen.
  • Starre Regelungen zum Renteneintrittsalter lehnen wir ab. Wer Anwartschaften erworben hat, kann ab dem Zeitpunkt, ab dem diese das Sozialhilfeniveau übersteigen, selbst entscheiden, wann er aufhören möchte einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Menschen, die auch über das bisherige gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus ihren Beruf ausüben möchten, sollen die Freiheit erhalten dies zu tun.

Liberale Sozialpolitik ist zukunftssicher

Die schrumpfende Bevölkerung stellt besonders die heutigen Sozial­ver­sicherungssysteme vor große Herausforderungen, da diese auf eine große Zahl von Einzahlern und eine deutlich geringere Anzahl von Empfängern aufbaut. Was der Bevölkerungszahl der 1960er Jahren entsprach, wird zukünftig nicht mehr der Lebensrealität gerecht. Der Trend einer leider nicht umzukehrenden schrumpfenden Bevölkerung missachten die aktuell politisch Verantwortlichen leider in großen Teilen und verweigern sich mutigen Reformen.

Wir Jungliberale fordern deshalb:

  • Die bisherige Finanzierung der bestehenden Sozialversicherungen beruht auf dem Umlageverfahren. Umlagefinanzierte Systeme basieren auf einer großen Zahl von Einzahlern und einer deutlich geringeren Zahl von Beziehern der Leistungen. Aufgrund des demographischen Wandels ist dieses System überholt. Wir fordern demographiefeste Sicherungssysteme durch steuer- und kapitalgedeckte Finanzierungselemente.
  • Eine Privatisierung der Arbeitslosenversicherung lehnen wir ab. Eine private Versicherung ist aufgrund der stark unterschiedlichen Betroffenheit vom Versicherungsrisiko Arbeitslosigkeit nicht realisierbar. Stattdessen fordern wir eine Konzentration der Arbeitslosenversicherung auf ihre Kernaufgabe – die Absicherung zumindest eines Teils des bisherigen Einkommens. Insbesondere sollten Mittel nicht länger für staatlich finanzierte Arbeitsplätze ausgegeben werden, die reguläre Beschäftigung verdrängen. Deshalb sind Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie Ein-Euro-Jobs abzuschaffen.

Liberale Sozialpolitik ist integrativ

Wir setzen auf gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen. Niemand darf dies aufgrund seiner Herkunft, geistiger, seelischer, körperlicher oder sonstiger Beeinträchtigungen verwehrt werden. Barrieren in der Inanspruchnahme von Teilhabemöglichkeiten wollen wir überwinden.

Wir Jungliberale fordern deshalb:

  • Sprachförderung in der frühkindlichen Bildung, aber auch für Migranten, muss in den Fokus gerückt werden. Die Inanspruchnahme sollte allerdings auch kontrolliert werden. Es bietet sich hier eine Kopplung an soziale Hilfen an.
  • Die Evaluierung und Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse und Ausbildungen sollte dringend vorangetrieben werden. Wer arbeiten möchte, sollte die nötige Unterstützung bekommen.
  • Liberale Familienpolitik hat zum Ziel, Benachteiligungen durch Geschlecht oder sexuelle Orientierung zu beseitigen. Dafür ist die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf grundlegend. Ebenfalls fordern wir den Abbau der Benachteiligungen alternativer Familien- und Lebensmodelle. Neue Lebensentwürfe, in denen Menschen generationenübergreifend und unabhängig von einer verwandtschaftlichen Beziehung füreinander Verantwortung übernehmen, sind zu respektieren und zu fördern. Wir sehen die „klassische Ehe“ nur als ein Modell unter vielen, in dem Menschen gemeinschaftlich Verantwortung füreinander übernehmen. Zwischen ihr und anderen Verantwortungsgemeinschaften dürfen keine Unterschiede bestehen. Daher ist das Ehegattensplitting abzuschaffen und durch konsequente Individualbesteuerung zu ersetzen.
  • Menschen mit Behinderung sollen die bestmögliche Unterstützung erhalten, ihr Handicap zu kompensieren. Inklusion in Ausbildungs- und Berufsleben müssen eine Selbstverständlichkeit sein. Wir begrüßen deshalb den Rechtsanspruch auf eine inklusive Schulausbildung, den die UN-Behindertenrechtskonvention Menschen mit Behinderungen verleiht. Gemeinsam mit den Selbsthilfeverbänden und den Kommunen muss ein Aktionsplan entwickelt werden, der die einzelnen Umsetzungsmaßnahmen absteckt. Handlungsbedarf besteht insbesondere bei der inklusiven Beschulung innerhalb der beruflichen Ausbildung. Zusätzliche Landesmittel müssen hier nach dem „Rucksackprinzip“ den Schulen mit einem höheren Anteil von behinderten Schülern zur Verfügung stehen, damit eine inklusive Beschulung nicht zur Kürzungen an anderer Stelle führt. Des Weiteren fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg zeitnah eine vollständige Untertitelung des öffentlich-rechtlichen Medienangebots, auch in Gebärdensprache. Städtebau- und Tourismusförderprogramme müssen hinsichtlich ihrer Maßnahmen zur Barrierefreiheit überprüft werden.

