Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg stärken – Situation des Akademischen Mittelbaus verbessern

Wissenschaft und Bildung sollen in Deutschland die Grundlagen für zukünftiges Wirtschaftswachstum und Wohlstand schaffen. Doch trotz aller Beteuerungen und politischen Schönwetterreden von Bildungsrepublik und dem Wissenschaftsstandort Deutschland finden Nachwuchswissenschaftler an deutschen Universitäten und staatlichen Forschungseinrichtungen schlechte und im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähige Verhältnisse vor. Zu einer miserablen Bezahlung kommt eine stetige Unsicherheit durch häufig sehr kurz befristete Verträge, die – anders als in der freien Wirtschaft – nicht einmal einer Begründung bedürfen. Hinzu kommt eine steigende Belastung von jungen Wissenschaftlern mit administrativen Tätigkeiten und Lehraufgaben. Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern diese Missstände kurz- und mittelfristig zu beheben. Die von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer angestoßenen Reformen gehen in die richtige Richtung, greifen jedoch im Wesentlichen zu kurz.

Im Einzelnen fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg:


Beschäftigungsbedingungen verbessern

Die Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an Baden-Württembergischen Universitäten soll wieder dahin entwickelt werden, dass sie eine attraktive Alternative zur Tätigkeit in der freien Wirtschaft und der Wissenschaft im Ausland darstellt. Deswegen:

Befristungen von Arbeitsverträgen sollen auch im Wissenschafts- und Hochschulbereich entsprechend den Regelungen des TzBfG grundsätzlich begründungsbedürftig sein. Wenn der Befristungsgrund eine Qualifizierungsmaßnahme (z. B. eine Promotion) ist, soll die Befristung nicht unter der üblichen Länge der Maßnahme und nicht unter drei Jahren liegen. Die in der aktuellen Änderung des WissZeitVG angestrebte Formulierung, eine Befristung solle „der angestrebten Qualifizierung angemessen“ sein, wird diesen Anforderungen nicht gerecht und lässt weiterhin zu viel Spielraum für Kurz- und Kettenbefristungen.

Der Stellenumfang für Qualifikationsstellen soll für Promovierende mindestens 65%, für Post-Docs 100% betragen. Die Ausstattung der Lehrstühle bzgl. der zugewiesenen Stellenanteile ist dementsprechend durch zusätzliche Landesmittel anzupassen. Auch für Wissenschaftler, die den Professorenstatus noch nicht erreicht haben, soll die Möglichkeit geschaffen werden, leitungsbezogene Zulagen zum Grundgehalt zu erhalten.

Eigene Forschungsarbeit tatsächlich ermöglichen Wissenschaftliche Angestellte der Universitäten müssen sich schwerpunktmäßig auf ihre Forschung konzentrieren müssen. Die Überbelastung mit sonstigen universitären Aufgaben muss zurückgefahren werden.

50% der eigenen Arbeitszeit müssen der eigenen Qualifizierung oder Forschung vorbehalten sein. Um diese Vorgabe verlässlich zu erfüllen, ist auch die Arbeitszeit des wissenschaftlichen Mittelbaus zukünftig zu erfassen und mit der Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag – der diese Vorgabe enthalten soll – abzugleichen.

Es ist anzustreben, dass der arbeitsrechtlich Vorgesetzte nur im begründungsbedürftigen Ausnahmefall gleichzeitig Betreuer oder Gutachter der Promotion ist. Die aktuell übliche Personalunion aus Vorgesetztem und Betreuer führt zu einem Großteil der momentan vorhandenen Probleme.

Wissenschaftler, die projektbasiert durch Drittmittel finanziert werden, sollen keine allgemeinen Verwaltungsaufgaben und Lehrstuhltätigkeiten übertragen werden dürfen.

Abschlussarbeiten sollen nach dem Landeshochschulgesetz (LHG) nur in Ausnahmefällen durch Doktoranden oder Post-Docs betreut werden. Die Universitätsleitungen müssen verstärkt darauf achten, dass diese Aufgabe künftig wieder auch tatsächlich von Professoren wahrgenommen wird.

Publikationen von Promovierenden und Post-Docs ohne Mitautorschaft eines Professors sind ausdrücklich zu fördern. Die (leider noch gängige) Praxis der „Ehrenautorschaft“ muss beseitigt werden.

