15.11.2015

Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg stärken – Situation des Akademischen Mittelbaus verbessern

Wissenschaft und Bildung sollen in Deutschland die Grundlagen für zukünftiges Wirtschaftswachstum und Wohlstand schaffen. Doch trotz aller Beteuerungen und politischen Schönwetterreden von Bildungsrepublik und dem Wissenschaftsstandort Deutschland finden Nachwuchswissenschaftler an deutschen Universitäten und staatlichen Forschungseinrichtungen schlechte und im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähige Verhältnisse vor. Zu einer miserablen Bezahlung kommt eine stetige Unsicherheit durch häufig sehr kurz befristete Verträge, die – anders als in der freien Wirtschaft – nicht einmal einer Begründung bedürfen. Hinzu kommt eine steigende Belastung von jungen Wissenschaftlern mit administrativen Tätigkeiten und Lehraufgaben. Die Jungen Liberalen Baden-Württemberg fordern diese Missstände kurz- und mittelfristig zu beheben. Die von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer angestoßenen Reformen gehen in die richtige Richtung, greifen jedoch im Wesentlichen zu kurz.

Im Einzelnen fordern die Jungen Liberalen Baden-Württemberg:


Beschäftigungsbedingungen verbessern

Die Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an Baden-Württembergischen Universitäten soll wieder dahin entwickelt werden, dass sie eine attraktive Alternative zur Tätigkeit in der freien Wirtschaft und der Wissenschaft im Ausland darstellt. Deswegen:

Befristungen von Arbeitsverträgen sollen auch im Wissenschafts- und Hochschulbereich entsprechend den Regelungen des TzBfG grundsätzlich begründungsbedürftig sein. Wenn der Befristungsgrund eine Qualifizierungsmaßnahme (z. B. eine Promotion) ist, soll die Befristung nicht unter der üblichen Länge der Maßnahme und nicht unter drei Jahren liegen. Die in der aktuellen Änderung des WissZeitVG angestrebte Formulierung, eine Befristung solle „der angestrebten Qualifizierung angemessen“ sein, wird diesen Anforderungen nicht gerecht und lässt weiterhin zu viel Spielraum für Kurz- und Kettenbefristungen.

Der Stellenumfang für Qualifikationsstellen soll für Promovierende mindestens 65%, für Post-Docs 100% betragen. Die Ausstattung der Lehrstühle bzgl. der zugewiesenen Stellenanteile ist dementsprechend durch zusätzliche Landesmittel anzupassen. Auch für Wissenschaftler, die den Professorenstatus noch nicht erreicht haben, soll die Möglichkeit geschaffen werden, leitungsbezogene Zulagen zum Grundgehalt zu erhalten.

Eigene Forschungsarbeit tatsächlich ermöglichen Wissenschaftliche Angestellte der Universitäten müssen sich schwerpunktmäßig auf ihre Forschung konzentrieren müssen. Die Überbelastung mit sonstigen universitären Aufgaben muss zurückgefahren werden.

50% der eigenen Arbeitszeit müssen der eigenen Qualifizierung oder Forschung vorbehalten sein. Um diese Vorgabe verlässlich zu erfüllen, ist auch die Arbeitszeit des wissenschaftlichen Mittelbaus zukünftig zu erfassen und mit der Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag – der diese Vorgabe enthalten soll – abzugleichen.

Es ist anzustreben, dass der arbeitsrechtlich Vorgesetzte nur im begründungsbedürftigen Ausnahmefall gleichzeitig Betreuer oder Gutachter der Promotion ist. Die aktuell übliche Personalunion aus Vorgesetztem und Betreuer führt zu einem Großteil der momentan vorhandenen Probleme.

Wissenschaftler, die projektbasiert durch Drittmittel finanziert werden, sollen keine allgemeinen Verwaltungsaufgaben und Lehrstuhltätigkeiten übertragen werden dürfen.

Abschlussarbeiten sollen nach dem Landeshochschulgesetz (LHG) nur in Ausnahmefällen durch Doktoranden oder Post-Docs betreut werden. Die Universitätsleitungen müssen verstärkt darauf achten, dass diese Aufgabe künftig wieder auch tatsächlich von Professoren wahrgenommen wird.

Publikationen von Promovierenden und Post-Docs ohne Mitautorschaft eines Professors sind ausdrücklich zu fördern. Die (leider noch gängige) Praxis der „Ehrenautorschaft“ muss beseitigt werden.

Die leistungsbezogene Vergütung von Professoren soll sich zukünftig nicht mehr an der reinen Zahl von „durchgebrachten“ Promotionen orientieren dürfen. Vielmehr sind auch die abgebrochenen Promotionen und der Publikationserfolg der Doktoranden in die Kriterien mit aufzunehmen.


Interessenvertretung stärken

Eine einheitliche Interessenvertretung des wissenschaftlichen Mittelbaus findet bisher nicht statt. Vielmehr werden externe Doktoranden momentan als Promotionsstudenten von der Studierendenvertretung, interne Doktoranden und Post-Docs vor allem von den Personalräten vertreten. Wir fordern, dass insbesondere die Doktoranden als eigene Gruppe an den Universitäten anerkannt und gehört werden.

Die neu eingeführten Doktorandenkonvente sollen nicht nur auf ihre bislang beratende Funktion beschränkt bleiben, sondern in den entscheidenden Gremien vergleichbar mit den Studierendenvertretern Sitz und Stimme erhalten.

Es soll im Hinblick auf den Umgang von Professoren mit Promovierenden und Post-Docs ein Kontrollgremium eingeführt werden, das als neutraler Ansprechpartner und Vermittler bei Problemen zwischen Professor und Mitarbeitern agiert.


Den Weg in die Wissenschaft ebnen

Der Großteil der Nachwuchswissenschaftler hat in Deutschland keine Möglichkeit dauerhaft in der Wissenschaft zu verbleiben. Dass dies auch nicht wünschenswert – geschweige denn möglich – ist, erkennen wir an. Jedoch ist die Diskrepanz zwischen der Anzahl der Nachwuchswissenschaftler und den Stellen für eine dauerhafte wissenschaftliche Tätigkeit in Deutschland überdurchschnittlich hoch. Hier muss Abhilfe geschaffen werden.

Die Universitäten sollen Stellen, die schwerpunktmäßig für Lehrtätigkeiten vorgesehen sind zulasten von allgemeinen Doktorandenstellen ausbauen, um die „Überproduktion“ von Promovierten in Deutschland zu stoppen (in Deutschland überproportional viele Promovierende und nur sehr wenige Professuren) und gleichzeitig Wissenschaftler im Bereich der Lehre zu entlasten.

Ein Aufbau und Ausbau von Tenure-Track Stellen nach anglo-amerikanischem Vorbild ist dringend notwendig.

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