02.10.2005

Aufbruch 2009 – Die FDP als mutige Oppositionskraft im Deutschen Bundestag


Ausgangslage

Der Ausgang der vorgezogenen Bundestagswahl hat das deutsche Parteiengefüge verändern. Das erste Mal in der bundesrepublikanischen Geschichte vereinigen die beiden „Großparteien“ CDU/CSU und SPD nur noch weniger als 70 Prozent der Wählerstimmen. Zu Zeiten der Großen Koalition in den 1960er Jahren waren es noch deutlich über 90 Prozent. Dieses Ergebnis unterstreicht den Trend, dass es für beide Parteien immer schwieriger wird, Wählerinnen und Wähler fest an sich zu binden. Der Anteil der Wechselwähler wird kontinuierlich größer und somit auch der Wettbewerb um Stimmen. Dieser Trend eröffnet insbesondere der FDP die große Chance, mittel- und langfristig neue Wählergruppen für sich zu gewinnen.

Die FDP ist nach dem 18. September 2005 die stärkste der „kleineren“ Parteien und wird bei einer voraussichtlichen Großen Koalition die Rolle der Oppositionsführung im Deutschen Bundestag übernehmen. Viele Menschen haben die FDP gerade deswegen gewählt, weil sie einen echten Politikwechsel in Deutschland wollten und nach wie vor wollen. Dieser wird aber aufgrund großer inhaltlicher Differenzen weder in einer Ampel bzw. „Schwampel“ noch in einer Großen Koalition vollzogen werden können. Gerade die Grünen haben sich in den vergangenen Jahren als Wachstums- und Innovationsbremse herausgestellt und sind schon deshalb als Koalitionspartner ungeeignet. Dies kann jedoch derzeit unter rot-grün plus gelb nicht erreicht werden. Die sogenannte Jamaika-Koalition erweist sich derzeit als schwierig. Gerade die Grünen waren in der Regierung Schröder für eine marktorientierte Wirtschaftspolitik nicht zu haben. Jedoch gibt es mit jedem möglichen Koalitionspartner deutliche Differenzen. Die Jungen Liberalen schließen daher eine schwarz/gelb/grüne Regierung nicht aus. Unabhängig von einer Regierungsbeteiligung sehen wir in der Opposition eine Chance. Dort muss in den kommenden Jahren konsequent und mutig für einen Regierungswechsel mit einer starken, zweistelligen FDP hingearbeitet werden.


Starke und glaubwürdige Opposition

Die FDP ist beim Zustandekommen einer Großen Koalition die stärkste Oppositionspartei. Im Gegensatz zu den vergangenen sieben Jahren erhalten die Freien Demokarten dadurch in der Öffentlichkeit eine völlig neue Rolle und Bedeutung. Die Linkspartei ist mit ihrem Führungspersonal nicht Ernst zunehmen und ist an keiner konstruktiven parlamentarischen Arbeit interessiert, die Grünen stehen ohne Fischer und irgendeine Landesregierungsbeteiligung mit leeren Händen da. Die FDP wird in den Medien und in der Bevölkerung deshalb als die Oppositionskraft wahrgenommen werden und höhere Aufmerksamkeit für ihre Programmatik und ihr Personalangebot genießen. Aus diesem Grund ist es wichtig, zukünftig noch klarer, noch deutlicher und noch provokanter die liberalen Positionen in die Öffentlichkeit zu transportieren. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die FDP personell geschlossen und inhaltlich konsistent auftritt. Viele Menschen in Deutschland wünschen sich endlich eine Partei, die Klartext redet. Dazu hat die FDP nunmehr die Chance. Wichtig ist dabei, glaubwürdig für freiheitliche Politik zu kämpfen.