Die leistungsbezogene Vergütung von Professoren soll sich zukünftig nicht mehr an der reinen Zahl von „durchgebrachten“ Promotionen orientieren dürfen. Vielmehr sind auch die abgebrochenen Promotionen und der Publikationserfolg der Doktoranden in die Kriterien mit aufzunehmen.


Interessenvertretung stärken

Eine einheitliche Interessenvertretung des wissenschaftlichen Mittelbaus findet bisher nicht statt. Vielmehr werden externe Doktoranden momentan als Promotionsstudenten von der Studierendenvertretung, interne Doktoranden und Post-Docs vor allem von den Personalräten vertreten. Wir fordern, dass insbesondere die Doktoranden als eigene Gruppe an den Universitäten anerkannt und gehört werden.

Die neu eingeführten Doktorandenkonvente sollen nicht nur auf ihre bislang beratende Funktion beschränkt bleiben, sondern in den entscheidenden Gremien vergleichbar mit den Studierendenvertretern Sitz und Stimme erhalten.

Es soll im Hinblick auf den Umgang von Professoren mit Promovierenden und Post-Docs ein Kontrollgremium eingeführt werden, das als neutraler Ansprechpartner und Vermittler bei Problemen zwischen Professor und Mitarbeitern agiert.


Den Weg in die Wissenschaft ebnen

Der Großteil der Nachwuchswissenschaftler hat in Deutschland keine Möglichkeit dauerhaft in der Wissenschaft zu verbleiben. Dass dies auch nicht wünschenswert – geschweige denn möglich – ist, erkennen wir an. Jedoch ist die Diskrepanz zwischen der Anzahl der Nachwuchswissenschaftler und den Stellen für eine dauerhafte wissenschaftliche Tätigkeit in Deutschland überdurchschnittlich hoch. Hier muss Abhilfe geschaffen werden.

Die Universitäten sollen Stellen, die schwerpunktmäßig für Lehrtätigkeiten vorgesehen sind zulasten von allgemeinen Doktorandenstellen ausbauen, um die „Überproduktion“ von Promovierten in Deutschland zu stoppen (in Deutschland überproportional viele Promovierende und nur sehr wenige Professuren) und gleichzeitig Wissenschaftler im Bereich der Lehre zu entlasten.

Ein Aufbau und Ausbau von Tenure-Track Stellen nach anglo-amerikanischem Vorbild ist dringend notwendig.

Abschaffung der Hundesteuer

Wir als Julis Baden-Württemberg sind gegen die willkürliche Besteuerung von Besitztümern und damit auch klar gegen eine Hundesteuer.

Anders als häufig vermutet, ist die Hundesteuer nicht dafür gedacht, den Stadtbereich von den Hinterlassenschaften der Vierbeiner zu reinigen. Die Kommunen können selbst entscheiden, was sie mit diesen Steuergeldern anfangen. Somit gibt es keinen Grund, warum nicht auch andere Tierbesitzer in die Pflicht genommen werden sollten, sondern nur die Hundebesitzer zur Kasse gebeten werden.

Hinzu kommt, dass steuerrechtlich Abgaben illegal sind, bei denen es mehr oder weniger dem Zufall überlassen ist, ob sie tatsächlich bezahlt werden. Schätzungsweise sind bis zu zwanzig Prozent der Hunde in Deutschland nicht registriert und tragen keine Hundemarke. Es gibt keine Instanz, die diesen Tatverhalt überprüft. Und auch die Höhe der Hundesteuer können die Gemeinden selbst bestimmen. Besonders zum Tragen kommt hier die Kampfhunderegelung, die undurchsichtig und deutschlandweit uneinheitlich ist. Je nach Bundesland werden einige Hunderassen in die Kategorie „Kampfhund“ eingeteilt und in diesem Zuge unverständlich hoch mit Abgaben von bis zu 16 200 € pro Jahr belegt. Für die Festlegung der Höhe der sogenannten „Kampfhundesteuer“, aber auch für die des regulären Hundesteuersatzes, gibt es keine nachvollziehbare Erklärung.

Wir sind gegen die Ungleichbehandlung und Diskriminierung von Hundebesitzern und sprechen uns somit für eine Abschaffung der Hundesteuer aus.