ACTA stoppen!

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg lehnen das ACTA-Abkommen (Anti Counterfeiting Trade Agreement) ab. Das Abkommen, mit dem Ziel, den Kampf gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen zu stärken, ist über Jahre hinter verschlossenen Türen verhandelt worden. Durch ACTA würden bestehende Rechtslagen in Stein gemeißelt. Gerade die schwammige Formulierung führt zur Schwächung der Rechtssicherheit, die mögliche weltweite Einführung von Netzsperren und -überwachung sowie die intransparente Verhandlung des Vertrages kritisieren wir.

Gerade in Deutschland wäre die Umsetzung des Abkommens problematisch, teils sogar möglicherweise verfassungswidrig. Für eine Telekommunikationsüberwachung ist nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes eine „schwere Straftat“ notwendig, die wir gerade in Verletzungen des Urheberrechts nicht erkennen.

Die Liberalen in Deutschland haben Internetsperren verhindert und kämpfen weiterhin auf europäischer Ebene gegen Vorratsdatenspeicherung. Durch ACTA würde ein völkerrechtlicher Vertrag wirksam werden, der unsere bisherigen Erfolge nutzlos macht.

Statt ACTA fordern wir eine neue Auseinandersetzung mit dem Urheberrecht in Deutschland und der EU, mit dem Ziel, auch in der WTO und WIPO neue Impulse zu setzen. Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, ACTA abzulehnen und neue Wege im Bereich des geistigen Eigentums zu gehen. Des Weiteren fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg die FDP-Delegation im Europäischen Parlament auf, sich bei der entsprechenden Abstimmung gegen das Abkommen auszusprechen.

Keine Lobby-Geldspritze für Verlage – Leistungsschutzrecht stoppen!

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg sprechen sich gegen das von der schwarz-gelben Koalition geplante Leistungsschutzrecht (LSR) für Verlage aus.

Wir lehnen die Erhebung von Gebühren für die kommerzielle Verwendung fremder Verlagserzeugnisse (etwa Verlinkungen oder Snippets von Zeitungsartikeln in Suchmaschinen oder Newsaggregatoren) ab und fordern die Bundesregierung auf, ihre diesbezüglichen Pläne zu verwerfen.

Unserer Ansicht nach würde das LSR, auch als „kleine Lösung“, wie von der Regierung anvisiert, die Freiheit im Netz unnötig einschränken. Es wäre Gift für die Informationsfreiheit und die Innovationskraft im Internet.

Die Forderung der Verlage nach einem LSR ist lediglich Ausdruck zunehmender Unbeholfenheit gegenüber ihrer schlechten Selbstvermarktung im Netz. Die Rechte der Autoren sind bereits durch das geltende Urheber- und Zitierrecht geschützt.

Statt eines LSR für Verlage fordern wir angesichts der zunehmenden Reibungsflächen eine grundsätzliche Diskussion über die Rolle von Verwertungsgesellschaften im Netz.