Fehlgeleitete Positionen wie beispielsweise zur IHK-Zwangsmitgliedschaft, das Nein zum Handel von Arzneimitteln im Internet und viele andere Relikte aus der Kohl-Zeit müssen schnell über Bord geworfen werden, da die Liberalen hier eine große Angriffsfläche für Kritiker bieten. Die FDP muss im Sinne eines ganzheitlichen Liberalismus ein eigenständiges Politikangebot auf allen Themenfeldern anbieten. Die FDP darf ihre Inhalte dabei nicht nach den Interessen einer spezifischen Klientel oder auf bestimmte Interessengruppen ausrichten. Die FDP hat sich in ihrem Grundsatzprogramm, den Wiesbadener Grundsätzen, gegen jegliche Form von Gefälligkeitspolitik ausgesprochen und muss nun diesem Anspruch unbedingt gerecht werden. In der zurückliegenden Legislaturperiode ist die klare ordnungspolitische Linie aus Rücksichtnahme auf vermeintliche Wählerklientel teilweise verlassen worden. Damit hat die FDP durch Fehlentscheidungen in einigen Punkten insgesamt an Glaubwürdigkeit verloren. Gerade in den heutigen Zeiten, in denen gravierende Reformmaßnahmen, verbunden mit zum Teil nachhaltigen Einschnitten in die bestehenden Systeme, nötig sind, sind ein ganzheitlicher Reformansatz, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit unerlässlich.

Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit müssen daher im Zentrum der neuen Oppositionspolitik der FDP stehen. Hierzu müssen Widersprüche in den Aussagen und im Verhalten derjenigen, die sie in der Öffentlichkeit repräsentieren, beseitigt werden. Es reicht nicht aus, eine Reihe plakativer Forderungen für einzelne Politikfelder aufzustellen. Die FDP wird vielmehr in jedem einzelnen Politikfeld erklären müssen, warum liberale Ansätze die überzeugenderen Antworten liefern.

Das Kräftemessen des Parteivorsitzenden mit dem Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag der letzten Zeit verstärkte den Eindruck mangelnder Geschlossenheit der Partei- und Fraktionsspitze. Damit muss nun endlich Schluss sein. Die Jungen Liberalen unterstützen die Absicht von Guido Westerwelle, den Partei- und Fraktionsvorsitz zusammen zu führen. Er soll als Oppositionsführer die Liberalen bis zur nächsten Bundestagswahl anführen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Außendarstellung zur „One-Man-Show“ verkommen darf. Stärker als je zuvor sind die Stellvertreter in Partei und Fraktion und vor allem der Generalsekretär in der Pflicht. Ferner soll die FDP noch stärker als bisher ihre in den zurückliegenden Jahren gewachsene Rolle im Bundesrat nutzen, um der Regierungspolitik eine liberale Handschrift zu verleihen.


Ernsthafte und konsequente ThemenVerbreiterung

Bislang haben sich die Freien Demokraten hauptsächlich auf den Feldern der Wirtschafts-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik profiliert. Als führende Oppositionskraft ist das jedoch zu wenig. In der Schwerpunktsetzung soll das thematische Zugpferd der Wirtschaftspolitik durch die Felder Innere Sicherheit, Innovations- und Wissenschaftspolitik und Sozialpolitik ergänzt sowie engagiert in die Öffentlichkeit getragen werden. Im Bereich Wissenschaft und Forschung besteht die zentrale Aufgabe darin, die FDP als die einzige wirklich innovationsorientierte Partei in Deutschland zu präsentieren. Hier ergeben sich eindeutige Unterschiede gegenüber den politischen Wettbewerbern, insbesondere gegenüber den Grünen aber auch der Union. Gegenwärtig fehlt es der FDP an einer glaubwürdigen und kompetenten Persönlichkeit, die dieses Themenfeld in der Öffentlichkeit vertritt. Um die Relevanz dieses Themas vermitteln zu können, ist zunächst der Zusammenhang zwischen einer forschungs- und innovationsorientierten Standortpolitik und den Auswirkungen für die in Deutschland lebenden Menschen herauszuarbeiten.

Für den Bereich der Innen- und Rechtspolitik braucht die FDP ein zusätzliches und glaubwürdiges Gesicht. Dieses Themenfeld wurde von der FDP viele Jahre lang vernachlässigt. Auf dem Kölner Parteitag hat die Partei für diesen Bereich endlich eine angemessene und moderne programmatische Grundlage gelegt. In diesem Zusammenhang besteht die Chance, die FDP als ernsthafte Bürgerrechtspartei in Deutschland zu profilieren und damit auch verloren gegangenes Wählerpotential zurück zu gewinnen.

Auch das Thema Rentenpolitik darf von der FDP nicht vernachlässigt werden. Im Wahlkampf haben nahezu alle Parteien das Problem der leeren Rentenkassen und des demographischen Wandels nur am Rande behandelt oder ausgeklammert. Um der Verunsicherung der Menschen entgegen zu wirken, sind klare programmatische Forderungen und Konzepte notwendig. Dies sollte insbesondere die FDP beherzigen und neben der Einnahmeseite sollte auch die Ausgabenseite der Rentenversicherung kritisch von der FDP beleuchtet werden. Die entsprechenden Lösungen müssen dabei den Bürgern nahe gebracht werden und nicht als Randthema behandelt werden.