Nieder mit dem Alkoholverkaufsverbot

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern die Änderung des § 3a des Gesetzes über die Ladenöffnung (LadÖG).

Wir positionieren uns klar gegen ein allgemeines Alkoholverkaufsverbot. Neben der willkürlichen Festlegung der Zeitspanne sowie der Ausnahmeregelungen, halten wir einen solch massiven Eingriff in die Angebotsfreiheit des Einzelhandels und die Wahlfreiheit der Konsumenten für unvereinbar mit unseren liberalen Grundsätzen. Niemandem soll vorgeschrieben werden, wann Alkohol gekauft und verkauft werden kann. Da bei einer Streichung des § 3a LadÖG allerdings Bundesgesetz Anwendung finden würde (Alkoholverkaufsverbot von 22-5 Uhr), wollen wir diesen Paragraphen lediglich abändern. Er soll festschreiben, dass Baden-Württemberg keine zeitlichen Alkoholverkaufsverbote mehr hat.

Bürgerfreundliche Kommunalverwaltung

Die Jungen Liberalen sprechen sich für eine bürgerfreundliche Kommunalverwaltung aus. Hierzu bedarf es der Einführung von Qualitätsstandards, die klare Anforderungen bei Anfragen oder Anträgen, wie beispielsweise bei einem Bauantrag fordern:

Rückruf nach einem Arbeitstag, Eingangsbestätigung unter Nennung eines zuständigen Ansprechpartners nach drei Arbeitstagen und Entscheidung über Bauvorhaben nach 40 Arbeitstagen. Gefordert werden auch die Schaffung von Verwaltungswegweisern und die Einrichtung von Lotsen für Existenzgründer. Die Kommunen sollten sich zudem dazu verpflichten, die in der Wirtschaft üblichen Zahlungsziele einzuhalten (14-30 Tage). Das Gütesiegel „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung e.V.“ beschreibt weitere Kriterien, allerdings ist es aus Sicht der Jungen Liberalen nicht zwingend notwendig, dieses Gütesiegel (dessen Erwerb meist auch mit Zertifizierungskosten verbunden ist) zu erwerben, um als bürgerfreundliche Kommunalverwaltung bezeichnet zu werden, da die Anforderungen von Kommune zu Kommune unterschiedlich sein können.

Für eine geordnete Flüchtlingspolitik

Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg bekennen sich deutlich zum Asyl für politisch Verfolgte und zur humanitären Hilfe für Schutzbedürftige. Wir setzen uns für eine Europäische Lösung der Migrationspolitik ein und sind enttäuscht von der planlosen Politik der Bundesregierung. Spätestens mit der Entscheidung, das Dublin-Verfahren für syrische Flüchtlinge außer Kraft zu setzen, hat die Bundesregierung, insbesondere die Bundeskanzlerin Merkel den Eindruck erweckt, dass unsere Aufnahmekapazität endlos sei.

Um der chaotischen Lage Herr zu werden, sprechen sich die Jungen Liberalen Baden-Württemberg für drei Instrumente aus, um die sogenannte Flüchtlings- und Unterbringungskrise kurz- und mittelfristig zu lösen:


vorübergehender Schutz mit reformiertem Einwanderungsgesetz

Die aktuelle Lage zeigt, dass sich das geltende Asylrecht bei großer Anzahl von Flüchtlingen nicht bewährt. Stattdessen bedarf es unbürokratischer Lösungen, die ganz im Sinne des humanitären Schutzes den Flüchtlingen ermöglichen sichere Zuflucht zu finden und schnell Klarheit über ihren Aufenthaltsstatus zu schaffen. Eine pauschale, schnelle und unbürokratische vorübergehender Schutz für Kriegsflüchtlinge begrüßen wir. Dennoch wollen so Einwanderung und Asyl klar voneinander unterscheiden.

Der vorübergehende Schutz, der seine rechtliche Grundlage in Richtlinie 2001/55/EG hat, gewährt Flüchtlingen einen vorübergehenden Schutz bis beispielsweise der Bürgerkrieg in ihrem Heimatland beendet ist.

Das Instrument des vorübergehenden Schutzes hilft also auf der einen Seite zunächst, den großen Andrang bei Asylbewerbern gerecht zu werden und die Behörden zu entlasten. Andererseits ist diese Regelung auch im Sinne der Flüchtlinge, da diese so schneller Gewissheit über ihren Aufenthaltsstatus bekommen, anstatt mehrere Monate in überfüllten Asylunterkünften abzusitzen. Verbunden mit Sprachkursen, Weiterbildungsangeboten und der Möglichkeit von Beginn an eigenes Geld zu verdienen, ist dies ein Möglichkeit von ersten Tag der Ankunft in Deutschland am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und sich zu integrieren. Die vorübergehender Schutz kann nach Ansicht der Jungen Liberalen Baden-Württemberg jedoch nur als wirksames Instrument dienen, wenn sie mit einem reformierten Einwanderungsgesetz einhergeht. Dies muss den Flüchtlingen die Möglichkeit geben auch nach Ablauf des vorübergehenden Schutzes dauerhaft in Deutschland zu bleiben, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen.

Falls gute Bleibechance in Aussicht sind, soll ein Familiennachzug schon während der Schutzdauer möglich sein.


Registrierungszentren

Die Landeserstaufnahmestellen sind überfüllt, tausende von Flüchtlingen sind zudem nicht registriert, weil sie die Aufnahmestellen vor Ihrer Registrierung direkt wieder verlassen und zu Verwandten weiterziehen. Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg begrüßen daher die Einführung von Registrierungszentren. Sie ermöglichen eine schnelle, kontrollierte Verteilung von Flüchtlingen auf die Bundesländer und schaffen so die Rahmenbedingungen für eine geordnete Flüchtlingspolitik. Aus Sicht der Jungen Liberalen müssen solche Registrierungszentren nicht zwangsläufig in Grenznähe errichtet werden. Es handelt sich dabei viel mehr um eine erweiterte Erstaufnahmestelle, die vom Aufbau, Ausstattung und personelle Besetzung insbesondere für die Registrierung und Weiterverteilung der Flüchtlinge ausgestattet sein soll. Da diese Zentren auch speziell für die Ankunft der vielen Flüchtlinge ausgelegt sind, ermöglichen sie eine menschenwürdige Erstversorgung und können für schnelle Gewissheit bei den Flüchtlingen sorgen. Eine Einteilung in Flüchtling 1. und 2. Klasse muss vermieden werden. Registrierungszentren sollen daher erste Anlaufstelle für alle Flüchtlinge werden – egal ob aus sicherem oder nicht sicherem Herkunftsland. Auch in Registrierungszentren muss die Rechtstaatlichkeit gegeben sein. Ein Freiheitsentzug unter Umgehung der hohen grundgesetzlichen Anforderungen ist inakzeptabel. Es braucht Rechtsbeistände, Richter und Dolmetscher, um den dort ankommenden Flüchtlingen ein sauberes Verfahren zu ermöglichen. Aufgabe der Registrierungszentren soll auch die Ausgabe von einheitlichen Ausweisdokumenten, die den entsprechenden Grundlagen der Identitätsfeststellung genügen, sein.


Konsequente Rückführung

Bis Ende Oktober wurden in Baden-Württemberg von über 20 000 ausreisepflichtigen Menschen gerade ca. 1600 wieder in ihre Heimat gebracht. Aus Sicht der Jungen Liberalen Baden-Württemberg ist dies ein Armutszeugnis für die Grün-Rote Landesregierung. Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern die Landesregierung daher auf abgelehnte Asylbewerber schnell und konsequent abzuschieben. Dazu gehört auch, dass aufgrund der derzeitigen Lage Winterabschiebestopps ausgesetzt werden. Nur so können dringend benötigte Unterbringungskapazitäten geschaffen werden. Das ist auch im Sinne der vielen Flüchtlinge, die tatsächlich schutzbedürftig sind. Denn Flüchtlinge mit abgelehntem Asylbescheid beanspruchen unnötig Kapazitäten in den sowieso schon überfüllten Erstaufnahmestellen und kommunalen Zwischenunterbringungen. Abgelehnte Asylbewerber sollten erst gar nicht auf die Kommunen verteilt werden, sondern direkt aus den Erstaufnahmestellen heraus abgeschoben werden.