Erneuerung fortsetzen – neue innerparteiliche Debattenkultur

Die FDP braucht für die Umsetzung der hier beschriebenen Aufgaben einen starken Parteivorsitzenden, einen starken Generalsekretär und ein starkes Präsidium. Guido Westerwelle steht für eine moderne, tolerante und weltoffene Partei. Er hat die Modernisierung und Profilierung der FDP vor allem als Generalsekretär und später als Parteivorsitzender vorangetrieben. Guido Westerwelle besitzt unser Vertrauen. Unser Vertrauen verbinden wir mit der Erwartung, dass er die Partei noch stärker und klarer politisch positioniert. Aufgabe des Partei- und (Fraktions-)vorsitzenden ist es in erster Linie, die grundsätzlichen Leitlinien der Politik vorzugeben und in der Öffentlichkeit zu vertreten und das Konzert der unterschiedlichen thematisch profilierten Experten der FDP zu dirigieren und zu moderieren. Er wird jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn er sich in seiner Arbeit auf ein kompetentes Team stützen kann. Dieses Team stellen an erster Stelle die Mitglieder des FDP-Präsidiums dar. Das Team des Parteivorsitzenden kann nur dann effizient organisiert werden, wenn sämtliche politischen Themenfelder von ihm abgedeckt werden. Daher ist eine Spezialisierung und Profilierung einzelner Persönlichkeiten auf spezifischen Themenfeldern anzustreben. Zu dem skizzierten Team gehört insbesondere ein starker und eigenständiger Generalsekretär. Dirk Niebel ist dafür der richtige Mann. Aufgabe des Generalsekretärs ist es insbesondere, die Themen der Partei aufzugreifen, pointiert und zugespitzt in die Öffentlichkeit zu tragen sowie gemeinsam mit den Gliederungen der Partei in Kampagnen umzusetzen. Sein Ziel muss es sein, vor allem mit Blick auf die Bundestagswahl 2009, die Kampagnenfähigkeit der Bundespartei deutlich zu verbessern.

Seit 1998 hat sich die Partei bereits im programmatischen und personellen Bereich erneuert. Dieser Prozess ist jedoch keinesfalls abgeschlossen. Die Jungen Liberalen sehen Progressivität und Mut als Voraussetzung für das Führungspersonal der FDP. Wer auch immer diese Voraussetzung nicht erfüllt, kann nicht mit Schonung und noch viel weniger mit Unterstützung von Seiten der Jungen Liberalen rechnen. Ferner brauchen wir in der Partei eine neue innerparteiliche Debattenkultur. Entgegen aller Verlautbarungen hat auch die FDP in einigen Bereichen nach wie vor inhaltliche Defizite, bzw. muss ihre Programmatik den gesellschaftlichen Veränderungen und Gegebenheiten anpassen. Das darf nicht nur in Fachausschüssen und Kommissionen unter weitestgehendem Ausschluss der Parteimitglieder passieren. Hier müssen neue Weg gegangen werden, die die Partizipationsmöglichkeiten der Mitglieder aber auch interessierter Bürgerinnen und Bürger verbessern. Die Partei muss sich in ihren Strukturen daher öffnen. Auch müssen Debatten nicht nur in Vorbereitung eines Parteitags, sondern durchaus über einen längeren Zeitraum geführt werden.

Auch unser Programm lebt von der Weiterentwicklung. Die Jungen Liberalen wollen die kommenden vier Jahre daher nutzen, um die Programmatik der FDP zu unterfüttern und Antworten auf neue Fragen zu finden. So hat sich die FDP beispielsweise noch kaum intensiver mit dem Thema Globalisierung und deren Folgen für eine liberale Bürgergesellschaft oder auch dem Thema Soziale Gerechtigkeit beschäftigt.


Regierungswechsel 2009 – Mut für eine neue Politik

Ziel der liberalen Oppositionsarbeit ist die Vorbereitung auf eine Regierungsbeteiligung spätestens 2009. Die FDP ist dennoch keine Regierung im Wartestand – das muss allen Köpfen in der Führungsspitze bewusst sein. In der Opposition kann man sich nicht wie eine Regierungsfraktion aufführen. Wer den Kompromiss schon im Kopf hat, stellt nicht die Alleinstellungsmerkmale heraus und verwischt das Profil. Wir wollen keine Totalblockade der Regierung. Dort wo die anderen Parteien vernünftige Vorschläge machen, soll die FDP diese unterstützen. Die FDP wird nicht gewählt, wenn sie versuchen sollte, es jedem recht zu machen. Die FDP braucht liberale Politik pur. Spätestens 2009 wollen wir die FDP gestärkt zweistellig in der Regierung sehen. Dazu gehört Mut und keine falsche Verzagtheit. Die FDP muss ihre veränderte Oppositionsrolle couragiert annehmen und Vorreiter in der politischen Debatte in Deutschland sein. In den kommenden vier Jahren ist es Aufgabe der FDP, die Regierung vor sich herzutreiben und sich als die progressive Reformpartei im Deutschen Bundestag zu beweisen.

Eine besondere Herausforderung besteht ferner darin, die von der Union bei der zurückliegenden Bundestagswahl gewonnenen Wähler an die FDP zu binden. Das geht nur, wenn noch deutlicher klar gemacht wird, dass es eine reformorientierte und fortschrittliche Politik eben nur mit der FDP gibt. In der kommenden Legislaturperiode muss auch die Option einer künftigen Zusammenarbeit mit der SPD eröffnet werden. Dies gilt für den Bund als auch für die Länder. Von Fall zu Fall soll überprüft werden, mit welcher der beiden „Großparteien“ mehr liberale Politik zu verwirklichen ist. Koalitionsaussagen schließen die Jungen Liberalen nicht kategorisch aus, lehnen aber eine generelle Festlegung allein auf die Union strikt ab. Die FDP soll sich mittelfristig zu einer Partei fürs ganze Volk entwickeln. Die FDP überzeugt aufgrund ihres Programms und wendet sich grundsätzlich an alle liberal eingestellten Menschen. Die FDP darf keine falschen Rücksichtnahmen auf vermeintliche Klientel nehmen. Klientelpolitik ist immer Politik für Wenige zu Lasten vieler. Klientelpolitik ist nicht sozial und noch viel weniger liberal. Wer an Klientelpolitik festhält, der ist nicht geeignet die einzige liberale Partei in Deutschland führen zu können.

Liberale Politik ist immer auch Lebensgefühl. Wir müssen den Menschen zeigen, dass wir mit dem Herzen Politik machen und nicht mit dem Taschenrechner. Die FDP muss ihr Vision von Deutschland den Menschen vermitteln. Die FDP hat es aber bisher nicht ausreichend verstanden, dieses liberale Lebensgefühl anzusprechen. Daher fordern wir innovative und unkonventionelle Kampagnen. Verpackung und Inhalt gehören zusammen. Die besten Ideen, das beste Programm bewirken nichts, wenn sie nicht vermittelt werden können. Die FDP soll wieder mutiger in ihrer politischen Kampagnearbeit werden.


Rolle der Jungen Liberalen

Die Jungen Liberalen nehmen bei der Begleitung der FDP-Oppositionsarbeit eine wichtige und nicht zu unterschätzende Rolle ein. Anders als bei einer Regierungsbeteiligung ist es für uns leichter möglich, unsere inhaltlichen und personellen Vorstellungen klar zu machen und schließlich auch umzusetzen. Ziel der Jungen Liberalen muss es daher sein, die FDP in ihrer neuen Funktion als führende Oppositionspartei im Deutschen Bundestag kritisch und konstruktiv zu begleiten. Wir sind auch hier der Motor der Partei und Fraktion. Immer wenn das Führungspersonal in Versuchung gerät, die klare ordnungspolitische Linie der Liberalen verlassen zu wollen, müssen die Jungen Liberalen zur Stelle sein. Einen Zick-Zack-Kurs wird es mit uns nicht geben.

Unseren Einfluss werden wir aber nicht nur von außen, sondern auch innerhalb der Parteigremien und Bundestagsfraktion, in denen immer mehr Jungen Liberale vertreten sind, geltend machen. Aus diesem Grund ist auch eine stärkere Vernetzung aller jungliberalen Funktionsträger anzustreben. Nur gemeinsam können wir unser Ziel einer „neuen FDP“ verwirklichen.

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